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Wolfsdunkel -7-

Wolfsdunkel -7-

Titel: Wolfsdunkel -7- Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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wissen.
    „Sieht aus wie von einem Apfelbaum. Ohne das Hakenkreuz hätte ich angenommen, dass dieses Rindenstück von selbst abgefallen ist. Der Baum muss vom Blitz getroffen worden sein – auf dem Stamm ist eine lange, schwarze Brandnarbe –, aber er hat überlebt. Manchmal ist die Natur wirklich erstaunlich.“
    Grace steckte das Rindenstück in ihre Tasche und griff wieder zu ihrem Glas. „Es ist nett hier.“
    „Ja. Ich hatte dich vermisst.“
    Ihr Gesichtsausdruck, der offen und entspannt gewesen war, wurde verschlossen. „Du hast eine seltsame Art, das zu zeigen.“
    „Was soll das denn heißen?“
    „Freunde gehen nicht einfach weg, ohne sich zu verabschieden. Beste Freundinnen hören nicht auf anzurufen, und sie schreiben nicht nur eine Karte zu Weihnachten.“
    „Ich weiß. Es tut mir leid. Diese Stadt. Mein Vater, die Leute … “ Ich holte tief Luft und rief mir ins Gedächtnis, wie eingesperrt ich mich hier gefühlt hatte. „Ich wollte ein neues Leben beginnen.“
    „Und ich war Teil des alten. Also, was hat sich verändert?“
    „Ich.“
    Das Wort schwebte zwischen uns in der Luft – eine Brücke zu einem Geheimnis, das ich nicht preisgeben wollte.
    „Was ist in Atlanta passiert, Claire? Was hat dich dazu gebracht, nach Hause zu laufen, um dich hier zu verstecken?“
    „Ich glaube kaum, dass das Bürgermeisteramt eine gute Möglichkeit ist, sich zu verstecken.“
    „Du weißt, worauf ich hinauswill.“
    Das wusste ich. Nur Grace würde erkennen, dass sich an mir etwas verändert hatte. Nur Grace würde den Mumm haben, mich danach zu fragen, und nur bei Grace würde ich mich genötigt fühlen, alles zu erzählen.
    „Ich habe jemandem vertraut, und er hat mich verletzt.“
    „Willkommen im Club“, murmelte sie.
    Mir war nicht bewusst gewesen, wie sehr ihr mein Fortgehen zugesetzt hatte. Ich hätte es wissen müssen. Grace war schwierig, um es milde auszudrücken, und sie konnte eine ziemliche Nervensäge sein. Ich bezweifelte, dass ihr die Mädchen die Tür einrannten, um sich für den Job als beste Freundin zu bewerben, oder dass sie, so wie die Dinge lagen, oft von Männern zu einem Rendezvous eingeladen wurde.
    Mit dem Polizeichef zu schlafen, mochte seinen Reiz haben, aber im Land der Macho-Männer, in dessen exakter Mitte wir uns befanden, wäre es wahrscheinlich eine eher peinliche Angelegenheit. Dass Lake Bluff einen weiblichen Bürgermeister und einen weiblichen Sheriff hatte, war überaus fortschrittlich, trotzdem bedeutete es noch lange nicht, dass die Kerle mit uns gesehen werden wollten.
    Was vermutlich ein weiterer Grund war, warum ich die Heimreise angetreten hatte. Hier musste ich nicht befürchten, dass mir die Männer nachstellten. Zumindest hatte das gegolten, bis Malachi Cartwright auf der Bildfläche erschienen war.
    „Ich habe mir die Polizeiberichte angesehen“, sagte Grace leise.
    Mein Blick zuckte zu ihr. Im ersten Moment dachte ich, sie meinte die aus Atlanta, und mein Herz begann zu rasen, ohne dass ich wusste, warum. Sie würde dort nichts finden. Dann dämmerte mir, dass sie über Cartwright und seine bunt gekleidete Zigeunertruppe sprach.
    „Was hast du herausgefunden?“
    „Nichts Außergewöhnliches für Städte, die ein Festival abhalten, zu dem jede Menge Auswärtige strömen.“ Sie nippte an ihrem Wein. „Schlägereien. Überfälle. Augenzeugenberichte über seltsame Geschöpfe, die sich nur bei Nacht zeigen.“
    „Zum Beispiel Wölfe?“
    „Mitunter. Außerdem riesige Fledermäuse, Wildkatzen, Zombies, Geister und in einem Fall ein Drache.“
    „Und das findest du nicht außergewöhnlich?“
    „Nicht, wenn man all die Zechgelage bedenkt.“
    „Hm.“
    „Und da ich schon mal dabei war, habe ich auch gleich noch die Polizeiberichte aus Atlanta gecheckt.“
    Mein Herzschlag, der gerade angefangen hatte, sich zu beruhigen, wurde wieder schneller. „Die Zigeuner waren in Atlanta?“
    „Nein. Aber du.“
    „Du glaubst, dass ich aktenkundig wurde?“
    „Ich hatte gehofft, dass du zur Anzeige gebracht hättest, was auch immer dir dort widerfahren ist.“
    Ich schüttelte den Kopf. Das hatte ich nicht gekonnt.
    „Wenn du sagst, dass jemand, dem du vertrautest, dich verletzt hat, sprichst du dabei nicht nur von deinen Gefühlen, oder?“
    „Wie kommst du darauf?“ Meine Stimme zitterte. Verdammt. Ich wollte nicht darüber reden.
    „Ich kenne dich“, fuhr sie fort. „Du hättest Atlanta und anschließend den Rest der Welt im Sturm erobert.

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