Wo die Hoffnung blüht - [Roman]: Wo die Hoffnung blueht
kluge oder schneidende Erwiderung eingefallen war. »Ich freue mich, dich zu sehen«, hatte sie stattdessen nur gesagt, »schließlich ist Weihnachten.«
»Ich freue mich keineswegs, dich betrunken zu sehen«, entgegnete er und fügte mit einem abschätzigen Blick hinzu: »Seit deiner Hochzeit mit Dan ist es mit dir ja offensichtlich sehr bergab gegangen.«
Robin hatte schon immer eine gewisse Neigung zu Selbstgefälligkeit und Dünkel gehabt. Wenn Fifi nüchtern gewesen wäre, hätte sie seine Anschuldigungen geschickt pariert. Aber Robin drehte sich auf dem Absatz um und verließ den Pub, ohne auch nur ein einziges Glas getrunken zu haben. Fifi kehrte zu Dan zurück und bestellte noch einen Cidre.
Sie erzählte Dan nicht, was vorgefallen war, aber ihre gute Laune hatte sich in Luft aufgelöst, und sie trank schnell und schweigend ihren Drink, ohne auch nur mit Dan zu sprechen.
Später erinnerte sie sich vage daran, dass Dan sie bei ihrer Heimkehr über die Schulter gelegt und die Treppe hinaufgetragen hatte, und als Nächstes hatte sie mit dem Kopf über der Toilette im Badezimmer gekniet, sich übergeben und ihn weggeschickt.
Als sie, erheblich nüchterner, aus dem Bad kam, schlief Dan bereits tief und fest, aber sie war hellwach, und ihr war überdeutlich bewusst, dass dies der erste Weihnachtstag war und dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben später nicht mit ihrer Familie am Mittagstisch sitzen würde.
Dan und sie hatten einen Baum gekauft und überall Weihnachtsschmuck angebracht, und bis zu diesem Moment hatte sie gedacht, die Wohnung sähe aus wie eine verzauberte Grotte. Aber während sie, in ihren Morgenrock gehüllt, auf dem Sofa hockte und über Robins Bemerkungen früher am Abend nachdachte, erschienen ihr die blinkenden Lichter, das Lametta und die Papiergirlanden im Vergleich zu dem eleganten Weihnachtsschmuck ihrer Eltern grell und übertrieben. Sie hatte auch nur eine Hand voll Weihnachtskarten von den anderen Mädchen aus der Kanzlei bekommen, und plötzlich wurde ihr bewusst, was sie verloren hatte.
Das Weihnachtsfest daheim war stets so fröhlich und lebhaft gewesen. Selbst als sie alle zu alt gewesen waren, um Weihnachtsstrümpfe zu bekommen, hatten sie sich am ersten Weihnachtstag in aller Herrgottsfrühe in das Zimmer ihrer Eltern gedrängt und darauf bestanden, die Geschenke auszupacken. Am Vormittag kamen Nachbarn auf einen Drink vorbei, und in der Musiktruhe spielte eine Schallplatte mit Weihnachtsliedern. Manchmal kamen ihre Tanten mütterlicherseits, Rose und Lily, mit ihren Männern und Kindern aus Somerset angereist, in anderen Jahren besuchte sie Onkel Ernest, der Bruder ihres Vaters, zusammen mit seiner Frau und den beiden Jungen, die etwa im gleichen Alter waren wie Robin und Peter. Nach einem üppigen Abendessen spielten sie dann Gesellschaftsspiele, Scharade, Monopoly oder Ludo.
In diesem Jahr würden nur sie und Dan feiern, ohne Weihnachtslieder, ohne Spiele. Bisher hatte sie angenommen, froh darüber zu sein, mit Dan allein zu sein, da Familienfeste ohnehin langweilig seien, doch mit einem Mal erschienen ihr all diese Dinge so kostbar. Sie begann zu weinen, weil sie sich verloren und einsam fühlte. Wenn Robin gegen sie war, war Peter wahrscheinlich auch gegen sie, ihr Vater stand immer auf der Seite ihrer Mutter, und damit blieb nur Patty übrig. Ihre Familie war auf eine einzige Person zusammengeschrumpft, die sie über die Feiertage nicht einmal würde besuchen können.
»Möchtest du ein Aspirin?«, fragte Dan besorgt.
Fifi zwang sich zu einem Lächeln. »Nein, mir geht es gut«, sagte sie. »Es tut mir leid, dass ich gestern Abend so angesäuselt war, und frohe Weihnachten.«
»Der Weihnachtsmann war hier«, erklärte Dan und zog einen ausgebeulten Strumpf unter dem Bett hervor. Es war einer von den weißen Netzstrümpfen, deren Säume mit rotem Krepppapier besetzt waren. Solche Strümpfe hatte Fifi als Kind oft geschenkt bekommen, mit einem Teddybären mit einer roten Wollmütze, der über den Rand lugte.
»Oh Dan«, rief sie, da ihr sofort klar war, dass er dies schon vor Wochen geplant haben musste. »Ich habe gar keinen Strumpf für dich.«
»Das hatte ich auch nicht erwartet«, entgegnete er, setzte sich neben sie auf das Bett und schenkte ihr Tee ein. »Du bist alles, was ich mir zu Weihnachten wünsche.«
»Ich habe durchaus Geschenke für dich«, erwiderte sie. »Nur keinen Strumpf. Eigentlich wollte ich vor dir aufstehen und sie alle unter den Baum
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