Wolfskrieger: Roman (German Edition)
nicht alles durch das Wasser hineinbringen, es würde ja völlig nass.«
»Dies ist der Eingang, den wir haben; warum nach einem anderen suchen?«
Feileg senkte den Blick. »Ich mag das Wasser nicht«, gab er zu.
»O Feileg.« Adisla drückte ihn. Er erwiderte ihren Blick, und sie gab ihm einen leichten Kuss auf den Mund. Feileg wusste nicht, was er sagen und erst recht nicht, was er tun sollte.
Adisla löste sich von ihm, atmete dreimal tief durch und sprang in den Teich.
48
Der Teich der Tränen
Z uerst war Saitada versehentlich nach Norden gewandert, wo es nur verlassene Höfe und Häuser gab, in denen jetzt die Ratten vor der Kälte Zuflucht suchten. Sie hatte einige nützliche Dinge gefunden – zwei verschimmelte Decken, die sie etwas wärmten, ein paar Lumpen, um das Gesicht zu bedecken, die Füße zu umwickeln und das Schwert einzupacken, außerdem einen Becher, aus dem sie geschmolzenen Schnee trinken konnte.
Es hatte drei Tage gedauert, bis sie das erste Mal eine Hütte entdeckte, von der Rauch aufstieg. Als sie Authuns Namen ausgesprochen und eine entsprechende Geste gemacht hatte, hatten die Leute lachend nach Süden gedeutet, weil er jenseits der Trollberge zu finden war. Die Einheimischen hielten sie für eine Närrin, gaben ihr aber trotzdem reichlich gute Ratschläge. Es war gefährlich, in den Süden zu reisen. Das Land rings um die Berge war verflucht. Alpträume voller Tod und Folter waren die Hänge heruntergekommen, dort in der Nähe konnte kein Mensch mehr leben. Die Hexen, so hieß es, lägen im Sterben, und ihre Magie hätte das Land vergiftet. Saitada hörte zu und schwieg. Sie konnte die Menschen verstehen, auch wenn sie nicht genau wusste, wie das möglich war.
Am Abend beschloss der Sohn des Hauses, sich näher anzusehen, was die alte Bettlerin in ihrem Bündel mit sich herumtrug, doch als er es Saitada wegnehmen wollte, fiel sein Blick auf die verbrannte Seite ihres Gesichts, und er ging unverrichteter Dinge ins Bett. Am nächsten Morgen schämte er sich für sein Verhalten und schenkte ihr einen warmen Mantel, ein Paar alte Stiefel und ein grobes Hemd, das der Hund als Decke benutzt hatte. Saitada verneigte sich, um sich für die Gastfreundschaft zu bedanken, und machte sich auf den langen Weg in den Süden.
Authuns Volk hatte ihn nicht vergessen. Auf den Gehöften und von Schäfern erfuhr sie, wohin sie gehen musste. Im Süden lag weniger Schnee, doch der Wind war grausam. Zum Glück bewahrten die Menschen die Traditionen und hießen Reisende willkommen, die ihr Land besuchten, ließen Saitada bei sich übernachten und zeigten ihr am nächsten Morgen den richtigen Weg. Schließlich erfuhr sie, dass der Herrscher zwei Tagesmärsche entfernt im Eisenwald lebte.
Nachdem er ihr Gesicht gesehen hatte, führte sie ein Jäger die halbe Strecke und erklärte ihr, wohin sie dann gehen musste – sie sollte zwischen den Birken bleiben und abwärts laufen, wo der Kiefernwald begann. Sie sollte darauf achten, dass der Abhang zu ihrer Linken und der Polarstern zu ihrer Rechten war und ansonsten auf ihr Glück vertrauen. Nachdem sie so lange im Dunkeln gelebt hatte, war sie nachts im Freien benommen und staunte über den Himmel. Und was für ein Himmel es war! Er war mit Licht durchwirkt, mit grünen und roten Wirbeln, die beinahe so aussahen, als hätten die Götter Leuchtfeuer entfacht, weil sie erfreut über das waren, was sie tat. Sie blieb jedoch nicht stehen, um nach oben zu starren. Ihr Ziel und das Bedürfnis, einen warmen Unterschlupf zu finden, trieben sie weiter.
Am folgenden Abend, es war Vollmond, traf sie ihn. Er saß auf einem Fels und blickte in einen Teich, der zum größten Teil zugefroren war. Nur an der Stelle, wo ein kleiner Wasserfall den Teich speiste, war noch kein Eis entstanden. Im Mondlicht schimmerte das lange silberne Haar des Mannes wie das Wasser, oder vielleicht wie das Wasser aussehen würde, sobald die Kälte endgültig die Oberhand gewann. Er drehte sich nicht um, sondern blickte unverwandt in den Teich. Nach einer Weile sagte er: »Suche nicht den Streit mit mir, Fremde. Es gibt wahrlich genug Witwen, die in meinen Träumen kreischen.«
Saitada antwortete nicht. Der König hatte weder Feuer noch Mantel und saß so still, dass die Dampfwolken seines gefrierenden Atems an einen Berg denken ließen, der sich in Nebel gehüllt hatte. Endlich hob er den Blick.
Kein Speerträger und kein Berserker hätten ihn zum Aufstehen bewegen können, doch für sie
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