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Wo der Elch begraben liegt

Wo der Elch begraben liegt

Titel: Wo der Elch begraben liegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carin Hjulstroem
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der kleinen Tüte vom Kiosk. Sie fing mit dem Aftonbladet an, das in einer Überschrift von krebserregenden Stoffen in Nüssen berichtete. Die typische Flaute zwischen den Jahren, dachte Frida. Diese Nachricht konnte man jedes Jahr aufs Neue lesen. Außerdem betraf es gar nicht Nüsse im Allgemeinen, sondern hauptsächlich Paranüsse, und die gehörten nun mal nicht zur täglichen Kost der Schweden. Sie blätterte die Titelseite und die Seite mit den Leserbriefen um und überflog nur kurz den künstlich aufgebauschten Nuss-Artikel auf der Seite danach. Sie blätterte erneut um und stieß auf eine schreiend aufgemachte Rubrik mit wohlbekanntem Thema: » Kommunalpolitiker filmte heimlich auf Personalsexfeier, vor Gericht freigesprochen.« Das Bild zeigte einen Mann und eine Frau, die eng umschlungen tanzten. Der Mann hatte der Frau eine Hand unter den Rock geschoben, und im Hintergrund konnte man die Konturen eines weiteren Mannes mit einer Videokamera ausmachen. In kleiner Schrift unter dem Foto stand, dass es sich um ein gestelltes Bild handelte. Der Artikel wurde von kleinen Zitaten aufgelockert, die da lauteten: » Halmstad, Ort der Sünde« und » Wo ist die Grenze zu purem Porno?« Erst am Ende des Textes kam man zum Kern des Artikels– wie sollte man mit einer mangelhaften Gesetzgebung umgehen, die es erlaubte, in geschlossenen Räumen eine Gesellschaft zu filmen, ohne dass die gefilmten Personen ihr Einverständnis dazu gegeben hatten? Nichts im Text bekräftigte wirklich, dass es offen sexuelle Aspekte bei diesem Film gab. Doch genau so wurde es aufgefasst. Wie man anhand des vorliegenden Recherchematerials sehen konnte, hatte der Mann seine Hand unter den Rock der Frau geschoben. Da auf einem Personalfest gefilmt worden war, wo sich die Menschen nun mal betranken, und die Gefilmten nicht wollten, dass der Film der Allgemeinheit zugänglich gemacht wurde, musste die kleine Fummelei doch fast zwangsläufig zu noch weitaus spektakuläreren sexuellen Aktivitäten geführt haben. Mit dieser Vermutung hatte Peter ordentlich gespielt, und die Zeitung hatte natürlich keinerlei Interesse, diesen an den Haaren herbeigezogenen Ansatz abzuschwächen.
    Peter war sogar gelungen, eine Verfasserzeile unterzubringen. Es war äußerst ungewöhnlich, dass ein ganz neuer Reporter, noch dazu ein Praktikant, seinen Namen und sein Foto unter einen Artikel setzen konnte. Normalerweise war dies den bekannten Namen der Zeitung vorbehalten und zeugte deutlich von Prestige. Vielleicht war es nur deshalb gemacht worden, weil er so gut aussah. Peter musste ein Foto mitgeschickt haben, als er den Artikel verkauft hatte, und danach angerufen und gequengelt haben. Welch ein Start für seine Karriere…
    Draußen vor dem Fenster glitten die Jonsered-Fabriken vorbei. Der Zug schlängelte sich weiter, passierte eine Eisenbahnbrücke und schlich dann dicht am Aspensee entlang. Am Uferstreifen lagen noch immer Eis und Schneematsch, doch die Seemitte war frei, dunkel und kalt. Ihr Handy meldete sich. Eine Nachricht von Papa: » Schönes Neues Jahr. Hoffe, die Blumenpresse gefällt dir. Dachte, das wäre was für dich. Als Kind hattest du einen grünen Daumen. Hast du den immer noch? Versuch’s mal im Frühling. Pass auf dich auf. Kuss, Papa.«
    Der Zug fuhr durch Alingsås und Vårgårda. Verlassene Felder und Landstraßen. Eternithäuser viel zu dicht an den Gleisen, Backsteinhäuser in Reih und Glied, dichter Fichtenwald, feuchte Wiesen und kahle Laubbäume. Schweden sah manchmal wirklich furchtbar einsam aus. Im Fenster wurde die Ciderfabrik in Herrljunga erkennbar. Der Zug verlangsamte seine Fahrt, um danach am Bahnsteig stehen zu bleiben. Eine Reisegruppe ausländischer Herkunft erhob sich von den Bänken im Wartehäuschen und eilte zu den Waggons. Sie kamen genau an Fridas Fenster vorbei. Sie fragte sich, wie sie wohl untereinander verwandt waren. Zwei kleine kräftige Männer um die fünfzig, einer mit großem Schnurrbart und blauer Steppjacke, der andere in schwarzem Parka, kümmerten sich um die zahlreichen Taschen. Zwei jüngere Männer in den Zwanzigern halfen einer kräftigen, etwas älteren Frau in dunkelgrünem Mantel und Wollschal, an Bord des Zuges zu gelangen. Ein mageres Teenagermädel schob einen leeren Kinderwagen. Ein kleines Mädchen, vielleicht neun, hatte einen Säugling auf dem Arm. Die Innentür zum Waggon öffnete sich, und die älteren Männer begannen, die Taschen auf die Gepäckfächer zu stapeln. Der Zug war

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