Wölfe der ewigen Nacht (German Edition)
Brautkleidanprobe.
»Und? Was sagst du?« Das Kleid war reinweiß mit dunkelroten Blütenaplikationen, die sich über das ganze Kleid verteilten wie Ranken. Sie selbst hasste alle Rottöne, aber sowohl ihre Mutter als auch ihre verstorbene Zwillingsschwester hatten ein richtiggehendes Faible für Weinrot und rosa. Wobei es ihrer Mutter auch stand. Es wirkte nicht billig und überladen durch die roten Haare. Es war einfach nur hübsch.
»Sehr schön. Nimmst du noch einen Schleier oder nur ein Diadem?« In der Auslage des Brautgeschäftes lagen viele schöne Stücke vom ansässigen Juwelier. Auch Cassandra hatte hier ihre komplette Brautausstattung gekauft.
»Ein Diadem. Bei meiner Hochzeit mit Derek hatte ich einen Schleier. Das würde nur schlechte Erinnerungen wecken.« Cass wusste, dass Carla nicht gern über ihre Zeit mit Derek sprach. Immer wieder lenkte sie das Gespräch in Richtung Richard, wie sie sich kennengelernt hatten und schließlich ein Liebespaar wurden. Von den Jahren im Kloster gab es auch nicht viel zu erzählen, also beließen es die beiden Frauen meistens auf Gespräche über die gegenwärtigen Geschehnisse. Wie zum Beispiel Carlas Hochzeit.
»Und deine Schuhe?« Carla grinste.
»Ich hab mir letztens welche von Louboutin gekauft. Sehr hübsch und sehr teuer.« Da sie bis jetzt im Kloster gelebt hatte, und vorher mehr am Studium als am Einkaufen interessiert gewesen war, eröffnete sich ihr ein ganz neues Terrain. Kleider, Schuhe und Handtaschen. Und Richard bestand darauf, dass sie sich von allem nur das Beste kaufen sollte. Er verwöhnte sie sowieso recht stark und trug sie auf Händen. Aber wenn man seine große Liebe, die man bereits seit dreißig Jahren tot geglaubt hatte, plötzlich wieder fand, war das wahrscheinlich normal.
»Du Biest!« Erik sprang von seinem Stuhl und knallte die Tastatur auf den Schreibtisch. »Nein!« Wieder sah er auf den Bildschirm, der ihn eindeutig als Tod auswies. Dieser neue Spieler hatte ihn innerhalb von zwei Minuten getötet. Das hatte bisher noch keiner geschafft.
Plötzlich wurde ein DOS-Fenster auf dem Bildschirm geöffnet und wie von Geisterhand erschien:
Hallo Erik. Ich hoffe, du bist kein schlechter Verlierer.
Er setzte sich sofort wieder hin und fuhr nebenbei seinen gesicherten Rechner hoch. Sein Sicherheitssystem war eigentlich zu gut, um einen Hacker vorbei zu lassen. Als sein gesicherter Rechner hochgefahren war, tippte er eine Reihe befehle ein und hackte sich auf der Spieleplattform in die Mitgliederliste. Für ihn war es ein Leichtes, da er jahrelang Computertechnik und Informatik studiert hatte. Plötzlich wurde der Bildschirm schwarz und er sah wieder zu seinem Spielrechner.
Es ist unhöflich, einfach an einen anderen Computer zu gehen, wenn ich mit dir rede.
Er zog die Augenbrauen hoch. Schließlich tippte er seine Nachricht.
Wer bist du?
Ein neues Fenster öffnete sich und das Licht seiner Webcam ging an. Nach wenigen Augenblicken des Verbindungsaufbaus sah er ein schwarzhaariges Mädchen. Das Mädchen, das seit ein paar Wochen in seinen Träumen herumgeisterte.
»Josephine!?« Sie grinste in die Kamera und hob die Hand zum Gruß.
»Ah. Ich sehe, du erinnerst dich an mich.« Ihm blieb der Mund offen stehen.
»Wie hast du meine Computer gehackt? Der eine war hoch gesichert!« Sie grinste, aber er fand das gar nicht lustig. Es war etwas völlig anderes, wenn er sich irgendwo auf einen gesicherten Rechner hackte. Aber das dieses kleine Mädchen seine Barrieren einfach so überwinden konnte, war ihm rätselhaft.
»Ich sitze seit Jahren fast ausschließlich an meinem Rechner. Und irgendwann weiß man alles.« Sie zuckte mit den Schultern, grinste aber immer noch.
»Sei nicht eingeschnappt. Außerdem hast du bedeutend länger überlebt, als meine bisherigen Gegner.« Als er nun fragend die Brauen hob, wurde ihr Grinsen noch breiter. »Das Spiel. Ich hab dich besiegt.«
»Das war nur Glück.« Er führte sich wie ein kleines, trotziges Kind auf, aber das störte ihn im Moment weniger.
»Wir können es ja gern noch einmal wiederholen. Ich hab massenhaft Zeit.« Das hätte er auch gern, aber gleich war eine Versammlung im Speisesaal.
»Tut mir leid, aber ich muss gleich weg.« Sie zog einen süßen Schmollmund.
»Schade.«
»Wie wäre es heute Abend? Ich gehe gegen neun Uhr wieder online.« Diese Aussage erhellte das Gesicht der kleinen Schwarzhaarigen wieder.
»Super. Mal sehen, wie ich die Zeit bis
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