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Wolkengaenger

Titel: Wolkengaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Philps , John Lahutsky
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Pflegefamilien für Wanja ausfindig gemacht. Ein Paar mit zwei älteren Söhnen
     sowie eine alleinstehende Mutter, eine »Defektologin«, die selbst in einer Anstalt arbeitete und eine Tochter im Teenageralter
     hatte. Die Entscheidung wollte Maria Wanja überlassen.
    Was weder jemand in Moskau noch in Jerusalem wusste: Es gab einen dritten Bewerber. Während Maria spätabends an ihrem Schreibtisch
     saß und die beiden Kandidaten gegeneinander abwog, saß in einer anderen Zeitzone eine Frau an ihrem Küchentisch und las wieder
     und wieder einen Artikel in ihrem Kirchenblatt, das sie tags zuvor in der russisch-orthodoxen Kirche St. Nicholas in Bethlehem,
     Pennsylvania, mitgenommen hatte. Während des Gottesdienstes hatte ein Paar aus der Gemeinde seinen jüngsten Familienzuwachs
     vorgestellt, ein kleines Mädchen aus dem Babyhaus 10. Dieses Paar hatte auch den Artikel im Kirchenblatt verfasst, doch darin
     ging es nicht um ihre eigene Adoptivtochter. Unter der Überschrift WICHTIGE MITTEILUNG berichteten sie von einem Jungen mit
     der Diagnose infantile Zerebralparese, den sie im Babyhaus 10 kennengelernt hatten. Sie beschrieben den Jungen als intelligent,
     aufgeweckt und liebenswert, doch ihm drohe Schreckliches, daher baten sie die Gemeindemitglieder, über eine Adoption nachzudenken.
    Die Frau am Küchentisch hieß Paula Lahutsky und hatte nur einen Gedanken: »Ich kann ihn zu mir nehmen.« Sie war von der Heftigkeit
     ihrer Reaktion selbst überrascht. Doch es war wie ein Fingerzeig: Sie hatte für ihren Vater, dem beide Beine amputiert worden
     waren und den sie die letzten vier Jahre seines Lebens gepflegt hatte, ein einstöckiges Haus gekauft, das geradezu perfekt
     wäre für den Jungen.
    Seit siebzehn Jahren arbeitete Paula, die alleinstehend war, als Schulpsychologin; selbst hatte sie jedoch keine Kinder. Voller
     Freude malte sie sich aus, was sie alles für den Jungen würde tun können, und wäre beinahe ihrem ersten Impuls gefolgt und
     hätte jenes Paar aus ihrer Gemeinde sofort angerufen. |267| Doch sie erkannte, dass sie im Begriff war, ausschließlich ihrem Herzen statt ihrem Verstand zu folgen, und bremste sich.
     Was würden die Leute von ihr denken? Wie kam sie auf die Idee, dass sie dem Jungen das bieten konnte, was er brauchte?
    Zwei Wochen überlegte sie hin und her, zwang sich, die Folgen dieser alles verändernden Entscheidung zu überdenken. Einerseits
     führte sie ein sorgenfreies und erfülltes Leben, hatte einen Beruf, der ihr viel abverlangte, viele Freunde, eine große Familie
     und eine Kirchengemeinde, der sie sich eng verbunden fühlte. Die Adoption eines derartig benachteiligten Kindes würde bedeuten,
     dass all das an die zweite Stelle treten müsste. Dann dachte sie darüber nach, wie viel sie zu geben hatte, und dass es Mitglieder
     in der Gemeinde gab, die Russisch sprachen. Doch ohne die Unterstützung ihrer engsten Freunde und Verwandten würde sie diese
     Aufgabe nicht bewältigen können.
    Sie beschloss, sich Rat zu holen. Einer ihrer Freunde aus Kindertagen, mit dem sie zusammen zur Highschool gegangen war und
     im College um die besten Noten gewetteifert hatte, brachte auf den Punkt, warum sie ihr Vorhaben in die Tat umsetzen sollte:
     »Du arbeitest mit Kindern, die sonderpädagogisch gefördert werden müssen, du lebst in einem ideal geeigneten, ausreichend
     großen Haus, du hast russische Wurzeln. Der Junge wird sich bei dir wohl und geborgen fühlen. Der Fall ist klar, Paula.«
    Obwohl Paula Wanja nie getroffen, noch nicht einmal ein Bild von ihm gesehen hatte, ging er ihr unerklärlicherweise nicht
     mehr aus dem Kopf. Eines Nachts erschien er ihr sogar im Traum. Sie sah einen kleinen Jungen in einem Raum voller Kinderbetten.
     »Bist du meine Mama?«, fragte er und sah ihr durch die Gitterstäbe hindurch direkt in die Augen.
    Danach gewann Paulas Wunsch, Wanja ein Zuhause zu geben, endgültig die Oberhand. Als Erstes rief sie das Paar an, das den
     Artikel geschrieben hatte. Die beiden ermutigten Paula, weiterzumachen, und erzählten ihr, was für ein intelligenter |268| und reizender Junge Wanja war. Sie erklärten Paula, dass sie für die Adoption ihrer Tochter die Hilfe eines Mannes von der
     russisch-orthodoxen Kirche in Moskau in Anspruch genommen hatten, der in Kontakt mit der orthodoxen Kirche in den USA stand.
     Paula würde sich also mit dem Hauptsitz der orthodoxen Kirche in New York in Verbindung setzen müssen.
    Regelrecht beflügelt von ihrem

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