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Wo der Tod begraben liegt (German Edition)

Wo der Tod begraben liegt (German Edition)

Titel: Wo der Tod begraben liegt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Gohlke
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ihrem Wiedersehen war Ilona mit leicht ausgestreckten Zeigefinger Manfred entgegengekommen, ein Körperbewegung, die sie so oder in ähnlicher Form seitdem öfter wiederholt hatte; immer, wenn Ilona ihre Sympathie gegenüber Manfred intensiver spürte, zog sie ihre Hand hervor, um Manfred kurz zu berühren. Meistens handelte es sich dabei lediglich um eine Art Anpicken.
    Und so geschah es auch jetzt, als sie Manfred dieses Kompliment mit der liebenswürdigen Eigenwilligkeit machte. Sie berührte seine Hand, dabei schob sie ihren kleinen Finger unter den seinigen. Dort war sich Ilonas kleiner Finger aber augenblicklich überhaupt nicht mehr sicher, wann er wieder seinen Rückweg anzutreten gedenkt. Denn sofort spürte er einen Druck von Manfreds Finger, ein Unterfangen, das darauf zurückzuführen war, dass Manfred zweifelsohne die Berührung zeitlich ausgedehnt sehen wollte. Mehrere Momente vergingen, in denen sich der Druck mal des einen, mal des anderen Fingers vergrößerte und wieder verringerte. Als dann die Unsicherheit, wohin der Weg denn nun gehen soll, eine baldige Trennung der Glieder nicht ausschließen konnte, kam es kurzerhand zu dem einstimmig gefassten Beschluss, die beiden kleinen Finger zusammen bleiben zu lassen. Die Entscheidung beinhaltete auch, weiteren Annäherungen offen gegenüberzustehen, eine Option, die sogleich, diesmal ganz ohne Umschweife, wahrgenommen wurde und zur Hinzuziehung der anderen acht Finger in eine Umarmung der beiden Hände führte, die von Sekunde zu Sekunde entschlossener wurde. Ilonas und Manfreds Hand hielten sich, daran konnte es alsbald keinerlei Zweifel mehr geben, aneinander fest.
    Das Glück über diese gegenseitige Bestätigung von Zuneigung war den Gesichtern so sehr anzusehen, dass Manfred und Ilona es betreten gemacht hätte, sich jetzt in die Augen zu schauen. So blieb ihr Blick eine ganze Zeit ruhend auf den Tisch gerichtet, wobei sie es vollkommen ausschlossen, dass der andere die Hand alsbald wieder loslassen könnte. Unmöglich, das zu schaffen, wussten sie. Und sie schienen zu ahnen, dass der heftige Druck, mit dem sich die beiden Hände umfassten, die unbestechliche Aufforderung beinhaltete, sich bitte schön nicht gegen weitere Bedürfnisse, dem Gefühl Ausdruck zu verleihen, zu wehren. Zumindest nicht heute. Bitte nicht.
    Und somit war einiges geklärt und neue Umständlichkeiten wurden vermieden, als in der Tat entsprechende Neigungen auf sich aufmerksam machten. Und zwar bei Ilona und Manfred gleichermaßen und das so gut wie zeitgleich. Ihr Blick wandte sich vom Tisch weg und wie von selbst aufeinander zu, aber bevor sich die Augen hätten treffen können, waren diese bereits geschlossen und befragten das Nirwana, als Ilona und Manfred sich küssten.
    Und da Manfred es gewohnt war, eigentlich immer, selbst im Loslassen, an etwas zu denken, so meldete sich nun bei ihm die Erinnerung an das Küssen mit Ilona in der Jugendzeit. Irgendetwas war jetzt anders. Man soll Küssen nicht miteinander vergleichen, wirklich nicht, ließ Manfred bei allem Genuss sich jetzt denken. Aber man kann ja aus einer vergleichenden Analyse sehr wohl zu einer hilfreichen Schlussfolgerung kommen wollen.
    Das Knutschen mit Ilona war, damals in der Jugendzeit, immer sehr innig. Die Zungen schlugen sich nie hart, nie in einem wilden, somit nie in einem, wie sie es damals empfunden hätten, eigentlich leblosen Schlagabtausch – sie schwangen zurückhaltend, dabei immer eine Spur unberechenbar, und das Harmonische bestand genau in dem tiefen Vertrauen, mit dem Ilona und Manfred ihren Zungen freies Spiel ließen. Auch jetzt küssten sie sich auf genau diese Art. Aber trotzdem war eben auch etwas anders als damals. Ihre Münder hatten sich heute Zeit gelassen sich zu öffnen; erst hatten sie sich, ganz berührt, einfach ein bisschen zusammen aufgehalten. Die Zungen, im Hintergrund wartend, erwiesen sich dabei überhaupt nicht als ungeduldig; darauf, dass man sie übergehen könnte, kamen sie gar nicht – vor unserem Spiel haben die Lippen halt auch was miteinander zu tun, dachten sie. Und so begrüßten sich die Zungen dann mit einem herzlichen Dankeschön an die Lippen, als ihnen der Weg schließlich freigegeben wurde.
    Eine Freiheit, welche die beiden Zungen nun eben gern in Erinnerung an das Knutschen vor über zwanzig Jahren gestalteten, also verhalten und ganz ruhig. Aber auch hierbei deutete sich mit der Zeit eine Änderung gegenüber dem Küssen von damals an. Man konnte

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