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Wir sind nur Menschen

Wir sind nur Menschen

Titel: Wir sind nur Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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aufgerichtet, der spitz zulaufende Hinterleib in die Erde gestemmt. Pechschwarz war der dicke Chitinpanzer des Rückens und ebenso schwarz die lange Behaarung. Kalt, feindlich, starr sah die Riesenspinne Peter Perthes an, ihre Doppelkiefer klappernd auf und zu schnappend.
    Einen Augenblick lang war Perthes vor Schreck und Ekel wie gelähmt. Er sah Cartogeno aus dem Busch brechen, hörte den zweiten Schuß und sah die Spinne zusammenzucken. Weit stießen die Kiefer vor, ihr zähes Leben konnte eine Kugel unter dem Panzer gut vertragen.
    »Zurück!« brüllte der kolumbianische Arzt wie von Sinnen und arbeitete an seiner Waffe, die eine Ladehemmung zu haben schien. »Retten Sie sich! Laufen Sie! Es ist eine ›Black Widow‹!«
    Die ›Schwarze Witwe‹, durchzuckte es Peter. Die sagenhafte, riesige Urwaldspinne, deren Biß giftig und unheilbar ist. Diese ekelhafte Bestie, von der Schauergeschichten um die ganze Welt gehen. Wie ein Wirbel durchraste es seinen Kopf: Schwarze Witwe, Latrodectus mactans, ein Mittelding zwischen Spinne und Krebs, Gegenmittel helfen nur sofort, sonst Tod oder lebenslange Lähmung. Er wollte zurückspringen und zu Cartogeno laufen, als die Spinne plötzlich vorschnellte, sich mit dem Hinterkörper abstieß und wie ein schwarzer, haariger Klumpen gegen den Arzt prallte. Laut schrie Dr. Cartogeno auf. Peter Perthes, von Ekel immer noch geschüttelt, spürte einen messerscharfen Schnitt an seinem Schenkel und hieb mit beiden Fäusten auf die glotzenden starren Augen. Die ›Schwarze Witwe‹ ließ sich zu Boden fallen, klapperte noch mit den Kiefern – da war Dr. Cartogeno schon heran und schoß sein ganzes Magazin leer. Schwarzes Blut rann in den Sand, dann sank die Spinne zusammen.
    Perthes wankte und hielt sich an Cartogeno fest. Vor seinen Augen flimmerte es, der Wald, der Fluß, das Ufer drehten sich wie in einem Karussell. Der Himmel schien auf ihn zuzukommen – jetzt fiel er hinab, erdrückte ihn … die Sonne wollte ihn verbrennen … das Bein … das Bein versengte sie schon … er schlug um sich, schrie, mit irren Augen glaubte er immer noch, das Firmament stürze ein – dann sank Perthes in den Sand und verlor augenblicklich das Bewußtsein.
    Dr. Cartogeno riß ihm die Kleider vom Leib. Aus dem linken Oberschenkel sah er aus einer kleinen Bißwunde Blut quellen. Es gerann in der Luft sofort. Gift! Ohne zu zögern riß Cartogeno sein Messer aus der Tasche und schnitt tief in das strömende Blut. Fast eine halbe Stunde lang ließ er die Wunde bluten, verhinderte alle Gerinnung, indem er weiter schnitt, setzte dann ein Tampon ein und trug den Ohnmächtigen zu dem Rindenboot. Mit aller Kraft schleppte er es allein ins Wasser, legte den Bewußtlosen hinein und stieß dann in den Fluß hinaus. In rasender Fahrt ging es den Fluß abwärts, dem Lagerplatz entgegen. Dr. Cartogeno ruderte wie ein Irrer. Er bemerkte, wie das Gesicht seines Kameraden gelber wurde. Das Gift! schrie es in ihm. Es kommt in die Blutbahn, trotz allen Ausblutens … es geht weiter! Schneller – schneller! Warum ist solch ein Boot kein Pfeil? Cartogeno beugte sich vor, er lag fast über dem Bewußtlosen. Du darfst hier nicht sterben, schrie es in dem Kolumbianer. Nein, denn du bist mir zu einem Freund geworden, zu dem einzigen wirklichen Freund, den ich je hatte. Nie habe ich es dir gesagt, immer haben wir nebeneinanderher gelebt wie zwei Fremde. Aber in der Gefahr, da wurden wir zu Brüdern! Nein, viel mehr waren wir … waren Kameraden! Und jetzt sollst du sterben? So einfach sterben, weil dich so ein Biest gebissen hat? Das ist Feigheit, Peter, wenn du mich allein im Urwald zurückläßt! Das werde ich dir nie verzeihen …
    Das Boot schoß den Fluß hinab. Dr. Cartogeno hatte Peters Kopf in seinen Schoß gelegt. Tränen standen ihm in den Augen. Seine Lippen zwischen dem struppigen, ungepflegten Bart zuckten. So kamen sie am Lagerplatz an. Ein Weinender und ein Sterbender …
    Die Taràpas umstanden stumm das Kanu, als Peter herausgetragen wurde. Nur einer stand an der Baumtrommel und ließ sie durch den Wald dröhnen, und von fern antwortete eine andere Trommel und gab die Meldung durch den weiten Urwald weiter: Der weiße Zauberer ist krank. Er liegt im Sterben. Die ›Schwarze Witwe‹ hat ihn angefallen.
    Der Unterhäuptling, der die Expedition führen sollte, schickte seine Krieger in die Sümpfe. Sie kamen mit Blättern und Wurzeln zurück, aus denen sie einen Brei kochten, den sie Perthes auf den Biß

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