Wölfe der ewigen Nacht (German Edition)
Spielzimmer eine DVD anzusehen oder sich im Fitnessraum zu betätigen.
Heute würde es wohl nur eine DVD werden. Seit ihrem letzten handgreiflichen Streit mit Cass am DVD-Abend des Rudels, hatte sie nicht wieder daran teilgenommen. Sie holte sich einen Becher Eiscreme aus ihrem Gefrierschrank und zwei Löffel. Das war immer noch ein vertrauter Griff, den sie einfach nicht ablegen konnte. Sie hatte früher immer mit Christopher zusammen den Becher geleert, wenn dieser wiedermal von seiner Frau terrorisiert wurde und dem gemeinsamen Zimmer fern geblieben war.
Das waren damals die schönsten Abende, ohne dass sie befürchten musste, dass es ein Mann auf ihren Körper abgesehen hatte. Im Spielzimmer angekommen, stellte sie den Becher und die Löffel auf den Tisch vor dem Sofa und ging zum Schrank, um sich eine DVD auszusuchen.
Apokalyptica . Ja, das war der perfekte Film für ihre momentane Stimmung. Sie legte ihn ein, setzte sich aufs Sofa und bedeckte ihre Beine mit einer Decke. Danach öffnete sie den Becher mit dem Schokoeis und begann, den Film anzusehen. Er lief etwa eine viertel Stunde, als sich plötzlich die Tür öffnete und Snow eintrat.
»Hallo Lydia. Weißt du zufällig, wo Sylvester ist? Ich kann ihn nirgendwo finden.« Lydia sah die junge Frau vor sich abschätzend an. Josh hatte ihr berichtet, dass sie wahrscheinlich von hier verschleppt und nach einer Vergewaltigung lebensgefährlich verletzt im Schnee liegen gelassen wurde. Außerdem hat er erzählt, dass sie die ehemalige Geliebte von Sylvester gewesen war. Jetzt erinnerte sie sich an nichts mehr. Wie gerne hätte Lydia mit ihr getauscht. Ein Leben ohne die Erinnerung an ihre Vergangenheit wäre Lydias größter Wunsch, der aber wohl immer nur ein Traum bleiben würde.
»Er hat ein neues Projekt. Normalerweise kommt er dann nicht vor dem Wochenende nach Hause.« Als Snow die Augenbrauen fragend hochzog, schüttelte Lydia den Kopf.
»Hat er dir denn nichts von sich erzählt?« Sie sah für einen kurzen Augenblick Schmerz in ihren Augen aufflackern, dann presste sie ihre Lippen aufeinander und sah auf ihre Hände.
»Nein. Und es interessiert mich auch gar nicht.« Sie sah so verloren aus. Wie von selbst rückte Lydia ein Stück zur Seite und klopfte neben sich auf die Couch.
»Hast du Lust, den Film mit mir anzusehen?« Gegen ihre normale Art, hielt sie den Becher mit Schokoladeneis hoch und reichte ihr einladend einen zweiten Löffel. Snow lächelte. Das war das erste richtige Lächeln, das sie bisher bei der jungen Frau gesehen hatte. Na gut. Sie hatte sie immer nur kurz im Flur gesehen, oder wenn sie mit Sylvester irgendwo hin ging.
»Gern. Wenn ich dich nicht störe.« Nein, nein, dachte Lydia traurig. Ablenkung tut mir immer gut.
»Hey alter Kumpel.« Erik kannte Johnas schon seit ein paar Jahren. Er betrieb einen kleinen Stripclub, der sehr beliebt war. Vor allem weil die Mädchen hier gerne arbeiteten und man es ihnen auch ansah. Sie wurden gut bezahlt und Johnas verlangte dafür im Gegenzug »saubere« Mädchen. Außerdem war es den Zuschauern verboten, die Mädchen zu belästigen, was unter anderem eine nie endende Welle der Jobnachfragen zur Folge hatte. Er konnte unter den besten und hübschesten Mädchen wählen. Und das Geschäft lief wirklich gut.
»Was gibt‘s?« Johnas Gesichtsausdruck war schwer zu deuten. Gab es Probleme, bei denen er Hilfe brauchte?
»Du sagtest doch, wenn ich jemanden entdecke, der nicht von eurem Rudel ist, soll ich sofort beschied sagen, richtig?« Erik nickte. Johnas war einer der wenigen Menschen, die in ein paar Wolfsangelegenheiten involviert waren. Hauptsächlich um ihnen Informationen zukommen zu lassen. Ein Stripclubbesitzer kam eindeutig besser an Infos als ein geschniegelter Wolf, der wie ein Börsenmanager aussah. Nicht, das Erik immer geschniegelt war. Er bevorzugte Jeans und T-Shirts.
»Komm mit. Ich hab heut auf der Straße ein Mädchen aufgelesen.« Erik folgte seinem Freund. Als sie in einen kleinen Hinterraum kamen, schloss Johnas die Tür zu seinem Büro auf. Schon schoss ein kleines Persönchen heraus und ging Johnas an die Gurgel.
»Sie haben gesagt, sie hätten Informationen für mich! Sie sagten nicht, dass sie mich in ein Freudenhaus schleppen und in so ein winziges Zimmer sperren!« Langes schwarzes Haar bedeckte den Rücken des Mädchens. Erik verschlug es die Sprache. Das Mädchen schlug immer weiter auf Johnas ein, der sich gegen ihre unbändige Wut nicht wehren konnte.
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