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Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Titel: Wolfskrieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. D. Lachlan
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Wenn sie gegen die Felsen prallten, hatte Vali vermutlich keine großen Aussichten zu überleben. Er blickte zu Feileg hinüber und sagte sich: Der Wolfsmann hätte überhaupt keine.
    Eine große Welle schob das Boot gegen die Klippe, sie prallten hart gegen die Felswand, kamen wieder frei und drehten sich. Vali ließ das Ruder los. Jetzt konnte er nichts mehr tun, außer auf ein Wunder zu hoffen. Sie fuhren rückwärts, und die Klippen waren so nahe, dass Vali sie hätte berühren können. Einen weiteren Aufprall würde das Boot nicht überstehen. Erneut drehten sie sich um sich selbst, dann ein Knirschen, und das Boot stand still. Sie waren höchstens zwei Bootslängen vor einem schmalen Strand auf eine Sandbank aufgelaufen.
    Feileg stand auf. »Ich werde schwimmen«, verkündete er.
    »Das kannst du nicht, und wenn du dir noch so große Mühe gibst«, widersprach Vali. Er sammelte vom Boden des Bootes einen Speer, einen Bogen und ein Schwert ein. Dabei kam er sich eigenartig vor. In einem Moment schwindelte ihm, als wäre er betrunken, im nächsten war er so klar wie noch nie im Leben. »Suche die Vorräte zusammen. Wenn wir Glück haben, können wir ans Ufer waten.«
    Der Wolfsmann gehorchte, und währenddessen sprang Vali aufs Geratewohl ins Wasser, das ihm wider Erwarten nur bis zu den Oberschenkeln reichte. Er watete zum Strand, der Wolfsmann beobachtete ihn. Es ging leichter als erwartet, das Wasser reichte ihm an der tiefsten Stelle nur bis zur Brust. Feileg folgte ihm, wenn auch nur widerwillig.
    Schließlich standen sie auf einem schmalen Strand unter einer langen, zerklüfteten Steilwand aus dem roten Fels, den sie vorher schon gesehen hatten. Schweigend betrachtete Vali die Klippen. Sie waren hoch, aber unregelmäßig und leicht zu ersteigen. Ohne große Mühe gelangten sie hinauf. Feileg hielt kurz an, um einige Vogeleier an sich zu nehmen. Von oben hatten sie einen beeindruckenden Ausblick. Ein grünes Land voller Birkenwälder fiel zu ausgedehnten Fjorden hin ab, eine weite, mit Gras bedeckte Ebene erstreckte sich bis zu fernen Bergen, die sich am Horizont wie schwarze Drachen erhoben.
    Vali atmete tief durch. Er roch Rauch im Wind, dann noch etwas anderes. Bratendes Fleisch. Er schirmte die Augen mit der Hand ab. Tatsächlich, in der Nähe eines Fjords, hinter einem kleinen Hügel im Grasland, stieg eine graue Wolke auf und kräuselte sich im Wind. Dort brannte ein Feuer.
    »Was ist das für ein Land?«, fragte Feileg.
    »Weiß ich nicht«, erwiderte Vali, »aber ich habe die Absicht, es herauszufinden.«
    Sie umrundeten den Fjord bis zum offenen Weideland. Das Feuer war drei Tagesmärsche entfernt, doch Vali hatte immer noch keinen Hunger. Er dachte an das Blut, das er erbrochen hatte. Möglicherweise stimmte mit ihm etwas nicht, auch wenn er sich überhaupt nicht krank fühlte. Im Gegenteil, er fühlte sich sogar ungewöhnlich gut, wie nach dem ersten Kelch Bier, wenn man gerade eben die Wirkung spürt – die Zunge ist gelöst, der Verstand arbeitet schneller, der Körper wird wendiger, während zugleich eine Dumpfheit aufzieht, als wollten Vernunft und Unterscheidungskraft bald verblassen. In der Ferne zogen Rentierherden vorbei, der Wind würde ein Gewitter bringen.
    Feileg sammelte Kräuter, um seine Wunden zu versorgen. Dem Wolfsmann ging es nicht gut. Er schwitzte stark, ihm war offensichtlich heiß, und Vali konnte aus zehn Schritten Entfernung riechen, dass sein Atem kränklich süß roch. Der Prinz war jedes Mal äußerst gereizt, wenn er anhalten und Feileg ausruhen lassen musste. Er wollte möglichst schnell weiterziehen. Seine Wut auf Feileg hing auch mit dem Gefühl zusammen, das ihn überkommen hatte, als er auf dem Boot erwacht war. Warum ließ er ihn nicht einfach zurück? Er konnte es nicht, er fühlte sich unzertrennlich an Feileg gebunden, wie der Regen an das Land gebunden war.
    An Hemmings Hof hatte er geplant, Feileg zu töten, und sich eingeredet, das Eingreifen des Jungen habe Feileg das Leben gerettet. In Wirklichkeit hatte seine eigene Willenskraft versagt. Da seine Wahrnehmung verstärkt war und seine Gedanken neuen Wegen folgten, konnte Vali erkennen, warum er unfähig gewesen war, den Wolfsmann zu erstechen. Er empfand für ihn wie für einen Blutsverwandten. Der Gedanke drückte ihn schwer, doch so sehr er ihn abtun wollte, es ließ sich nicht verleugnen.
    Auch als ein Sturm über sie hinwegfegte, wollte Vali nicht anhalten. Das Feuer war nicht mehr zu erkennen, er

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