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Wolfgang Hohlbein -

Wolfgang Hohlbein -

Titel: Wolfgang Hohlbein - Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Inquisito
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hatte, wie Säure brannte. Und sie stank bestialisch. Hastig stellte Tobias den Krug wieder zurück auf den Tisch, wischte sich die Hände an einem herumliegenden Tuch ab -
    - und sah plötzlich erstaunt auf seine eigenen Finger.
    Er kannte diesen Geruch. Er war nicht ganz so intensiv wie im Wald, aber es war ganz zweifellos der gleiche Gestank, der vom Pfuhl ausging.
    Verblüfft griff er ein zweites Mal nach dem Tonkrug, entfernte den Lappen, mit dem er verschlossen war und roch an der Flüssigkeit. Einen Moment später stopfte er ihn hastig wieder zurück und verzog angewidert das Gesicht. Es konnte keinen Zweifel geben - das Wasser in diesem Krug stammte aus dem See im Wald. Aber was um alles in der Welt wollte der Graf damit?
    »Seid Ihr zufrieden?«
    Tobias fuhr erschrocken herum und blickte in Theowulfs Gesicht. Es war dunkel vor Zorn, und seine Augen flammten so wütend, daß Tobias unwillkürlich einen Schritt zurückwich.
    »Mit dem, was Ihr gefunden habt?« fügte Theowulf im gleichen Tonfall hinzu. »Das ist es doch, was Ihr gesucht habt, nicht wahr?«
    »Ich . . . verzeiht . . . Ich wollte -«
    »Ihr habt Euch sicher nur verirrt und nach dem Ausgang gesucht, nicht wahr?« fiel ihm Theowulf ins Wort.
    Tobias blickte den jungen Grafen mit immer größerer Verstörtheit an. Er verstand seinen Zorn nicht. Er war hier eingedrungen, ohne um Erlaubnis zu fragen, und vermutlich war dieser Raum etwas, das Theowulf sorgsam vor neugierigen Blicken versteckt hatte; Grund genug, verärgert zu sein.
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    Aber kein Grund für eine solche Wut. Was er in Theowulfs Augen sah, war blanke Mordlust.
    »Ich . . . habe mich in der Tat verlaufen«, erwiderte er stockend. »Ein Kind - einen Jungen, um genau zu sein. Ich wollte ihn nach dem Weg fragen, aber er ist einfach wegge-laufen.«
    Der Zorn in Theowulfs Blick verschwand; für einen kurzen Moment schien der Graf aufzuatmen.
    »Einen Jungen?« vergewisserte er sich. »Hier gibt es keine Kinder -« Plötzlich trat ein überraschter Ausdruck auf seine Züge. »Oh«, sagte er dann, »ich verstehe. Ihr meint den Sohn der Zigeunerin.«
    Nun war es Tobias, der überrascht war. »Zigeunerin?«
    Theowulf nickte. »Eine arme Frau. Ich habe sie vor ein paar Tagen im Wald gefunden. Ihre Leute haben sie davongejagt, weil sie ein Kind erwartete, und sie hat es ganz allein dort draußen bekommen und verloren. Sie war mehr tot als lebendig, als ich sie und den Jungen fand.«
    Er lachte, es klang nicht ganz echt, und der Blick, mit dem er Tobias dabei maß, war zu fröhlich, um irgendwie anders als aufgesetzt zu wirken. »Der Kleine ist ein richtiger Teu-felsbraten. Ihr hättet sehen sollen, wie er sich gewehrt hat, als ich versucht habe, seine Mutter auch nur anzufassen.«
    Tobias hatte es nicht nur gesehen, er hatte am eigenen Leib gespürt, wozu dieser Knabe imstande war. Aber er hatte auch gehört, was seine Mutter erzählt hatte, und das war eine ganz andere Geschichte gewesen als die, die der Graf ihm auftischte.
    Er räusperte sich übertrieben, um das Thema für beendet zu erklären, und sah sich mit einer Mischung aus Neugier und unverhohlener Bewunderung in der Kammer um.
    »Es tut mir wirklich leid, daß ich hier eingedrungen bin, Graf«, sagte er. »Aber ich muß auch gestehen, daß es mich überrascht. Ihr versucht Euch als Alchimist?«
    Theowulf zog eine Grimasse und schüttelte mit einem entsagungsvollen Seufzer den Kopf. »Ich wollte, ich wäre es«, sagte er. »Ich habe Euch erzählt, daß mich die Wissenschaften interessieren.«
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    Tobias nickte.
    »Nun, dann bleibt es nicht aus, daß man das eine oder andere auch selbst auszuprobieren versucht«, fuhr Theowulf fort. Er lächelte Tobias an und schlenderte an ihm vorüber.
    Die raschen, fast angstvollen Blicke, mit denen er die Regale, die Tische und die darauf aufgebauten Utensilien betrachtete, entgingen dem Mönch keineswegs. Theowulf suchte etwas, etwas, von dem er nicht ganz sicher war, ob Tobias es gesehen hatte.
    »Leider bin ich nie über das Stadium eines Zauberlehrlings hinausgekommen«, fuhr Theowulf spöttisch fort.
    »Wenn ich das Wort in Eurer Gegenwart benutzen darf, Pater Tobias.«
    Tobias blieb ernst. »Das hier sieht nicht nach dem Werk eines Lehrlings aus«, sagte er betont. Nachdenklich blickte er auf den Krug mit dem stinkenden Wasser und berührte ihn mit der Hand. »Ihr experimentiert mit Wasser aus dem Pfuhl?«
    Theowulfs Lächeln wirkte noch verkrampfter. »Ja«,
    gestand er. Er hatte den Tisch

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