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Wolfgang Hohlbein -

Wolfgang Hohlbein -

Titel: Wolfgang Hohlbein - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Inquisito
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Spalier, das das Haus und seine Insassen anstarrte. Und er bezweifelte mit einem Male, daß diese Feindseligkeit nur Katrin galt.
    »Was . . . war das?« fragte er verwirrt.
    Katrin blickte ihn nur erschrocken an, aber Bresser lachte ein leises, betrunkenes Lachen. »Ich habe Euch ja gewarnt, Pater«, sagte er, wobei er das Wort Pater auf eine Art und Weise betonte, daß Tobias es unter allen anderen nur denkbaren Umständen als Beleidigung aufgefaßt hätte. »Die Leute hier fürchten die Hexe. Was glaubt Ihr, warum ich nicht wollte, daß sie weiter unter meinem Dach lebt?«
    »Das war keine Furcht«, widersprach Tobias. Er wollte noch mehr sagen, aber dann wurde ihm jäh bewußt, daß Katrin ja neben ihm stand und jedes Wort hörte. Er deutete mit einer Kopfbewegung auf die nach oben führende Treppe.
    »Kommt!«
    302
    Sie gingen nach oben. Katrins Schritte wurden langsamer, als sie begriff, wohin ihr Weg führte. Kurz bevor sie die Kammer im Turm betrat, blieb sie stehen. Der Blick, mit dem sie Tobias musterte, verriet, wie aufgewühlt sie innerlich war.
    Tobias lächelte aufmunternd und betrat als erster die Zelle. »Komm«, sagte er.
    Katrin zögerte. Und wahrscheinlich war es einzig Bressers Anwesenheit, die sie dann doch weitergehen ließ. Aber sie zitterte so heftig, daß sie die wenigen Schritte bis zur Tür kaum schaffte. Aus großen, angstvoll geweiteten Augen sah sie sich um. Der Raum mochte sich verändert haben, begriff Tobias, für sie aber würde er stets so etwas wie ein Vorhof der Hölle bleiben. Es war der Ort, an dem sie beinahe einen qualvollen, einsamen Tod gestorben wäre.
    »Hab keine Angst«, sagte er. »Du bist hier sicher. Viel sicherer als in Bressers Haus.«
    Er bezweifelte, ob Katrin seine Worte überhaupt wahrnahm. Ihr Blick irrte über die grauen, rissigen Wände, über den Winkel an der Wand unter dem Fenster, in dem Tobias sie gefunden hatte. Aus dem Stein ragten noch die stählernen Ösen, an denen die Kette befestigt gewesen war.
    »Ich . . . will nicht . . . hierbleiben«, flüsterte sie mit bebender Stimme.
    »Aber es muß sein«, widersprach Tobias. Er versuchte, ihr mit Blicken zu signalisieren, daß er nicht frei sprechen konnte, schließlich war Bresser bei ihnen und hörte jedes Wort, auch wenn er betrunken war. Tobias zweifelte nicht daran, daß der dicke Bresser jedes Wort getreulich dem Grafen übermitteln würde. Aber Katrin bemerkte auch dieses geheime Zeichen nicht. Sie hatte einfach nur Angst. Panische Angst.
    »Ich ... ich will nicht«, sagte sie noch einmal.
    Tobias seufzte tief, schüttelte den Kopf und streckte die Hand nach ihr aus. Katrin wich erschrocken einen Schritt vor ihm zurück, bis sie gegen die Wand stieß und
    erschrocken zusammenfuhr. »Dir wird nichts geschehen, das verspreche ich«, sagte Tobias leise. »Du wirst auch nicht lange hier bleiben müssen.«
    303
    Er war sich der Gefahr, die dieser letzte Satz enthielt, vollkommen bewußt. Bresser mochte sich an diese Worte erinnern, wenn er das Urteil sprach. Aber er spürte, daß Katrin drohte, vollends die Beherrschung zu verlieren.
    Er trat auf Bresser zu und streckte die Hand aus. »Den Schlüssel.«
    Bresser zögerte. Der Alkohol hatte ihn mutiger werden lassen. Aber dann griff er doch unter sein Wams und zog einen großen, schon halb, verrosteten Schlüssel mit einem gewaltigen Bart hervor, den er in Tobias ausgestreckte Hand fallen ließ.
    Tobias schloß die Finger darum, drehte sich wieder zu Katrin und hielt den Schlüssel in die Höhe. »Ich werde persönlich hinter dir abschließen«, sagte er. »Das ist der einzige Schlüssel, den es gibt, außer dem, den der Graf hat. Niemand kommt hier ohne mein Einverständnis herein.«
    »Aber ich . . . ich will nicht hierbleiben, ich kann nicht.«
    »Jetzt reicht es!« sagte Tobias in einem dermaßen scharfen, unerwarteten Ton, daß Katrin zusammenfuhr und ihn überrascht und erschrocken zugleich anblickte. »Ich habe dich hier herausgeholt, weil du mehr tot als lebendig warst, aber jetzt hast du dich erholt und wie du siehst, haben wir versucht, aus diesem Loch eine menschenwürdige Behausung zu machen. Worüber also beschwerst du dich? Ich hätte dich ebensogut wieder in Ketten legen können.« Er versuchte, Katrin mit Blicken zu signalisieren, daß diese Worte einzig und allein Bresser galten, aber sie bemerkte seine versteckten Signale nicht. Ihr Gesicht hatte alle Farbe verloren. Sie hob die Hände, machte einen Schritt, blieb wieder stehen und

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