Women of Primrose Creek 02 - Zeit der Liebe, Zeit des Gluecks
seinen Revolver an den Nagel gehängt hatte. Er ritt in die Mitte der Lichtung und wartete wortlos. Jesse hatte ihn gesucht, und es war an ihm, als Erster zu sprechen.
Der Junge lächelte nervös, näherte sich jedoch nicht. Webb schätzte die Distanz auf etwa 50 Meter. »Ich nehme an, du hast erfahren, dass ich es war, der Megan erzählt hat, dass die Männer vorhatten, deine Rinder zu stehlen«, sagte er. Seine Stimme zitterte ein wenig, obwohl er zu klingen versuchte, als verdiene er einigen Dank.
»Ich nehme an, es kam dir nicht in den Sinn, es mir zu sagen«, bemerkte Webb.
Jesses Pferd tänzelte, doch er hielt die Zügel kurz. Er zog sich nicht zurück, kam jedoch auch nicht näher. »Ich reite zurück nach Montana«, sagte er. Sein Tonfall klang immer noch nach Bluff. »Wenn ich hier bleibe, werde ich entweder aufgehängt oder erschossen.«
Webb verstand seine Befürchtungen. Zachary hatte nicht gesagt, welche gesetzlichen Konsequenzen ein solcher Fall haben würde, und obwohl sechs der Viehdiebe, die er auf die Empfehlung seines Bruders hin angeworben hatte, im Gefängnis waren und auf eine Militäreskorte nach Fort Grant warteten, waren immer noch drei von ihnen auf freiem Fuß. Einer davon oder alle drei konnten kommen, um Jesse zu beseitigen, damit er nicht gegen sie aussagen konnte. »Ich nehme an, daran hättest du vorher denken sollen.«
»Interessiert es dich gar nicht, warum ich es getan habe?«
Unter anderen Umständen hätte Webb gelächelt. »Nein«, antwortete er. »Ich nehme an, das weiß ich bereits. Die Dinge waren hart für dich, nachdem ich die Southern Star verlassen hatte, nicht wahr, Jesse? Ohne mich, der deine Partei ergriff, müssen Pa und Tom junior dir ziemlich übel mitgespielt haben.«
Selbst auf diese Entfernung und in der Dunkelheit sah Webb, wie sich Jesses Gesicht vor Emotion verzerrte. Der Junge sagte nichts, doch als Webb näher an ihn heranritt, bemerkte er, dass er schnell und flach atmete und seine Augen allzu sehr glänzten.
Bald maßen sie einander wie Ritter, die auf dem Schlachtfeld kämpften, die Pferde Seite an Seite. Webb legte den linken Arm um Jesses Nacken und zog ihn liebevoll an sich. »Ich hätte dich nicht zurücklassen sollen«, sagte er. »Es tut mir Leid.«
»Du hast gedacht, du hättest Tom junior getötet«, sagte Jesse, und als Webb ihn losließ, blickte er einen Moment fort und schniefte.
»Ja«, sagte Webb. »Das habe ich geglaubt. Und willst du wissen, was das Schlimmste von allem war? Genau das hatte ich vor. Als ich an jenem Tag auf ihn losging, wollte ich ihn töten.«
»Du bist nicht der Einzige, der jemals so empfand«, sagte Jesse.
»Bist du sicher, dass du zu ihm und Pa zurückkehren willst?«
Jesse atmete schwer aus, schniefte wieder und fuhr sich mit dem Hemdsärmel übers Gesicht. Diese Geste rührte Jesse; er hatte sie oft bei seinem Bruder gesehen, als er noch kleiner gewesen war und sich bemüht hatte, nicht zu heulen. »Ich muss zurück«, sagte er entschieden. »Wenigstens lange genug, um ihnen zu beweisen, dass sie sich in mir geirrt haben. Ich muss mir auch selbst einiges beweisen.«
Wenn Webb die Zeit und Muße gehabt hätte, dann hätte er das Gleiche getan. »Pass auf deinen Rücken auf«, sagte er. »Und schick mir ein Telegramm, wenn du bis Butte kommst.«
»Du bist nicht wütend auf mich?«
Webb hätte fast gelächelt. »Das habe ich nicht gesagt«, entgegnete er. »Angesichts dessen, was ich mit Tom junior gemacht habe, gibt es wohl Sinn, dass du mir misstraust. Doch ich habe mich seither ein wenig verändert, Jesse. Ich habe in den Jahren gelernt, welcher Typ Mann diese Art Gewalt in sich hat.«
Jesse hielt ihm die Hand hin. »Soll ich Pa irgendetwas von dir ausrichten?«
Die Brüder drückten sich die Hände, »Ja«, sagte Webb. »Du kannst dem Alten sagen, wenn ich ihn nie wieder sehen sollte, dann wird es keine Woche zu früh sein. Das Gleiche gilt für Tom junior.«
»Und was ist mit Ellie?«
Webb grinste. »Sag ihr, dass ich glücklich bin und ihr dasselbe wünsche.«
Endlich hellte sich Jesses Gesicht etwas auf. »Diese Megan, sie wird eine prima Frau für dich sein.«
Webb nickte. »Auf Wiedersehen, Jesse«, sagte er. »Falls du hierher zurückkommen willst, wenn sich die Dinge ein wenig abgekühlt haben, ist ein Platz im Mannschaftsquartier für dich frei.«
»Danke«, sagte Jesse. Dann zog er sein Pferd um die Hand und ritt davon, verschwand zwischen den Bäumen auf der anderen Seite der
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