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Wölfe der Nacht

Wölfe der Nacht

Titel: Wölfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benjamin Percy
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Klatschen um. Hinter ihm, zwischen den Bäumen steht ein kirschroter Pick-up mit höhergestellten Rädern und einem grinsenden silbernen Kühlergrill.
    Wortlos schnappt Justins Vater sich sein Gewehr und geht mit schnellen Schritten über die Wiese. Natürlich wird er nicht langsamer, als Justin ihn ruft. Was für eine Wahl hat Justin denn – wie schon so oft –, außer ihm zu folgen. Sein Gewehr lehnt an einem Stamm, als würde es sich sonnen. Seine Hand zögert, bevor sie danach greift. »Bleib hier«, sagt er zu Graham und hängt sich dann das Gewehr über die Schulter, anstatt es diagonal vor dem Bauch zu tragen, wie Soldaten es tun, wie sein Vater es getan hat.
    Er erkennt den Mann wieder – den Kassierer aus der Tankstelle. Seth, nach seinem Namensschildchen. Wie die Schlange in ihrem Zelt gemacht hatte. Sesss. Er denkt an dessen Muskeln, dass die schwellenden Muskeln aussahen, als könnten sie die Knochen zerbrechen, die sie hielten. Er war offensichtlich ziemlich wütend auf sie gewesen, so wie es ihm offensichtlich viel Spaß gemacht hatte, Justin Angst einzujagen, als er sich mit diesem drohenden Blick über die Ladentheke beugte. Vielleicht freut er sich jetzt, da er sie auf sich zukommen sieht, wieder.
    Ihre eiligen Füße machen im Gras ein flüsterndes Geräusch, als würde der Wald, Halm um Halm, Stein um Stein, Baum um Baum, sich ihnen zuwenden. Sein Vater schnauft, vielleicht vor Wut, vielleicht vor Anstrengung, kurzatmig wegen seinem Tempo und der dünnen Bergluft. Und dann stehen sie vor Seth, der sie mit wachsamer Miene erwartet.
    »Howdy«, sagt Seth mit seinem breiten Gesicht und starrt Justins Vater und sein Gewehr an. Er trägt ein ärmelloses graues T-Shirt und enge Bluejeans, seine Muskeln sind unnatürlich groß und ausgeprägt, wie ein groteskes Anatomie-Demonstrationsobjekt. Er steht vor ihnen und stützt sich auf seine Brechstange wie auf einen Stock.
    Vom umgekippten Klo kommt ein tropfendes Geräusch und füllt die Stille. Um sie herum funkeln Glassplitter im Gras wie Pailletten. Auf dem Bulldozer, wo sich der orangene Schein des Vormittags in der Windschutzscheibe brechen sollte, liegt stattdessen ein Schatten wie eine leere Augenhöhle.
    »Hat’s Spaß gemacht?«, fragt sein Vater auf wütend ironische Art.
    Seth grinst und schwingt seine Brechstange wie in Zeitlupe. »Wenn Sie’s genau wissen wollen, ja.«
    Alle Ironie ist aus der Stimme von Justins Vater verschwunden, als er sagt: »Verschwinden Sie von hier.«
    Justin steht ein Stück hinter seinem Vater, tritt jetzt aber einen Schritt näher. »Ich habe einen Jungen dabei.«
    »Ist mir doch egal, Bend«, sagt Seth. Und Justin begreift wie es ist: Er ist keine Person, er ist der Repräsentant einer Gemeinde, einer Lebensart, die vielen, die hier aufgewachsen sind, fremd und zudringlich erscheint. »Ist mir scheißegal.«
    In diesem Augenblick hat Justin das Gefühl, als würde die Welt einen Ruck machen, als würden Moral und Gesetze und zivilisiertes menschliches Verhalten nicht mehr gelten und etwas Wilderem weichen. Es erinnert ihn an den Hurrikan Katrina. Als die Dämme brachen, zerbrach auch die soziale Ordnung. Vergewaltigung. Plünderung. Brandstiftung. Vom Dach aus mit einer .22 schießen. Die Taschen eines Toten nach der Brieftasche durchsuchen. Viel fehlt nicht mehr, dann sind wir auch so weit, denkt Justin. Ist sein Vater bereit, jemanden zu töten? Zweifellos ja.
    »Sehen Sie meinen Enkel dort drüben.« Justins Vater reckt das Kinn in Grahams Richtung, ohne den Blick von Seth zu nehmen. »Sie wollen doch nicht, dass er sieht, wie das Innere Ihres Schädels aussieht, oder?«
    »Das würden Sie nie tun.« Seth lässt die Brechstange nicht sinken. »Ich könnte mich direkt vor dieses Gewehr stellen und den Finger hineinstecken, und Sie würden rein gar nichts tun.«
    »Versuchen Sie es doch.«
    »Sie alter Angeber.«
    Nun schwingt der Vater den Lauf nach links und feuert. Auf den Knall des Schusses folgt das Klirren von berstendem Glas, das von dem roten Pickup auf den Boden fällt. Der linke Scheinwerfer ist zerbrochen.
    Einen Augenblick starrt Seth seinen Pick-up an. »Das werde ich Ihnen verdammt noch mal heimzahlen!« Dann dreht er sich ohne einen weiteren Blick um und geht davon. Er steigt in die Fahrerkabine und der Motor springt röhrend an. Er steigt aufs Gaspedal und wirbelt eine Fontäne aus Schlacke hoch, und das Sonnenlicht funkelt in seinem Seitenspiegel, als er davonfährt und schließlich zwischen den

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