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Wölfe der Nacht

Wölfe der Nacht

Titel: Wölfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benjamin Percy
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ziellos hin und her, doch dann versteift sich sein Schwanz, offensichtlich hat er etwas gewittert, das ihn interessiert. Nun bewegt er sich in einem weiten Kreis, der schließlich zu einer Spirale ins Zentrum wird. Dort bleibt er stehen und hebt den Kopf und bellt einmal kehlig.
    Sie entdecken dort einen Blutfleck, der an den Rändern bereits braun wird. Sie folgen der Spur – hier ein Spritzer auf dem Boden, dort ein Fleck an einem Baumstamm – durch den Wald und über eine Moräne und um die Biegung des Canyons herum, wo sie verschwindet. Im permanenten Zwielicht des Waldes kreisen sie ein paar Minuten, wie eine Horde großer Hunde, die eine Fährte suchen. Manchmal kreist ein Hirsch und kehrt dann zu der Stelle zurück, von der er kam, weil er sich in vertrauter Umgebung sicherer fühlt. Manchmal kreisen sie auch in den Wind, damit sie die Gefahr wittern können, die bei ihrer Flucht vor ihnen liegt. Meistens aber laufen sie fünfzig Meter, bleiben stehen, schauen und lauschen, was sie wohl verletzt hat, und legen sich dann nieder, als würden sie keine Bedrohung erkennen.
    Boo scheint verwirrt, er schnuppert eifrig in die eine und die andere Richtung und knurrt und jault auf eine Art, die ihn fast menschlich klingen lässt. Am Fuß einer abgestorbenen Goldkiefer bleibt er stehen, leckt sich die Lefzen und bellt, als würde er eine schrille Frage stellen.
    Justin schaut nach oben, sein Blick wandert ungefähr sieben Meter den Stamm hoch, bis er in einem Gewirr endet, das aussieht wie eine unregelmäßige Ansammlung von Schneidezähnen. Die obere Baumhälfte liegt bergab von ihnen, vor Jahren von einem Sturm dorthin geschleudert. Seitdem hat der Wald sich seiner bemächtigt. Ranken strangulieren die fünfzehn Meter seiner Länge. Gelblich-orangene Baumschwämme wachsen hier und dort aus dem verfaulten Holz, in Größe und Form ähnlich den Platten auf dem Rücken eines Stegosaurus, so dass der Stamm ein wenig aussieht wie ein erlegter Dinosaurier. Dazu passen auch die längs verlaufenden Kerben im Holz. Sie wirken feucht und grau, auf dem Boden unter ihnen liegen frische Splitter.
    Graham geht zu Boo. Mit der Hand auf dem Kopf des Hunds betrachtet er den gestutzten Baum. Was Justin auf den ersten Blick als Spuren von Würmern und Wettereinflüssen abgetan hat, erkennt er nun als ein Graffiti von Krallen. Graham schaut Justin an. Er sieht aus wie ein Ministrant, dem man gesagt hat, er solle sich vor dem Teufel hüten. Justin merkt, dass ihm die Geschichte des vergangenen Abends – die Geschichte des Indianers – durch den Kopf geht.
    »Denk dir nichts«, sagt Justins Vater, als könnte er die Frage lesen, bevor sie geäußert wird. »Das ist nur ein Bär. Die Geschichte war nur eine Geschichte, die ein alter Knacker erfunden hat.« Er hat den Boden nach Spuren abgesucht, aber anscheinend lässt ihn die festgestampfte Erde nichts erkennen. Jetzt geht er zu dem zersplitterten Baum und fährt mit den Fingern über die Risse, die ihn kreuz und quer überziehen. Er krümmt die Finger zu Krallen und schwingt langsam den Arm und dann streckt er die Hand so hoch er kann, und Justin sieht, dass er noch einen Arm brauchen würde, um die höchsten Furchen zu erreichen. »Huh«, sagt sein Vater beim Einatmen, als würde er mit sich selber sprechen.
    »Was huh?«, fragt Justin. »Was denkst du?«
    »Hier in der Gegend gibt es keine so großen Bären.« Er nimmt seine Kappe ab. Sie hat einen schweißfeuchten Ring in seinen Haaren hinterlassen. »Wahrscheinlich ist er hinaufgeklettert, um diese Kratzer zu machen.«
    Vornübergebeugt, mit gesenkten Köpfen schwärmen sie aus und umkreisen das Gebiet, bis Justins Vater einen Blutfleck entdeckt, der den Eingang zu einem kleinen Freiraum zwischen schrägen Steinsäulen markiert.
    Dies erweist sich als Zugang zu einer engen Basaltschlucht, die sich allmählich verbreitert, während sie sie auf gewundenem Weg tiefer in einen Seitencanyon führt. Ein dünnes Rinnsal läuft am Boden entlang. Es macht ein leise plätscherndes Geräusch. Ein kalter Atem, der Atem eines Ortes tief unter der Erde, steigt aus dem Wasser, das sich zwischen überall verstreuten, grabsteingroßen Felsen hindurchschlängelt, die scharfkantig geborsten und mit grau-grünen Flechten bedeckt sind, so dass sie kaum wissen, wo sie ihre Füße hinstellen sollen. Das Blut – das bis jetzt nur als gelegentliche Spritzer zu sehen war – wird zu einem roten Wasserlauf.
    Sie wissen, dass sie dicht dran sind. Nach

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