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Wo die Toten ruhen - Psychothriller

Titel: Wo die Toten ruhen - Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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sonst keinen Platz für Blumen. Er hatte sie in einem Blumenladen direkt nach der Abfahrt gekauft, hell schimmernde grüne Blätter mit sanft gebogenen weißen Blüten in der Mitte.
    »Ich habe die mitgebracht«, sagte er zu dem Gedenkstein, »weil es ein Fest ist. Du bist tot, glücklich tot, und das ist, wie es scheint, ein Segen.« Er hatte sich so wenig um sein eigenes Kind geschert, dass er ihn nicht in Frieden hatte aufwachsen lassen. Warum hatte sein Vater sie terrorisiert? Sexuelle Eifersucht? So etwas war vorstellbar. Er konnte die Frau nicht loslassen, war beleidigt, als sie ihn abwies. Er war wütend.
    Genau wie Ray, als Leigh ihn betrogen hatte.
    Er schob den Gedanken beiseite und sah sich den Stein genauer an.
    »Du durchgeknallter Kerl hast meine Kindheit zerstört. Du hast meine Mutter in Angst und Schrecken leben lassen. Wir waren niemals frei. Wir haben gelebt wie Geächtete, immer auf der Flucht, immer in Angst, etwas sei hinter uns her, das uns etwas antun will, das uns immer wieder einholt!«
    Umgeben von den Toten und seinen eigenen toten Hoffnungen, spürte er die unendliche Leere. Wahrscheinlich hegte jeder Junge, der keinen Vater hatte, insgeheim die Illusion, sein Vater sei wenigstens einer von den Guten gewesen. Er hätte ein Wohnmobil mit Konservendosen für Fahrten in den Yosemite-Nationalpark beladen, um den Glacier Peak zu besteigen, oder nach Alaska, um Heilbutt zu angeln, und hätte seinen Sohn um fünf Uhr früh geweckt. Vielleicht wäre er auch der Typ Vater gewesen, der seinen Jungen ins Museum geschleift hätte, um verstaubte Indianer-Exponate anzuschauen, oder einer,
der endlos über die Asphaltgruben geredet hätte, und alles, was der erschöpfte Junge hörte, alles, was er hören musste, wäre die Stimme seines Vaters gewesen, nicht das, was er sagte. Alles, was der Junge hörte, wäre die Liebe gewesen.
    Die Zeit, die sie zusammen gehabt hätten, wäre so tief in seiner Erinnerung verankert, dass der Junge, selbst wenn der Mann starb, den Rest seines Lebens damit verbringen konnte, sich an den Erinnerungen zu freuen und seinen Vater in Ehren zu halten.
    Als Ray sehr jung gewesen war, hatte er solche Phantasien gehabt. Er wusste es jetzt, denn sie stürmten auf ihn ein und drohten ihn zu ersticken. Er überlegte, was wohl auf seinem Grabstein stehen würde, wenn Leigh die Worte ausgewählt hätte.
    Ray wusste nicht einmal, was für eine Arbeit sein Vater in der Bank verrichtet hatte. Kassierer? Geschäftsführer?
    Er beugte sich vor und wischte mit einem Finger den Staub aus den eingravierten Worten. Seine Mutter hatte es, mit finanziellen Unterstützungen, großen wie kleinen, ganz allein geschafft, ihn aufzuziehen und ihm eine Ausbildung zu ermöglichen, obwohl sie wegen dieses kläffenden Hundes, der ihr auf den Fersen war, immer auf der Hut sein musste.
    Er schuldete ihr so viel, alles, was in seinem Leben gut gelaufen war. Besonders seine Arbeit. Das alles verdankte er ihr und Gott. Er liebte das, was er tat.
    Jetzt hatte Ray seine schöne Ausbildung vom Whittier College, auf die er zurückgreifen konnte, ganz zu schweigen von der Universität Yale, für die seine Mutter viele Jahre lang zwei Jobs gehabt hatte. Wenigstens jetzt konnte er ihr helfen. Wenigstens jetzt arbeitete sie, weil sie gerne arbeitete, so sagte sie, weil sie gern unter Menschen war und die Struktur brauchte.

    Hatte er irgendwo in seinem Innern nicht immer schon den Verdacht gehegt, dass er einen bösen Vater hatte? Seine eigene Schlechtigkeit musste von irgendwo kommen, die Furcht und der Zorn, die er vor Leigh wie vor jedermann hatte verbergen wollen.
    »Auf Wiedersehen, Henry Jackson«, sagte er zu seinem Vater und wandte sich ab. »Du Scheißkerl.«

15
    Kat kam vor Tagesanbruch aus der Klinik nach Hause, ließ sich auf die Couch fallen und schlief sofort ein. Stunden später wachte sie hungrig auf, kramte eine Packung Rigatoni heraus, kochte sie und fügte eine Soße aus der Dose hinzu. Dann schlang sie am Küchentresen stehend einige Bissen hinunter. Zum Glück war niemand da, auf den sie wie ein Mitleid erregender einsamer Mensch hätte wirken können - was sie veranlasst hätte, ein normales Frühstück zu sich zu nehmen.
    Ihr Telefon klingelte. Sie schaute auf die Uhr. »Kat hier«, sagte sie. »Es ist halb acht am Morgen, und ich hoffe, du hast gute Nachrichten, sonst geht’s dir schlecht, Raoul.«
    »Hi, ich bin’s.«
    »Du bist in aller Herrgottsfrühe auf, Zak. Ich weiß nicht, ob ich das

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