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Wolfgang Hohlbein -

Wolfgang Hohlbein -

Titel: Wolfgang Hohlbein - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Inquisito
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dem Handrücken über die Lippen. Sein Blick flackerte. »Warum . . . ruht Ihr Euch nicht eine Stunde aus, und ich komme und wecke Euch, sobald sie zurück ist?«
    »Ihr wollt mir nicht erzählen, daß es keinen zweiten Schlüssel zu diesem Turm gibt«, sagte Tobias kalt.
    »Natürlich gibt es den«, antwortete Bresser hastig. »Der Graf besitzt einen zweiten Schlüssel. Und auch Verkolt hatte einen. Aber all seine Sachen wurden aufs Schloß gebracht, gleich nach seinem Tod.«
    »Warum?«
    »Er war ein reicher Mann«, antwortete Bresser. »Der Graf hatte Angst vor Dieben - und auch davor, daß die Hexe sich alles nehmen und damit bei Nacht und Nebel verschwinden könnte. Außerdem glaube ich, daß Beweise darunter waren.«
    »Beweise? Wofür?«
    »Für die Untaten der Hexe.«
    Tobias starrte ihn an. Allmählich machten ihn Bressers Worte nicht mehr ärgerlich, sondern wütend. Er konnte all dieses dumme Gerede von Zauberei und Hexenwerk nicht mehr hören.
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    »Gibt es einen Schmied in dieser Stadt?« fragte er.
    Bresser nickte. »Sicher.«
    »Versteht er sein Handwerk?«
    »Niemand hat sich bisher über ihn beschwert«, antwortete Bresser. »Warum fragt ihr?«
    »Dann laßt uns gehen und ihn holen«, sagte Tobias und trat an Bresser vorbei zur Tür. »Wenn er sein Handwerk versteht, wie Ihr sagt, wird es ihm sicherlich keine Schwierigkeiten bereiten, das Schloß zum Turm aufzubrechen, ohne allzu großen Schaden anzurichten.«
    Tobias konnte beinahe fühlen, wie Bresser bleich wurde.
    Er besaß nicht die Dreistigkeit, ihn festzuhalten, aber er schlüpfte mit einer hastigen Bewegung hinter ihm durch die Tür und drängte sich an ihm vorbei, so daß Tobias wieder stehenbleiben mußte, wollte er ihn nicht gewaltsam aus dem Weg schieben.
    »Ich bitte Euch, Pater!« sagte er beschwörend. »Das könnt Ihr nicht tun! Das Haus ist Besitz des Grafen. Ihr könnt nicht das Schloß aufbrechen lassen, ohne . . .«
    »Oh, ich denke, ich kann«, unterbrach ihn Tobias kühl.
    »Macht Euch keine Sorgen. Ich werde die Verantwortung übernehmen. Und den Schaden werde ich ersetzen, sollte einer entstehen. Ich trag' eine gewisse Summe bei mir, über die ich nach Belieben verfügen kann.«
    Es bereitete Tobias ein geradezu diebisches Vergnügen, zuzusehen, wie Bresser verzweifelt nach einer weiteren Ausrede suchte. Schließlich tat er doch, was er eigentlich nicht hatte tun wollen: Er streckte die Hand aus und schob den kleinen Mann einfach beiseite.
    »Ich bitte Euch, Pater - das ist doch wirklich nicht nötig!« Bresser folgte ihm schwitzend und händeringend die Treppe hinab. »Der Schmied wird so lange brauchen, um die Tür zu öffnen, wie meine Frau, um zurückzukommen. Und glaubt mir - der Graf wird nicht sehr erbaut sein, wenn Ihr sein Eigentum beschädigt.«
    Tobias blieb mitten auf der Treppe stehen und drehte sich zu Bresser herum. Er war nicht besonders erbaut davon, bedroht zu werden. Da Bresser hinter ihm stand, war er für 52
    den Moment sogar ein Stück größer als Pater Tobias. Trotzdem schien er unter Tobias' Blick zusammenzuzucken.
    »Ein albernes Türschloß, wenn es um das Seelenheil einer ganzen Stadt geht?« fragte er spöttisch. »Ich bitte Euch!«
    Bresser verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Er ... er wird mich zur Verantwortung ziehen, Pater«, sagte er.
    Als letzte Rettung versuchte er, an Tobias' Mitgefühl zu appellieren. Was für ein erbärmlicher Geist! »Ich werde ihm sagen, daß ich darauf bestanden habe«, entgegnete Tobias.
    »Gegen Euren Willen. Und nun macht Euch keine Sorgen.
    Geht und holt diesen Schmied - oder noch besser: Zeigt mir den Weg.« Damit du nicht auf die Idee kommst, ihn wegzuschicken und mir zu erzählen, er wäre zufällig nicht in der Stadt,
    Bresser kapitulierte. Vor Tobias' Augen sackte er regel-recht in sich zusammen, wie ein Blasebalg, aus dem die Luft entwich. »Wenn Ihr darauf besteht . . .«
    »Das tue ich«, bestätigte Tobias noch einmal. Er ging rasch die Treppe hinab und trat geduckt einen Schritt zur Seite, um Bresser Platz zu machen. Hinter einer der Türen drangen Geräusche hervor, und Tobias registrierte voller Schaden-freude, wie Bresser zusammenfuhr und ihm einen verstohle-nen Blick zuwarf. Tobias ließ sich nichts anmerken - aber dann, ganz plötzlich, begriff er, wie kindisch er sich benahm, und er ärgerte sich wieder; über Bresser, aber auch über sich selbst. Mit seiner tumben, schwerfälligen Art hatte Bresser es doch tatsächlich geschafft, daß Tobias

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