Wo der Elch begraben liegt
Platz bekommen?«
» Ich hab den allerschlechtesten Platz bekommen und werde das ganze Frühjahr beim Smålandsbladet sitzen und dort verfaulen.«
» Smålandsbladet? In Eksjö?«
» Nicht mal in Eksjö. Außerhalb.«
» Ah. Aber du bist ja noch so jung. Ein halbes Jahr vergeht schnell.«
» Superschnell«, sagte Frida müde.
» Aber vielleicht ist das gar nicht so dumm. Dann könntest du doch an den Wochenenden das Sommerhaus instand setzen. Ist bestimmt sieben oder acht Jahre her, dass da jemand war.«
» Danke. Genau das, was ich hören wollte. Ich muss jetzt duschen. Bis bald.«
» Ruf mich doch morgen an. Du meldest dich ja nie!«, hörte Frida Mona noch sagen, als sie das Gespräch wegdrückte. Sie stand hastig auf, wobei der Stapel Post, den sie auf dem Schoß liegen hatte, zu Boden fiel: eine Werbebroschüre, eine Immobilienzeitung und eine Postkarte aus Mallorca, die einen Esel mit einem lustigen Hut zeigte.
» Liebe Frida! Wie schnell die Zeit vergeht. Jetzt wohnen wir schon ein halbes Jahr hier. Die Renovierung läuft gut, aber langsam. Wir haben nur zwei Räume, in denen wir wohnen können, daher kann ich dich leider nicht über Weihnachten einladen. Aber es wird toll, wenn erst mal alles fertig ist. Ina und Mimmi wachsen wie die Pilze. Ich hab endlich mein neues Kochbuch angefangen. Glaube, es wird Sonnengerichte heißen. Was sagt die Journalistin unserer Sippe dazu? Rufe Weihnachten an. Umarmung von Papa. PS: Grüße von Ninne.« Fridas Magen verkrampfte sich, und sie spürte die Tränen aufsteigen. Unterdrück sie, dachte Frida, unterdrück sie einfach.
Frida toupierte ihr frisch gewaschenes, halblanges blondes Haar. Mit einem Glätteisen bearbeitete sie ihren Pony und fixierte die Spitzen mit Silikontropfen. Dann bedachte sie ihre Augenpartie mit einer hellbeigen Schattierung und gab reichlich dunkelbraune Farbe auf die Lider. Den oberen Rand markierte sie deutlich mit einem schwarzen Eyeliner und zeichnete den unteren Augenrand mit einem feineren, weicheren Strich nach. Dann eine doppelte Lage Mascara, viel Puder und reichlich Rouge. Sie schlüpfte in einen schwarz-weiß karierten Rock, zog schwarze, glänzende Leggings über, ein einfaches, ausgeschnittenes Top und eine silberfarbene, taillierte Jeansjacke. Die Ringe, die sie immer in den Ohren trug, nahm sie ab. Sorgfältig schminkte sie ihre Lippen dunkelrot und versuchte ein Lächeln im Spiegel. Es sah nicht echt aus. Die Verteilung der Praktikumsplätze schwirrte in ihrem Kopf herum. Es musste doch jemanden geben, der den Platz mit ihr tauschen würde… Sie konnte ja während des Abends herumfragen. Frida versuchte, ein verlockendes Angebot zu formulieren: » Du wirst jede Menge lernen und kannst auf eigene Initiative arbeiten. Du kommst aus der Großstadt und kannst dich wirklich auf die grundlegende Journalistik fokussieren…« Sie hörte selbst, wie hohl und falsch das klang. Wer würde sich darauf einlassen? Niemand. Sie dachte an Cillas Ausspruch » Iss Shit mit gutem Appetit«. Hatte das hier mit dem Erwachsenwerden zu tun? Dass man sich zwang, Dinge zu tun, die man nicht wollte? Aber wieso hatte es nicht auch die anderen getroffen? Sie fluchte laut in den Spiegel, als das Handy piepte. Es war Cilla: » Der Glühwein steht auf der Platte. Hör auf dich zu ärgern und komm her!« Frida warf ihr Schminkset in die Handtasche, zog die hohen Stiefel und den taillierten Wollmantel an, legte den roten Schal um und zog die mit Leopardenmuster gesäumten Handschuhe über. Sie öffnete den Unterschrank, wo der Mülleimer stand, knotete die stinkende Tüte zusammen, schaltete die Flurlampe aus und verschloss die Tür. Als sie die Mülltüte unten im Müllcontainer aufschlagen hörte, kam ihr wieder Cillas Spruch in den Sinn: Iss Shit mit gutem Appetit. Schnell lief sie zur Straßenbahn.
Cilla wohnte ganz oben in der Viktoriagatan 33. Es war ein schönes Jugendstilhaus ohne Aufzug, mitten in Vasastan. Die Wohnung war zwar klein, nur 28 Quadratmeter, hatte aber einen fantastischen Balkon mit Aussicht auf den Gemüsemarkt, einen funktionierenden Kachelofen, hohe Decken und schöne Stuckverzierungen. Cilla hatte die Wohnung von ihren Eltern bekommen. Ihr Vater, Klas, war pensionierter Direktor und Besitzer einer großen Spedition, Mama Anita hatte in ihrer Jugend als Mannequin gearbeitet, die letzten dreißig Jahre aber ihrem Heim und unzähligen Wohltätigkeitsveranstaltungen gewidmet. Cillas große Schwester arbeitete seit mehreren Jahren
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