Wolkengaenger
fort. Ungeachtet einer Erfolgsquote von 95 Prozent bei der Unterbringung traumatisierter
und misshandelter Kinder in Pflegefamilien wurde diese Form der Pflegschaft vom russischen Parlament für illegal erklärt.
Den Schikanen der Behörden zum Trotz weigert sich Maria jedoch, aufzugeben.
Rachel Smith kehrte 1999 nach Großbritannien zurück und arbeitet als Sekretärin der ARC in London.
Mascha, das kleine Mädchen aus Gruppe 2, starb kurz nach ihrer Verlegung ins Internat 30.
Waleria, das Mädchen, das dank Sarah und Alan eine Herzoperation erhielt, starb zwei Jahre später.
Dima, der Junge aus Filimonki, starb im Alter von zehn Jahren.
|326| Slawa, der Junge, der Wanja in Filimonki angriff, lebt weiter weggesperrt in einer Anstalt. Ein Gesuch im Jahr 2007, ihn besuchen
zu dürfen, wurde abgelehnt.
Anna, das aufgeweckte Mädchen, das den ersten Rollstuhl in der Geschichte des Babyhauses 10 erhielt, wurde ins Internat 28
verlegt. 2007, im Alter von siebzehn Jahren, verbrachte sie ihre Tage auf einer einzigen Etage dieser Einrichtung, bastelte
allerlei Dinge aus Perlen und wartete auf ihre Verlegung in ein Heim für Erwachsene, wo sie den Rest ihres Lebens verbringen
wird.
Adela, die Chefärztin des Babyhauses 10, überstand den Ärger, den Wanjas Adoption ihr bereitete, und verstarb einige Zeit
später. Der kohlebetriebene Kessel ist inzwischen aus dem Babyhaus verschwunden, doch alles andere ist unverändert – einschließlich
der angebundenen Gehwägelchen.
Die ältere, taube Betreuerin aus dem Babyhaus 10, die Sarah während Johns Abschiedsrunde ein Bonbon schenkte, wurde 2006 im
Treppenhaus ihres Hauses ermordet.
Grigori, der Anwalt, der der Korruption im internationalen Adoptionsgeschäft den Kampf angesagt hatte, wurde im Mai 1999 verhaftet
und des Kinderhandels angeklagt. Er wurde zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, die er hauptsächlich in Einzelhaft verbringen
musste und in denen ihm der Zugang zu Büchern, Sport sowie der Empfang von Besuchern verwehrt wurde. Vier Mal kam sein Fall
insgesamt vor Gericht – seine Verteidigung übernahm Grigori dabei selbst –, und jedes Mal wurde sein Antrag aus Mangel an
Beweisen vom Richter abgelehnt. Im April 2002 wurde er schließlich entlassen, seither arbeitet er als Verteidiger. Er hat
einige große Menschenrechtsfälle übernommen, doch besonders stolz ist er darauf, dass ihn einige seiner ehemaligen Feinde
– darunter ein Staatsanwalt und ein Gefängnisdirektor – gebeten haben, ihre Verteidigung zu übernehmen. Was Grigoris eigenen
Fall betrifft, so zogen sämtliche Anwälte in Russland daraus die Lehre, von einer Einmischung in internationale Adoptionen
besser die Finger zu lassen. Für Adela empfindet Grigori Zuneigung und Dankbarkeit, |327| da sie sich trotz des massiven Drucks, der auf sie ausgeübt wurde, weigerte, mit den Behörden bei der Erdichtung falscher
Beweise gegen ihn zusammenzuarbeiten.
Tante Walentina schied 2000 aus dem Dienst im Babyhaus 10 aus. Als Sarah ihr Bilder von John schickte, weinte sie vor Freude.
Für die Teenager, die sich in Filimonki um Wanja kümmerten, hat sich nichts verändert. Sie befinden sich nach wie vor in der
gleichen Einrichtung, die inzwischen von einer hohen Mauer mitsamt Stacheldraht umgeben ist. Mit Mitte zwanzig werden ihnen
nach wie vor sämtliche Rechte aberkannt. Einigen wurde erlaubt, in der örtlichen Geflügelfabrik zu arbeiten.
Sonja, Wanjas ehemalige Pflegemutter, hat inzwischen die Vormundschaft für Julia übernommen, das Mädchen, das Wanja in seinen
letzten Monaten im Babyhaus Gesellschaft leistete.
Dr. Ronald Swanger, der New Yorker Kinderarzt, der einst die Kinder im Babyhaus 10 untersuchte, lebt inzwischen in Florida
im Ruhestand, wo er seine Dienste einer Organisation zum Schutze von Kindern zur Verfügung stellt.
Sergej Koloskow, der ehemalige Konzertpianist und heutige Kinderrechtsaktivist, der die Welt über die Zustände im Kinderflügel
von Filimonki in Kenntnis setzte und Wanjas Hilferuf weiterleitete, ist heute als Berater der russischen Ombudsmänner für
Menschenrechte tätig. Dadurch hat er die Möglichkeit, im ganzen Land Einrichtungen für Kinder zu inspizieren.
Unlängst sagte er: »In jedem Internat treffen wir einen oder zwei Wanjas, Kinder, die nachweislich intelligent sind. Unter
den schreienden Kleinen oder inmitten der Stille befindet sich stets ein Junge oder Mädchen, der oder die sich mit uns unterhalten
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