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Wo Schneeflocken glitzern (German Edition)

Wo Schneeflocken glitzern (German Edition)

Titel: Wo Schneeflocken glitzern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathryn Constable
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»Dann wohnen wir gar nicht bei Ihnen zu Hause?«, fragte sie schließlich.
    »Wir gehen auf Land«, erwiderte Dr. Starowa leicht gereizt. »Ich habe doch schon gesagt.«
    »Aber ich muss morgen unbedingt shoppen gehen«, wandte Delphine ein.
    »Shoppen?«, wiederholte Dr. Starowa in einem Ton, als hätte sie noch nie so etwas Absurdes gehört.
    »Ja, ich muss bestimmte Notizbücher für meine Mutter kaufen. In einem Geschäft am Newski-Prospekt. Und eine Schokoladenkutsche aus dem Laden am Stroganow-Platz.« Delphines Gesicht wurde ganz rot. »Das ist wirklich wichtig.«
    »Aber wie willst du Schokoladenkutsche an deine Mutter schicken?«, sagte Dr. Starowa. »Ist nicht möglich!«
    »Aber es ist wahnsinnig wichtig, ehrlich. Sie braucht die Kutsche spätestens am Dienstag. Für ein Shooting. Ein Cinderella-Schmuck-Shooting. Für eine Zeitschrift.«
    Dr. Starowa zuckte die Schultern. »Ich kenne diese Laden. Gibt keine Kutsche mehr. Nur …«, sie überlegte einen Augenblick, »… nur Schokoladenjacht. Reiche Leute in Russland wollen nicht Kutsche. Wollen lieber Jacht!« Sie lächelte Delphine unschuldig an.
    Delphine machte den Mund auf, um noch etwas zu sagen, aber Dr. Starowa drehte sich um und schaute aus dem Wagenfenster. Das Gespräch war in ihren Augen eindeutig beendet.
    Der Zug bremste jetzt und kam mit einem Ruck zum Stehen. Es war der erste Halt. Draußen auf dem Bahnsteig drängten sich die Leute, und laute, kräftige russische Stimmen schallten herauf. Dr. Starowa starrte immer noch aus dem Fenster. Eine steile Falte hatte sich über ihrer Nasenwurzel gebildet, als gingen ihr die Mädchen entsetzlich auf die Nerven. Sie sagte kein Wort.
    Der Zug nahm wieder Fahrt auf und fuhr aus dem Bahnhof. Dr. Starowa griff in ihre Handtasche und holte die Tickets hervor. Sie las die Namen ab und gab jedem der drei Mädchen eine. Die Fahrkarten waren groß, das Papier leicht marmoriert, mit unverständlichen russischen Buchstaben darauf. Den Blick auf ihre Uhr geheftet sagte sie: »Ich denke, wir kommen um neun Uhr an. Ist nicht weit.«
    »Aber das sind ja zwei Stunden Fahrt!«, rief Marianne. »Wie können Sie sagen, dass das nicht weit ist!«
    »Wir sind in Russland.« Dr. Starowas Stimme klang jetzt noch gereizter. »Ist großes Land.« Wieder strich sie ihren Rock glatt.
    »Das steht aber nicht auf unserem Reiseplan«, protestierte Marianne, zog einen Zettel aus ihrer Manteltasche, faltete ihn auseinander und las die einzelnen Punkte vor. »Hier steht, dass wir bei unseren Gastfamilien in St. Petersburg wohnen!« Herausfordernd hielt sie Dr. Starowa den Zettel unter die Nase. »Hier, lesen Sie selbst!«
    Dr. Starowa nahm das Blatt in die Hand und hielt es von sich weg, als ob sie eine Brille brauchte, dann zuckte sie nur die Schultern. Was auf dem Reiseplan stand, war ihr sichtlich egal.
    »Ich hole uns Tee«, verkündete sie stattdessen, während sie aufstand und in ihren Mantel schlüpfte. Mariannes Reiseplan steckte sie in ihre Tasche. »Ihr Mädchen habt sicher Durst.«
    »Danke, das ist sehr nett«, lächelte Sophie, um die brenzlige Lage zu entschärfen. »Es tut mir leid … wir wollten nicht undankbar sein … es ist sehr freundlich von Ihnen …«
    Die Frau nahm ihre Handtasche hoch.
    »Wir sind nur ein bisschen müde«, fügte Sophie noch hinzu, was Dr. Starowa bestimmt nicht mehr hörte, so schnell war sie aus dem Abteil verschwunden.
    »Wer sagt eigentlich, dass wir aufs Land wollen?«, murrte Delphine. »Ich jedenfalls nicht. Und Dr. Starowa kann mich mal mit ihren Schokoladenjachten. Ich will nicht weg aus St. Petersburg. Ich hab so viele Einkäufe zu erledigen.«
    »Aber sie will uns doch was Gutes tun«, wandte Sophie ein. »Uns ein bisschen mehr von Russland zeigen.«
    »Und wo soll ich dann die Schokoladenkutsche herkriegen?«, fragte Delphine, den Tränen nahe. »Und die Notizbücher? Was in aller Welt soll ich meiner Mutter erzählen? Sie verlässt sich doch auf mich.«
    Sophie nahm ihre Hand und drückte sie beruhigend. »Das kriegen wir schon geregelt, Delphine, keine Angst.«
    Delphine holte tief Luft und erwiderte den Druck.
    »Wenn ich mir vorstelle – alle anderen sind jetzt in Dorset«, seufzte Marianne. »Und trinken wahrscheinlich heiße Schokolade, essen Marshmallows und spielen Scrabble …«
    Der Zug bremste und fuhr in den nächsten Bahnhof ein, wo viel weniger Betrieb herrschte als auf dem ersten. Sophie betrachtete die dunkel gekleideten Gestalten, die aus

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