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Wo die Liebe beginnt

Wo die Liebe beginnt

Titel: Wo die Liebe beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Giffin
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großen Menschen bringen. Agnes fordert mich auf, eine Drehung zu machen, und beide brechen in Jubelgesänge aus. »Rrrreiiizend! Diese Jeans steht dir sooo gut!«, schwärmt Agnes und reicht mir einen kurzen schwarzen Cardigan. Ich ziehe ihn an, und sie fummelt am Reißverschluss herum und krempelt die Ärmel zweimal um. Dann mustert sie mich mit einem Pokerface und gibt ihr Urteil ab. »Fantastisch! Sooo niedlich!«, bekundet sie mit ernstem Nicken.
    Â»Wow. Super! Wir nehmen alle Teile«, sagt Marian. »Du siehst toll aus.«
    Â»Das geht doch nicht«, widerspreche ich.
    Â»O doch«, sagt Marian.
    Ich protestiere wieder, aus demselben Grund, aus dem ich den Sechs-Dollar-Orangensaft abgelehnt habe. Aber Marian schüttelt bloß den Kopf. »Ich bestehe darauf. Ich will dir die Sachen schenken.«
    Â»Das ist zu teuer«, murmele ich und betrachte den Prada-Schuhkarton, der aufgeklappt auf dem Boden liegt.
    Â»Ach komm, wann habe ich sonst schon mal Gelegenheit, mit … mit …«
    Sie zögert, und wir wissen beide, was sie eigentlich sagen will. Aber sie beendet den Satz: »… mit dir shoppen zu gehen.«
    Â»Okay«, erwidere ich. »Dann vielen Dank. Das ist echt nett von dir.«
    Â»Gern geschehen.« Dann nimmt Agnes einen paillettenbesetzten Cardigan von einem Ständer und erklärt Marian, jetzt sei sie an der Reihe.
    Während ich Marian dabei beobachte, wie sie ihn über die Bluse anzieht und die Knöpfe so sorgfältig schließt wie Agnes vorhin an meinem Cardigan herumgezupft hat, denke ich, eine sooo lange Geschichte ist es nun auch wieder nicht.
    Â»Sind das deine Eltern?«, frage ich Marian und deute auf das gerahmte Foto im Wohnzimmer. Damit breche ich die seltsame Stille, die während des Nachhausewegs über uns gelastet hat. Das ist auch die Vorbereitung auf die Frage, die mir wirklich auf den Nägeln brennt – und die sie um jeden Preis vermeiden will: Wer ist mein Vater?
    Â»Ja«, nickt sie leicht abwesend.
    Â»Wie heißen sie?«, will ich von ihr wissen. Sie soll endlich mit mir reden.
    Â»Pamela und James. Also Jim«, sagt sie und schaut weg, als hätte ich sie gerade etwas über zwei x-beliebige Menschen gefragt. Aber es geht doch um meine Blutsverwandten.
    Â»Was machen sie beruflich?«, hake ich nach.
    Â»Er ist Anwalt. Sie ist Hausfrau.«
    Ich warte geduldig auf mehr, aber es kommt nichts. Frust wallt in mir auf, und ich frage: »Was sind sie so für Menschen?«
    Marian zuckt mit den Schultern und meint: »Na ja, die eigenen Eltern kann man nur schwer beschreiben, findest du nicht? Es sind halt die Eltern.«
    Ich kneife die Augen zusammen und starre sie an. Hoffentlich kapiert sie, was in mir vorgeht. Ich finde ihre Antwort ziemlich dürftig. Sie merkt anscheinend was, räuspert sich und fährt fort: »Meine Mutter ist sehr kontaktfreudig. Sie schmeißt gerne Partys und spielt die Gastgeberin. Hat tausend Freundinnen und zig Hobbys. Sie kann einfach nicht still sitzen.« Sie lächelt, ohne die Zähne zu zeigen, und redet weiter: »Mein Vater ist ruhiger, ernster. Irgendwie nachdenklich und introvertiert.«
    Â»Und wem bist du ähnlicher?«
    Â»Meinem Vater. Definitiv. Ich meine, ich kann durchaus feiern, das muss man ja in meiner Branche können. Dad kann sich auch sehr leutselig geben, wenn er mit den Geschworenen oder mit Klienten zu tun hat. Aber das ist nicht sein wahres Ich. Meine Mom muss ihn zu den ganzen Partys und Benefizveranstaltungen immer regelrecht hinschleppen. Er würde lieber zu Hause bleiben und lesen, Solitär spielen oder alte Filme gucken. Er beobachtet sogar Vögel.« Jetzt lächelt sie richtig. »In seiner Freizeit ist er ganz anders als im Gerichtssaal.«
    Â»Ist er Strafverteidiger?«
    Sie schüttelt den Kopf. »Nein. Er ist spezialisiert auf gesellschaftsrechtliche Streitfälle. Er hat Großkunden wie GE, Abbot Labs, Dell. Sogar Oprah.«
    Ich will mich nicht beeindrucken lassen, bin’s aber doch. »Oprah?«
    Â»Ja. Er hat echt was drauf.«
    Â»Ist er … berühmt?«, frage ich. Normalerweise sind es ja die adoptierten Kinder, die berühmt werden, nicht die Leute aus der Familie, die das Kind weggegeben hat. Ich spüre schon wieder die Verbitterung, als ich auf ihre Antwort warte.
    Â»So berühmt, wie ein Anwalt eben werden kann, denke ich. Eine Weile hat er auch in der

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