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Wolfsfieber - Band 2

Wolfsfieber - Band 2

Titel: Wolfsfieber - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Adelmann
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ein wenig, aber je mehr Mitleid er mit mir hatte und je schlimmer er meine Verletzung vermutete, desto eher war er bereit zu tun, worum ich ihn bitten würde.
    „Oh, das tut mir leid. Ist es sehr schlimm?“, fragt er fürsorglich. So ruhig und besorgt kannte ich ihn gar nicht. Jetzt war ich doppelt so froh, dass ich hergekommen war und getan hatte, was ich tat.
    „Na ja, es geht so. Aber könntest du mich bitte in die Ambulanz bringen. Ich fürchte, es muss genäht werden, und ich glaube nicht, dass ich damit die ganze Strecke bis nach Wart schaffe“, meinte ich, ihm die Wunde hinhaltend, damit er sich davon überzeugen konnte. Er verzog das Gesicht beim Anblick von so viel Blut und einer klaffenden Wunde. Ganz brüderlich sagt er dann:
    „Selbstverständlich fahre ich dich. Es war ja schon echt dumm, selbst hierher zu fahren. Wieso hast du mich nicht einfach angerufen?“, wollte er berechtigterweise von mir wissen.
    „Ich konnte mein Handy nirgends finden“, log ich wie aus der Pistole geschossen. Diese Lügensache klappt bei mir unter Stress offenbar besser, bemerkt ich etwas irritiert.
    „Aha. Na dann lass uns mal schnell fahren“, bemerkte er knapp. Er überprüfte kurz seine Hosentaschen nach seinem Autoschlüssel. Offenbar waren sie da, denn er zog mich an der Schulter meines unverletzten Armes weiter. Mit schnellen Schritten gingen wir schweigend zum Wagen, wofür ich dankbar war. Ich hätte jetzt nicht plaudern können. Meine Gedanken kreisten um eine Handvoll Wölfe, die bestimmt schon auf dem Weg hierher waren oder längst um den See herum lauerten und auf die Ankunft von Farkas und seinen zwei Kriegern warteten. Wie hätte ich das Viktor je erklären können. Nein, Valentin hatte recht. Die einzig mögliche Art, damit umzu-gehen, war zu lügen. Hätte mein Bruder Bescheid gewusst, hätte ihn das nur noch tiefer in alles mit hineingezogen.
    „Alles in Ordnung?“, fragte Viktor mich im Auto. Diese Frage hatte ich in den letzten Stunden schon zu oft gehört, um darauf noch spontan reagieren zu können.
    „Bis auf die schmerzende Wunde, alles prima“, merkte ich mit einem aufgesetzten Grinsen an, das er erwiderte, ohne an seiner Echtheit zu zweifeln.
    Wir fuhren schnell. Aber wir rasten nicht. Schneckentempo wäre mir lieber gewesen. Denn je schneller wir dort waren, desto eher würde Viktor darauf drängen, wieder zurück ins Zelt-lager zu wollen. Aber genau das war nicht der Plan.
    „Könntest du etwas langsamer fahren“, bat ich ihn. „Von der Geschwindigkeit wird mir ein wenig schlecht“, log ich erneut. Ich hielt mir den Bauch und versuchte möglichst schwach auszusehen.
    „Ja, kein Problem“, sagte er und verbrachte den Rest der Fahrt damit, die längere Zeit auszunützen, um seiner Frau Paula zu sagen, was passiert war und wo er sich befand. „Sie hält sich tapfer. War ja klar“, hörte ich ihn am Mobiltelefon sagen, wo-raufhin er mir zuzwinkerte. Viktor war schon immer der Optimist von uns beiden.
    Zu schnell fanden wir einen Parkplatz. Um diese Zeit war der Platz fast leer gefegt. Wir gingen zum Haupteingang, wo uns ein übermüdeter Pförtner zur Begrüßung zunickte. Leider kannte sich Viktor hier ebenso gut aus wie ich, weil unsere Mutter viele Jahre hier als Krankenschwester gearbeitet hatte. Ich hoffte inständig, dass er wegen dieser Sache nicht meine Eltern auf ihrer Reise stören würde. Es war besser, wenn sie davon und von so vielen anderen Dingen in meinem Leben nichts mitbekamen. Besser für sie und besser für mich. Viktor bugsierte mich in den Aufzug zur Notaufnahme, wo ich feststellte, dass mein Hemd mittlerweile komplett mit meinem Blut vollgesogen war. Sieh einfach nicht hin!, empfahl ich mir selbst. Es half. In der Notaufnahme angekommen, ließ ich mich erschöpft auf einen der hässlichen Plastikstühle fallen. Sofort umwehte mich der grauenhafte Krankenhausgeruch, der verhinderte, dass ich Carla öfter hier besuchte. Der beißende Geruch des Linoleums zusammen mit dem Desinfektionsgestank drehte mir den Magen um und zum ersten Mal fühlte ich mich tatsächlich verwundet, als gehörte ich hierher. Gut, wenn ich abgespannt und grün im Gesicht bin, dann behalten sie mich vielleicht länger da.
    Ungeschickt fingerte ich mit einer Hand meine Versicherungskarte aus meiner Brieftasche und gab sie Viktor, damit er die Sache am Empfang regeln konnte. Man gab ihm ein paar Zettel, die er schnell mit mir durchging. Ich antwortete etwas zögerlicher, als ich es

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