Wolfsfieber - Band 2
wirklich nach.
„Ja. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie die Verwandlung abwarten, damit sie als Wölfe angreifen können“, murmelte er widerstrebend.
„Jetzt versteh ich, was du mit dem grauenhaften Timing meinst“, nuschelte ich vor mich hin. Der Motor des Camaros heulte erneut auf. Istvan trieb ihn auf Hochtouren, ohne ihm einen Moment der Abkühlung zu gönnen. Eine unerträgliche Zeit lang, war es ganz still in dem engen Camaro. Was gab es denn noch zu sagen?
Istvan konzentrierte sich auf die Landstraßen, nachdem wir die Autobahn verlassen hatten, und ich verstrickte mich in meine aufkeimenden Schuldgefühlen. Wieso hatte ich nur darauf bestehen müssen, die Handys für vierundzwanzig Stunden auszuschalten? Unser Venedigtag wäre auch mit Mobiltelefonen genauso wundervoll gewesen. Wie dumm und gedankenlos von mir , materte ich mich in Gedanken unzählige Male.
„Wie konnte ich nur so dumm sein und dich zwingen, das Handy auszumachen, nur weil ich dich ganz für mich wollte? Wie kann man nur so gedankenlos und egoistisch sein?“, schimpfte ich jetzt im Flüsterton mit mir selbst und schüttelte heftig den Kopf, weil ich meine eigene Unvernunft nicht fassen konnte. Ich wollte gar nicht mehr damit aufhören. Immer wieder wiederholte ich meine Selbstvorwürfe. Erst eine hef-tige Bremsung riss mich aus meiner versunkenen Selbstanklage. Ich wurde hart gegen den Sicherheitsgurt geschleuderte, ehe ich erschrocken den Kopf nach Istvan umdrehte. Er starrte mich aufgebracht und wütend an. Noch nie war er mir so ungehalten und schön vorgekommen wie in dieser Sekunde. Das Grün seiner Augen brannte lichterloh, als er mit seiner tiefen Stimme, rau und bestimmt, eintrichterte:
„Hör sofort auf damit! Es gibt nichts, was du falsch gemacht hast und es gibt nichts zu bedauern. Ich bereue diesen Tag nicht und du sollst das auch nicht, egal, was noch geschieht.“ Er brüllte mich förmlich an. „Hast du das verstanden, Joe?“
Ich nickte eingeschüchtert und sah beschämt zu Boden. Wie konnte ich nur meine dummen Gedanken ausgerechnet vor ihm laut äußern? Das war mehr als gedankenlos von mir gewesen und es entsprach auch nicht der Wahrheit. Ich bereute natürlich keine Sekunde davon. Niemals.
„So habe ich es nicht gemeint, Istvan“, versuchte ich meinen Ausrutscher wieder gut zu machen.
„Gut“, urteilte er erleichtert, aber dennoch angespannt und ließ den Wagen wieder an. Bevor er jedoch wieder losbrausen konnte, zog ich ihn an seinem Hemdkragen zu mir herüber und legte meine Wange an seine kratzigen Stoppeln.
„So war es wirklich nicht gemeint. Ich bereue nichts. Glaubst du mir?“, flüsterte ich ihm ins Ohr. Ich hatte Angst, dass er es nicht tat.
Seine brandheiße Hand strich ganz leicht über meinen Rücken.
„Ja, ich glaube dir“, sagte er unbeteiligt, „dein Herzschlag kann nicht lügen. Er lügt nie“, brummte er zufriedener, ehe er mich sanft in meinen Sitz zurückdrängte, damit er weiterfahren konnte.
Den Rest der Fahrt musste ich deswegen nicht nur meine aufsteigende Angst unter Kontrolle halten, sondern auch der Wunsch, Istvan nahe sein zu wollen, der mit dem Hämmern meines Pulses aufgetaucht war, musste verdrängt werden. Am schlimmsten waren die letzten Kilometer über den Geschriebenstein. Die kurvigen Straßen führten leider nicht dazu, dass Istvan die Geschwindigkeit auch nur etwas verringerte. Während ich also mit einem möglichen Schleudertrauma kämpfte, hatte Istvan sich wieder auf ein absolut hohes Besorgnisniveau gepuscht. Sein Gesicht und auch sein Körper waren wieder zu der Angespanntheit vom Flughafen zurückgekehrt. Ich hätte beinahe ein Stoßgebet ausgerufen, als endlich die Abzweigung zur Jagdvilla auftauchte. Der Camaro hüpfte förmlich über die unebene Auffahrt, bis er vor dem Haus mit einem Schlingern zum Stehen kam.
„Geh sofort hinein, Joe!“, befahl er. Der Motor brummte immer noch.
„Aber, Istvan, kommst du nicht mit mir?“, fragte ich besorgt nach.
„Geh sofort ins Haus!“, wiederholte er streng. Dieser Befehlston gefiel mir gar nicht, aber ich schluckte meinen Unmut da-rüber hinunter und lief die Treppen zum Eingang hinauf.
Sofort, als ich mich anschickte, an die Tür zu klopfen, wurde sie von Serafina geöffnet, die ohne ein Grußwort an mir vorbei lief, gefolgt von Woltan und Marius. Gemeinsam stürmten sie in unmenschlicher Geschwindigkeit zu Istvan und begannen sich um die Villa herum aufzuteilen. Jeder von ihnen übernahm eine
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