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Wolfgang Hohlbein -

Wolfgang Hohlbein -

Titel: Wolfgang Hohlbein - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Inquisito
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Atemzügen, die aus keiner menschlichen Kehle drangen. In den Schatten, mit denen das Mondlicht das Zimmer füllte, meinte er kriechende Bewegungen wahrzunehmen, und in Katrins gleichmäßigen Atemzügen ein unheimliches Flüstern und Wispern, wie die Stimmen satanischer Kinder, die sich böse Geschichten erzählten.
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    Irgendwann - es mußte Mitternacht sein, aber er war nicht sicher, denn er konnte auch seinem Zeitgefühl nicht mehr trauen - stand er auf, überzeugte sich mit einem raschen Blick davon, daß es Katrin gutging, und trat ans Fenster.
    Die Stadt lag dunkel und reglos unter ihm, eine einzige finstere Schattenmasse, in der die Umrisse der Häuser nur zu erahnen waren, nicht wirklich zu sehen, nun selbst ein Pfuhl, ein finsterer Höllenschlund, in dem Knochenmänner wandelten. Tobias wollte sich zwingen, nach den schwarzen Gestalten Ausschau zu halten, die ihn so erschreckt hatten, aber sein Blick schrak vor dem Bild der Stadt zurück und wanderte ohne sein Zutun, ja, fast gegen seinen Willen über den Stadtwall hinaus nach Westen, über die Felder, die abgeerntet im Licht des Mondes dalagen, und hin zu dem kleinen Wald, in dem der Pfuhl lag.
    Zwischen den Bäumen tanzte ein Licht.
    Im ersten Moment glaubte Tobias fast, daß es sich nur um einen neuen Streich handelte, den ihm seine überbean-spruchten Nerven spielten; er wußte, daß Übermüdung durchaus dazu führen konnte, daß man Dinge sah, die gar nicht da waren. Er blinzelte ein paarmal, fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen und sah noch einmal hin.
    Das Bild blieb. Der Wald war nur als finstere Masse in der Nacht zu erkennen, ein unregelmäßig geformter Schatten mit struppigen Rändern, aber ziemlich genau in seiner Mitte war ein blasses, bläuliches Leuchten auszumachen. Ein Feuer?
    Er blieb eine Weile reglos so stehen und sah zum Wald hin-
    über, aber das Licht blieb. Es änderte sich nicht, wurde weder blasser noch heller, was eigentlich bewies, daß dort drüben nichts brannte. Und daß jemand an diesen schrecklichen Ort gegangen war und dort mitten in der Nacht ein Feuer entzündet hatte . . . nein, das konnte Pater Tobias sich beim besten Willen nicht vorstellen. Und außerdem stimmte die Farbe nicht. Sie schwankte zwischen Blau und einem unheimlichen lodernden Grün, wie es Tobias noch nie zuvor gesehen hatte.
    Aber was war dieses unheimliche Leuchten dann?
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    Er mußte an Bressers Worte denken. Er hatte sie nicht ernst genommen, die vermeintlichen Laute und Lichter für reine Hirngespinste gehalten - aber jetzt sah er sie selbst.
    Etwas geschah an jenem höllischen Platz im Wald. Aber was? Und vor allem - es hatte nichts mit Katrin zu tun. Die Hexe, der man diese unheimlichen Dinge zuschrieb, lag mehr tot als lebendig in seiner Kammer.
    Einen Moment lang spielte er ernsthaft mit dem Gedanken, hinunterzugehen und zum Wald zu laufen, um der Ursache dieses unheimlichen Leuchtens auf den Grund zu gehen. Aber wirklich nur einen Moment lang. Er hatte keine Angst vor dem Wald oder dem, was er darin finden mochte.
    Er hatte Angst vor der Stadt. Er konnte den Wald nicht erreichen, ohne die Stadt zu durchqueren, und das wiederum bedeutete, sich ein zweites Mal den fürchterlichen Schatten zu stellen. Nein. Unmöglich. Er war ein schwacher Mensch, und selbst Gottes Liebe brachte ihn nicht dazu, sich einer grauslichen Dämonenbrut entgegenzustellen.
    Einen Moment lang erwog er die Möglichkeit, hinunterzugehen und Bresser zu wecken, um ihm das Licht zu zeigen und ihn zu fragen, was er jetzt davon hielt, wo die angebliche Hexe doch neben ihnen lag. Aber es hätte nichts genutzt.
    Nicht bei Bresser.
    Das Leuchten war eine gute halbe Stunde zu sehen, und selbst als es schließlich zu verblassen begann und dann ganz verschwand, stand Tobias noch lange Zeit am Fenster und starrte hinaus, ehe er sich endlich wieder umwandte und zu seinem Hocker zurückging. Er war verwirrt. Er hatte so etwas noch nie gesehen; ja, noch nie davon gehört. Nicht einmal in einem seiner Bücher hatte er je von einem solch unheimlichen Licht gelesen.
    Trotzdem war er weiter denn je davon entfernt, an Hexerei zu glauben. Es würde - mußte - eine logische Erklärung für all dies geben. Schon um Katrins willen.
    Jemand klopfte ganz leise gegen die Tür.
    Tobias richtete sich erschrocken hoch, riß die Augen auf und lächelte erleichtert, als er Marias Stimme erkannte, die gedämpft durch das Holz drang. »Herr? Seid Ihr noch wach?«
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    »Ja. Kommt nur

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