Woelfin des Lichts
kurze Zeit von ihrer Angst ab. Noch immer in das friedliche Schauspiel vertieft, wurde sie kurz darauf durch das Rascheln vertrockneter Blätter und Schritte, die sich der Hütte näherten, aufgeschreckt. Sofort spannte sich ihr Körper und ihre verängstigten Blicke huschten zur Tür, die sich wenige Augenblicke später öffnete.
Simon, der mit einer braunen Papi ertüte die Hütte betrat, lächelte Sara an, als ob sie freiwillig hier wäre und nicht gefesselt auf der muffigen Liege liegen würde. Schweigend beobachtete sie, wie er seinen Einkauf abstellte und in aller Seelenruhe einige Nahrungsmittel auspackte. Jede seiner Bewegungen verfolgte sie mit einem Gefühl der Furcht gepaart mit Faszination, ihr Verstand konnte nicht fassen, was sie sah. Mit großer Sorgfalt dekorierte Simon den zerkratzten Tisch, stellte eine Kerze in die Mitte, faltete Papierservietten und umrundete den Tisch, um die Stühle zu platzieren, sodass diese sich gegenüberstanden. Mit seinem Arrangement zufrieden, wandte er sich wenige Augenblicke später Sara zu, die seinem Blick auswich. Sein hartes Gesicht spiegelte eine vermeintliche Liebe wider, die in Wahrheit nicht existierte und nach Saras Ermessen nie existiert hatte. Liebe und Hass lagen nahe beieinander und Simon hatte schon vor Jahren die Grenze zwischen beidem überschritten.
Gänsehaut überzog ihre nackten Arme, als er zu ihr trat, ihre Fess eln löste und mit seiner Hand zart über ihren Arm strich, als wäre er überrascht, mehrere sich verfärbende Blutergüsse zu entdecken. Nur mit Mühe gelang es Sara, einen entsetzten Aufschrei zu unterdrücken.
Bleib ganz ruhig, reg ihn bloß nicht auf , dachte sie und wiederholte den Gedanken mehrmals, bis sie sich wieder halbwegs unter Kontrolle hatte. Während des Aufstehens versuchte sie möglichst unbeteiligt zu wirken, wenngleich sie sich nicht sicher war, ob ihre Beine sie tragen würden. Sie wankte und ignorierte die Hand, die sich ihr hilfsbereit entgegenstreckte. Mit zusammengebissenen Zähnen ging sie Schritt für Schritt auf den Stuhl zu, der ihr am nächsten stand, und ließ sich erleichtert darauf nieder. Das einsetzende Kribbeln, als das Blut ungehindert in ihre Beine und Arme schoss, war unangenehm und dennoch ließ sie sich nichts anmerken.
Erst nachdem sie Platz genommen hatte, setzte sich Simon ihr gegenüber und lehnte sich lässig zurück. Er trug noch immer seine Kleidung vom Vortag, die mittlerweile v öllig zerknittert war, und roch nach altem Schweiß, den Sara selbst über den Tisch hinweg mit ihrem, im Moment schwachen Geruchssinn, wahrnehmen konnte. Sara bemühte sich, auch dies zu ignorieren.
Sara nahm widerspruchslos den Becher Wein entgegen, doch a ls er ihr zuprostete, regte sich Widerstand in ihr und die Versuchung, ihm das Getränk samt Plastikbecher in sein verhasstes Gesicht zu schütten, wurde fast übermächtig. Nur mit Mühe hielt sie sich zurück und öffnete, in der Hoffnung auf etwas, das sie als Waffe benutzen konnte, die Styroporbox, die ihr Simon über den Tisch zuschob. Der Geruch von kalten Pommes und schalen Hamburgern stieg ihr in die Nase. Obwohl sie unglaublichen Hunger hatte, lehnte sie sich enttäuscht gegen die Rückenlehne des Stuhls. Es gab kein Besteck, noch nicht einmal aus Plastik. Simon, der sie die ganze Zeit über beobachtet hatte, schob mit einem lauten Quietschen seinen Stuhl zurück und umrundete den Tisch.
„Du hast natürlich Recht, warum die Zeit mit Unsinnigem vergeuden, wenn wi r sie besser nutzen können?“
Sara stockte der Atem, in seinen Augen glomm Gier. Dieses Mal übernahm die Panik die Kontrolle über ihr Handeln. Entsetzt sprang sie auf, wich zurück und wollte an ihm vorbei zur Tür hinausstürzen, doch ihr rechtes Bein versagt e seinen Dienst, knickte unter ihr ein wie ein zerbrechliches Streichholz, sodass sie stattdessen gegen Simon fiel, der sich ihr in den Weg stellte. Kräftige Arme umschlangen ihren Körper wie einen Schraubstock, während sein heißer Atem ihre Wange traf. Sara, die mittlerweile völlig kopflos war, begann augenblicklich zu schreien. Schlagartig veränderte sich Simons Gesichtsausdruck, plötzlich spiegelte es pure Arroganz und Wut wieder.
„Was soll das? Ich kann mir nicht vorstellen, dass du dich gegen Jack so wehren würdest. Im Gegenteil, ihm hast du dich schamlos an den Hals geworfen. N iemand , und schon gar nicht die Frau, die mir gehört“, seine Stimme wurde eiskalt, „betrügt mich ungestraft!“
Sein Mund
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