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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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diesem da«, sagte der Erste Maat leise. »Und es kommt
rasch näher.«
    »Sie sagen
es, Mister James«, pflichtete ihm der Kommandant der Caprica bei.
    »Wie
lauten Ihre Befehle, Sir?«
    Llewellyn taxierte die Ausmaße der Wolkenbank und die Geschwindigkeit, mit der
sie sich näherte. »Wir werden uns ihr nicht entgegenstemmen, Mister James. Wir
werden sie aussitzen, und möge Gott sich unser erbarmen.«
    Der Erste
Maat schluckte. Aussitzen hieß so viel wie die Segel einholen und die Pinne
leewärts richten, um das Schiff ungehindert im Sturm treiben zu lassen.
Unwillkürlich musste er an Betsy denken,
seine junge Frau, die mit dem Baby zu Hause in Bristol auf ihn wartete.

»Verbarrikadieren
Sie alle Luken und Bullaugen«, wies Kapitän Llewellyn an. »Sichern Sie die Ladung und binden Sie das Vieh an. Überprüfen Sie
die Speigatte. Löschen Sie alle Feuer und offenen Flammen. Und tragen Sie
dafür Sorge, die Passagiere nicht zu beunruhigen.«
    »Aye aye, Sir«, sagte der Jüngere und ahnte, dass, wie er auch, Llewellyn in diesem Augenblick an die Neptune dachte, die in diesem Gewässer genau vor einem Jahr bei einem Sturm untergegangen
war und über dreihundert Seelen mit sich gerissen hatte.
    Llewellyn schaute hinauf zu seinen Passagieren, die sich auf Deck aufhielten und
das milde Wetter genossen. Nach problemloser Überquerung des Äquators hatte er
sie informiert, dass sie, sobald sie die Doldrums, eine fast windstille Zone,
hinter sich hätten, Kurs auf Rio de Janeiro nehmen und von dort aus einen
südwestlichen Kurs nach Australien einschlagen würden. Die Doldrums lagen
bereits weit zurück, aber auf den bevorzugten südwestlichen Kurs zu gehen, war
nicht mehr möglich: Ein Unwetter, wie es Llewellyn wohl noch nie erlebt hatte, stellte sich ihnen in den Weg; es blieb
nichts anderes übrig, als sich ihm auszuliefern.
    Der
Kapitän hoffte inständig, dass sich der Verlust von Menschenleben in Grenzen
halten würde.
    Reverend
Merriwether, der es sich auf dem Achterdeck in einem mit Leinwand bespannten
Liegestuhl bequem gemacht hatte, war in eines der vielen Bücher vertieft, die
er mitgenommen hatte. Neben ihm hielt seine Frau Abigail eine Strickarbeit. Wie gern hätte sie ihr Korsett aufgeschnürt und
sich des hinderlichen Reif rocks samt
Unterröcken entledigt! Die Mode, der die Damen in England huldigten, eignete
sich nun mal nicht für das subtropische Klima des südlichen Atlantiks. Aber
inzwischen hatte sie sich mit den Unannehmlichkeiten, die mit langen Reisen
einher gingen, abgefunden, mit dem ständigen Schlingern und Gieren der Caprica, dem Knarren und Ächzen, dem Läuten der Schiffsglocke,
die die Wachablösung der Mannschaft verkündete, nicht zuletzt mit der schrillen
Pfeife des Bootsmanns, wenn er Befehle erteilte.
    Sie
wünschte sich sogar schon, die Seereise möge nie zu Ende gehen. Die Mission der Aborigines war als »im Niemandsland gelegen,
die Eingeborenen laufen fast nackt rum« beschrieben wor den.
Abigail drängte die Befürchtungen, die sie insgeheim hegte, zurück
und richtete ihre Aufmerksamkeit auf ihre Kabinennachbarn. Ihnen schienen die
Widrigkeiten von Schiffsreisen nichts auszumachen. Und seit nicht nur der
kleine Aussiedlerjunge die Ruhr überstanden hatte, sondern auch alle anderen
davon Betroffenen, und es überdies noch zu keinen weiteren Erkrankungen
gekommen war, konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sowohl Mr.
Scott wie auch Miss Conroy von einem ungewöhnlichen Beschäftigungsdrang
beflügelt waren. Auch nähergekommen waren sie sich, stellte Abigail bei emsig klappernden Stricknadeln fest. Es fiel ihr auf, dass Miss
Conroy gelegentlich von dem Buch aufsah, das sie gerade las, und den Blick über
das Hauptdeck geradewegs auf Mr. Scott richtete, der sich mit Unterstützung
mehrerer stämmiger Aussiedler mit irgendeiner komplizierten Sache abmühte. Mrs. Merriwether hatte den Verdacht, dass sich zwischen den beiden jungen
Leuten etwas anbahnte. Sie hatte sogar ihrem Mann anvertraut, dass sie es ganz
entzückend fände, wenn Miss Conroy und der Amerikaner an Bord des Schiffes
heirateten und der Kapitän oder ihr Mann die Trauung vornehmen würde.
    So als
hätte sie Mrs. Merriwethers
Blick gespürt, unterbrach Hannah ihre Lektüre und lächelte der Älteren kurz zu,
um dann zum Kapitän zu schauen, der in weißen Hosen und mit Messingknöpfen
versehenem langem dunkelblauen Jackett auf der Brücke am Steuerrad stand, seine
zu Schlitzen zusammengekniffenen Augen

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