Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wo die Toten ruhen - Psychothriller

Titel: Wo die Toten ruhen - Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
Erfolg - alte Fotos, Ansammlungen privater Erinnerungen. Er breitete die Fotos vor sich aus, keines hatte er je zuvor gesehen.
    »Was zum Teufel ist denn hier los?« Seine Mutter stand, die Hände in die Hüften gestemmt, in der Tür zu ihrem Schlafzimmer.
    Ray sammelte schweigend die Fotos wieder ein und legte sie nacheinander in die Schachtel zurück. Er wusste nicht, in welcher Reihenfolge sie ursprünglich angeordnet waren, also sortierte er sie nach Schwarzweißfotos, verblassten Farbfotos und strahlend bunten Farbfotos. Daraus ergab sich eine ungefähre Chronologie.

    Seine Mutter sah ihm stumm dabei zu.
    Er stellte die Schachtel wieder auf die Ablage und schloss dann die Schranktür.
    »Fertig?«, fragte sie.
    Er strich das Bett glatt und richtete sich auf. »Ja.«
    »Komm mit.«
    Er folgte ihr ins Wohnzimmer. Ein Karton voller Weinflaschen stand auf dem Boden. Sie nahm eine Flasche heraus, öffnete sie und schenkte sich Wein in einen Plastikbecher ein, ohne ihm etwas anzubieten. Er setzte sich nicht, sie ließ sich indes auf ihrem Lieblingssessel nieder. Der Blick, mit dem sie ihn jetzt ansah, war ihm völlig fremd - ein finsteres, leeres Starren, erkaltet wie Asche.
    »Geht es dir gut?«, fragte er und verschränkte die Arme.
    »Bestens.«
    »Du warst bei mir, und dir ist schlecht geworden.«
    Sie starrte ihn so lange an, bis er den Blick abwandte. »Jetzt geht’s mir gut.«
    »Ich verstehe das nicht ganz«, sagte er. »Sag mal: Trinkst du?«
    »Ich trinke.«
    »Aha. Du hast meines Wissens nie Alkohol getrunken.«
    Er beobachtete erstaunt und angewidert, dass sie den Wein hinunterkippte wie Wasser. Er schien sie zornig zu machen.
    »Du bist hier, um den Heiligen Gral zu holen, nicht wahr, Sohn?«
    »Den Heiligen Gral?«, fragte er verständnislos.
    »Christus hat beim letzten Abendmahl daraus getrunken. Ich schätze, die Vorstellung hatte etwas zu tun mit einem heiligen Gefäß, das wichtige Informationen enthielt, oder zumindest heiliges Wasser.« Zu seiner großen Überraschung fuhr sie mit einem Zitat von Tennyson fort: »›Drei Engel tragen den goldenen
Gral: Geschlossenen Fußes, auf Schwingen des Schlafes, gleiten in Weiß sie dahin.‹« Sie schenkte sich Wein nach und starrte ihn wütend an.
    »Mom, niemand schert sich um den alten Kram. Ich möchte wissen, warum du betrunken zu mir nach Hause gekommen bist, die Nacht auf meiner Couch verbracht hast und jetzt, mit roter Nase und blutunterlaufenen Augen, hier in deinem Haus bist und nicht du selbst. Mom?«
    »Ich weiß nicht, wo Leigh ist. Glaubst du mir das?«
    Er zweifelte nicht daran. Warum sollte sie es wissen? Er konnte sich nicht vorstellen, woher sie es wissen sollte. »Was ist mit dem Rest? Mit den Tonbandaufzeichnungen? Mit unserer verrückten Vergangenheit? Ich dachte wirklich … nun, Mom, du bist zu mir nach Hause gekommen. Ich vermute, du hast mir etwas zu sagen.«
    »Ich habe dir nur eines zu sagen.«
    »Schieß los.«
    »Ich möchte meinen Schlüssel zurück. Gib ihn mir. Ich möchte, dass du sofort aus meinem Haus verschwindest. Ich möchte nicht, dass du dieses Haus jemals wieder ohne meine Erlaubnis betrittst.«
    Er reichte ihr den Schlüssel. Sie legte ihn resigniert auf einem Zierteller ab. Ein italienischer Teller vom Flohmarkt mit blauorangenem Blumenmuster.
    »Ich finde, du solltest zum Arzt gehen«, sagte Ray. »Lass mich dich hinfahren.«
    »Mir geht es gut. Fahr nach Hause.«
    »Du bist nicht mehr du selbst.«
    Ihr Lachen gefiel ihm gar nicht. »O doch, das bin ich«, sagte sie. »Und jetzt verschwinde schon. Die Gelegenheit ist verpasst.«

24
    Als Ray in sein Auto einstieg, spürte er im Rücken den Blick seiner Mutter, die hinter dem Vorhang stand. Obwohl sie es gefordert hatte, war sie sicher nicht glücklich damit gewesen, dass er ihr die Schlüssel zurückgegeben hatte. Jetzt war sie allein. Während er zurücksetzte, Gas gab und sich auf den Weg zum Büro machte, dachte er: Dabei geht’s dir sicher nicht besonders gut, so allein. Sie war eindeutig krank. Er sollte wieder zu ihr gehen, sich mit ihr auseinandersetzen und sie dazu bringen, mit ihm zu kommen. Aber jetzt musste er sich erst einmal um Antoniou kümmern.
    Er beschloss, sie gleich nach dem Termin anzurufen. Er würde so tun, als wäre nichts geschehen. Das würde ihr gefallen. Bis dahin würde es ihr sicher längst leid tun.
     
    »Hast du angerufen?« Kats Stimme am Handy. Er näherte sich dem kleeblattförmigen Verkehrsknotenpunkt, der zu den Ortschaften

Weitere Kostenlose Bücher