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Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben

Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben

Titel: Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Schaefer
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Teilnehmern, die ohne Umschweife und mit offenkundigem Vergnügen eine Wunschliste parat hatten. Der Grund für die Zurückhaltung der Alten ist die Angst, Neuanschaffungen könnten alte Sachen verdrängen, vermutet McCracken. Die Vorstellung, Auto, Haus oder Garderobe neu zu kaufen, verwarfen sie jedenfalls mit der Feststellung, sie seien eigentlich recht zufrieden mit ihren Besitztümern und würden an ihnen hängen.
    Jüngeren Menschen mag diese Treue befremdlich und übertrieben erscheinen. Doch aus Sicht älterer Menschen macht sie durchaus Sinn. Simone de Beauvoir beschrieb materielle Objekte als unerlässliches Medium für Sicherheit und Wohlbefinden im Alter, denn dank seiner Besitztümer versichere sich der alte Mensch seiner Identität gegenüber jenen, die ihn nur als ein Objekt sehen. Dinge als Bollwerk gegenüber einer feindseligen Umwelt, das ist eine (vielleicht zu) extreme Position. Aber auch Psychologen und Altersforscher betonen die wichtige Rolle, die Besitztümer im letzten Akt des Lebens spielen und die vielleicht nur mit der Bedeutung in der frühen Kindheit zu vergleichen ist.
    Nach Erikson besteht die zentrale Aufgabe des Seniorenalters darin, das Leben Revue passieren zu lassen, sich an Gewesenes zu erinnern und es anzunehmen. Habe ich mein Leben sinnvoll gelebt? Was habe ich erreicht? Welche Menschen haben mich begleitet? Wie bin ich mit Fehlern und Schicksalsschlägen umgegangen? Wie sieht mein Vermächtnis aus? Es geht darum, sich einen Reim auf das eigene Leben zu machen, die Jahre in einen Kontext zu stellen, konstruktive Antworten auf die Sinnfrage zu finden. Erikson nennt dies »Integration des Selbst.« Wem sie gelingt, der kann auch die schwierigste Aufgabe des Alters meistern: die eigene Sterblichkeit akzeptieren.
    Der Wert des Erinnerns wird von vielen Altersforschern betont. Der amerikanische Psychiater und Gerontologe Robert Butler entwickelte das Konzept des Lebensrückblicks ( life review ). Darunter ist ein mentaler Prozess zu verstehen, bei dem frühere Erfahrungen immer mehr ins Bewusstsein rücken und auch ungelöste Konflikte wieder aufflammen können. Die Tendenz alter Menschen, ständig Erinnerungen wach zu rufen, werde zu Unrecht als Leben in der Vergangenheit, als zweite Kindheit, Senilität, Einsamkeit oder Klammern an früheren Identitäten abgetan, betont Butler: »Es gilt als langweilig, zeitaufwendig und bedeutungslos.« In Wirklichkeit aber hätte die Vorliebe für Rückschauen eine regelrecht therapeutische Funktion. Indem der alte Mensch über sein Leben reflektiert, könne das, was ihn beunruhigt oder verfolgt, gelöst und neu geordnet werden.
    In der Tat machen sich Psychotherapeuten die positive Wirkung des Lebensrückblicks zu Nutze. Bei der life review therapy versucht der Therapeut, gezielt Erinnerungen in seinen Klienten zu wecken. Dies kann durch autobiografisches Schreiben, die Konstruktion eines Stammbaumes oder die Beschäftigung mit der Familiengeschichte geschehen. Eine besonders verbreitete Methode greift auf Gegenstände zurück. Der Therapeut bittet den Patienten, Fotoalben, alte Briefe, Souvenirs oder sonstige Erinnerungsstücke mitzubringen. Solche Gegenstände, sagen Psychologen, stellten nicht nur eine sprudelnde Quelle von Informationen dar, alte Menschen würden diese Herangehensweise auch meist als besonders angenehm und leicht durchführbar empfinden. »Selbst Personen mit leichten Hirnschäden«, betont Butler, »können sich mit Hilfe von Fotos und Memorabilien an viele Details erinnern.«
    Die Vergangenheit in die Gegenwart holen
    Man muss allerdings keine Psychotherapie machen, um Besitztümer als aufbauende und sinnstiftende Erinnerungsstütze zu nutzen. Die Anthropologin Dena Shenk, Direktorin des Programms für Altersforschung an der Universität von North Carolina in Charlotte, veröffentlichte 2004 eine Untersuchung, die dies eindrucksvoll dokumentiert. Die Professorin besuchte verwitwete Frauen zwischen 64 und 80 Jahren und führte mit ihnen mehrstündige Tiefeninterviews. Die Teilnehmerinnen sprachen über ihre Familien, ihre Ehen, den Tod ihrer Männer; sie berichteten, wie ihr Leben als Witwe verläuft, wie ein typischer Tag aussieht, mit wem sie Zeit verbringen und was ihre Lieblingsbeschäftigungen sind. Vor allem aber zeigten sie der Forscherin ihre Heime, in denen sie nach dem Tod ihrer Männer geblieben waren. Sie erzählten, woher bestimmte Möbelstücke stammten, an welchen Fotos sie hingen oder warum manche Souvenirs

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