Wo Dein Herz Zu Hause Ist
«Bouquet» langsam wirklich nicht mehr hören. Zuerst hatte er gefunden, dass dieser Begriff etwas Professionelles hatte, aber nach vier Gläsern Wein und vierundzwanzig Bouquets später war seine Grenze eindeutig überschritten.
«Kellner, der Barolo. Mmmm … ich schmecke Tabak, Vanille, Schokolade und …»
«… ein Wacholder-Bouquet.»
Der Mann mit der Riesennase lächelte, und Aidan rang sich ein Grinsen ab.
Erstens bin ich kein Kellner, und zweitens kannst du auch das Rückenetikett auf der Flasche durchlesen, du Kartoffelnase!
Kartoffelnase rief Aidan an diesem Abend noch oft zu sich, einfach, damit er jemanden hatte, der sich seine Weisheiten anhörte, da Aidan ihn im Gegensatz zu denanderen Gästen nicht ignorieren konnte. «Also junger Mann, der Bardolino – ich würde sagen, er ist leicht und fruchtig, mit einem zarten Kirscharoma und …»
«… einem würzigen Bouquet.» Aidan lächelte dieses Lächeln, an dem seine Freunde erkannten, dass gleich etwas Schreckliches passieren würde.
«Ganz recht.» Der Mann, der Aidan nicht kannte, gab das Lächeln zurück.
Mach dir keine Hoffnungen, du alte Tunte
. Aidan hatte langsam wirklich genug. Er wollte von dieser spießigen Weinprobe weg, und er hatte keine Lust mehr darauf, George mit diesen Frauen flirten zu sehen.
Du bist schwul, okay. Du bist schwul!
Er wollte ein Bier trinken und Kelly Clarkson hören, nicht diese Tattergreismusik von Ray Le-Montagne und der bescheuerten Peggy Lee.
«Welcher Blödmann hat eigentlich Peggy Lee aufgelegt?», fragte er Sue.
Sie zuckte mit den Schultern.
«Also, du schnappst dir jetzt deinen Mantel. Wir gehen.»
«Ich bin doch gerade erst gekommen.»
«Ja, aber vielleicht kommen Andrew und Beth auch noch.»
«Keith, trink aus.»
Sie waren aus der Tür, bevor der Wein im Magen des Bauunternehmers angekommen sein konnte.
Als George einen Moment Zeit hatte, erklärte ihm Harri, warum Aidan und Sue gegangen waren.
«Gott sei Dank! Wenn er noch einmal das Wort
Bouquet
gesagt hätte, dann hätte ich ihn umgebracht.»
Andrew und Beth kamen übrigens nicht vorbei.
Duncan und Gloria, die den Abend sehr genossen hatten,gingen zusammen mit Melissa und Gerry. Um kurz nach elf Uhr verließen die letzten Gäste und Kritiker mit einem Lächeln auf den Lippen Georges Laden.
«Nicht schlecht», sagte er nickend, «wirklich nicht schlecht.»
Harri stimmte ihm zu. «Es ist sehr gut gelaufen.»
«Los, trink ein Glas Wein mit mir», bat er. «Ich brauche ein Gegenmittel gegen den ganzen Kaffee.»
«Ich fahre noch.»
«Ein Glas.»
«Ein halbes.»
«Na gut», sagte er und ging mit ihr nach unten.
Die beinahe heruntergebrannte Kerze auf dem Tisch flackerte, als sich Harri und George einander gegenüber hinsetzten und miteinander anstießen.
«Ich finde Paul Weller einfach toll», sagte George.
«Wer zum Teufel ist Paul Weller? Weiß Aidan davon? Ist er deshalb so sauer?», fragte Harri und verschüttete vor Aufregung ein bisschen Wein.
George lachte über seine Schwester, die keine Ahnung von Popgeschichte hatte. «Das ist der Typ, der auf der CD singt, die grade läuft.»
«Oh», sagte sie mit einem kleinen Lachen.
Du hättest mir genauso gut erzählen können, da singt Paul Gascoigne.
«Ich hatte auch James eingeladen», sagte George.
Harri hätte sich beinahe verschluckt. «Das hast du nicht getan.»
«Ich habe wirklich gehofft, er kommt. Ich weiß, dass er dir fehlt.»
«Das ist die Untertreibung des Jahrhunderts», sagte sie und grinste kläglich. «Wie heißt es? Man schätzt die guten Dinge des Lebens erst, wenn man sie verloren hat?»
George drückte ihre Hand, und sie lächelte. «Ich vermisse sogar seine blödsinnigen ‹Wer-ist-da?›-Witze.»
«Nein! Ich war so froh, dass ich das vergessen hatte.» George lachte. «Klopf, klopf.»
«George, hör auf.»
Doch George blieb beharrlich: «Klopf, klopf.»
Harri gab nach: «Wer ist da?»
«Willste.»
«Willste wer?»
«Willste gar nicht wissen!»
Er schüttete sich aus vor Lachen, und Harri musste mitlachen. Dann sagte George: «Er kommt zurück, Harri. Vielleicht nicht heute Abend, aber er kommt bestimmt zurück.»
«Das ist nichts weiter als ein schöner Traum», erwiderte Harri. «Und was ist mit dir und Aidan? Warum ist er so schlecht gelaunt?»
«Es ist schwer.»
«Ich weiß.»
«Wir sind so verschieden.»
«Ich weiß.»
«Er bedeutet mir viel.»
«Ich weiß.»
«Hör auf, immer
Ich weiß
zu sagen.»
«Na gut.» Sie
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