Wolfsmondnacht (German Edition)
fließend und von der Farbe des Blutes. Sein schulterlanges Haar war Grau mit roten Irrlichtern. Wie alle des Rates besaß er einen griechischen Namen, da viele des Volkes der loup-garous aus dem Süden gekommen waren. Die Menschen wussten nichts davon.
»Zwei aus unseren Reihen sagen gegen Euch aus«, sagte Daidalos. »Die Dienerin, die Euch fand und eine Küchenmagd, die Euch gesehen haben will, wie Ihr dem Essen des Königs ein Pulver beigefügt habt.«
»Es waren Gewürze. Laurent war das Essen nie scharf genug, wie es serviert wird und er wollte niemanden brüskieren.« Es galt als unfein, sehr nachzuwürzen, so hatte sie es für ihn heimlich in der Küche gewürzt.
»Habt Ihr einen Beweis?«, fragte Agenor, der Dritte des Ältestenrates, ein Mann in langem, schwarzen Gewand. Sein langes pechschwarzes Haar war von weißen Strähnen durchzogen, ebenso wie sein Spitzbart.
Ein Raunen erhob sich im Volk der Wölfe. Die meisten waren in ihrer menschlichen Gestalt gekommen, doch zwischen ihnen befanden sich riesige Wölfe. Dann und wann sah man eines dieser Mischwesen, das Mensch und Tier zugleich war und doch keines von beidem: den loup-garou der Sagen und Legenden. Die Stimmung knisterte wie die Feuer der Fackeln, die zu den Seiten des Steinplateaus angebracht waren.
»Euer Volk liebt Euch, doch es liebte auch Laurent. Es ist zutiefst erschüttert«, sagte Thetis.
Paminas Herzschlag beschleunigte sich wie bei einem gehetzten Tier. »Glaubt man mir nicht?«
»Die Sachlage spricht gegen Euch. Eine Stimme gegen zwei und ein Tatmotiv. Ihr seid die Nächste auf dem Thron nach Laurent.«
»Ihr glaubt doch nicht, ich hätte meinen eigenen Gatten getötet? Das ist absurd.«
»Die Fakten sprechen gegen Euch.«
»Hätte ich ihn getötet, so wäre ich nicht an seiner Seite geblieben bis zu seinem Tod.«
Thetis hob eine silberne Augenbraue. »Das erscheint mir nicht ohne Sinn.«
»Wohl um die Spur zu verwischen. Es gibt eine alte Weisheit, die besagt, der Mörder bliebe in der Nähe des Tatorts. Ich plädiere für schuldig«, sagte Daidalos.
Agenor nickte, sodass eine Strähne seines schwarz-weißen Haares in sein Gesicht fiel. »Nach unserem Gesetz seid Ihr schuldig.«
»Das könnt Ihr nicht tun.« Pamina sah sich Hilfe suchend um, doch begegneten ihr entweder mitleidige Blicke oder welche, aus denen der Hass sprach. Einige wandten sich ab und gingen davon. Niemand würde ihr helfen. Sie hatte keinen Fürsprecher, nur Personen, die gegen sie aussagten oder sie allein ließen. War dies eine Verschwörung?
»In drei Nächten ist Neumond«, sagte Agenor. »Dann soll vollstreckt werden. Tod durch Köpfen und Verbrennen.« Er wandte sich um und ging davon. Sein schwarzes Gewand und das dunkle Haar verschmolzen mit der Nacht.
Pamina fühlte sich übel. Sie glaubte, sich nicht länger auf den Beinen halten zu können.
»Kommt mit mir«, sagte einer ihrer drei Gefängniswärter und zog sie mit sich. Sie betraten den Turm und liefen die Stufen hinab bis in den Kerker. Pamina sackte kraftlos nieder auf das Lager aus altem, muffigen Stroh. Schwer fiel die Gittertür hinter ihr ins Schloss. Pamina strich sich die Tränen der Verzweiflung aus dem Gesicht. Nur noch drei Nächte, dann war alles vorbei.
Kapitel 11
Pamina erwachte durch das Geräusch von Schritten auf der Treppe. Ihr Gefühl für Raum und Zeit war ihr in der ewig währenden Dunkelheit des Kerkers abhandengekommen. Kam etwa ihr Henker, um sie aus dieser lichtlosen Existenz zu befreien oder war es ein Priester, um ihr die letzte Beichte abzunehmen?
Sie blickte auf und blinzelte, als das Licht der Laterne sie blendete. Der Mann vor ihr schlug seine Kapuze zurück. Überrascht sah sie in das Gesicht ihres Halbbruders Olivier, dem Spross einer vorehelichen Liaison ihres Vaters.
»Was willst du hier?«, fragte sie.
Er lächelte. »Freust du dich denn gar nicht, mich zu sehen?«
»Das kommt drauf an, warum du gekommen bist.«
»Um dich ein letztes Mal zu sehen, Schwester. Morgen bist du tot. Die Hinrichtung ist nicht öffentlich. Wärest du kein Mitglied des Königshauses, würden sie dich vor allen Leuten hängen.«
»Um mir das zu sagen, bist du gekommen?«
Er schüttelte den Kopf. »Wie ich sagte, ich wollte dich sehen.« Der Hass in seinen Augen strafte der Sanftheit seiner Worte Lügen.
»Sehen, wie ich hier mit zerrissenen Kleidern im Dreck liege, das ist es doch, weswegen du gekommen bist?« Herausfordernd sah sie ihn an.
»Das sagst
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