Working Mum
Bunce schaut dich an und sieht jemanden, der seinesgleichen sein soll. Wir wissen, was er mit dir machen möchte, aber er darf dich nicht anfassen, deshalb fälscht er Bilder von dir, damit er damit machen kann, was er will.»
Unter der Bettdecke zittert sie, es ist das Schaudern einer noch frischen Scham, und sie hält meine Finger noch fester.
«Momo, weißt du, wie lange es vermutlich gedauert hat, bis die ersten Menschen aufrecht stehen konnten?»
«Wie lange?»
«Irgendwas zwischen zwei und fünf Millionen Jahren. Wenn du Chris Bunce fünf Millionen Jahre Zeit gibst, könnte ihm eventuell klar werden, dass es möglich ist, Seite an Seite mit Frauen zu arbeiten, ohne dass man ihnen die Kleider ausziehen muss.»
Ich kann Tränen in ihren Augen sehen. «Du willst damit sagen, dass wir nichts machen können, Kate, nicht wahr? Dass wir nichts gegen Bunce machen können. Ich muss mich einfach damit abfinden, dass die so sind, und es hat gar keinen Zweck, etwas ändern zu wollen?»
Genau das habe ich gesagt. «Nein, ganz so würde ich es nicht ausdrücken.»
Während Momo seufzt und sich in den Schlaf wimmert, gehe ich nach unten, um das Licht auszumachen und die Türen zu schließen. Richard fehlt mir immer, aber um diese Zeit vermisse ich ihn am meisten. Abschließen ist seine Aufgabe, und der Türriegel kommt mir weniger sicher vor, wenn ich ihn vorlege, das Ächzen der Fensterrahmen hört sich gespenstischer an. Während ich die Fensterläden schließe, muss ich immer daran denken, was in den nächsten Tagen geschehen wird. Morgen früh wird Momo Gumeratne eine offizielle Beschwerde über das Verhalten von Christopher Bunce bei ihrem Vorgesetzten Rod Task einreichen. Task wird die Beschwerde an die Abteilung für Personalentwicklung weiterleiten. Dann wird Momo bei vollem Gehalt suspendiert werden, und eine interne Untersuchung wird eingeleitet werden. Bei der ersten Zusammenkunft, zu der ich geladen werde, wird öffentlich festgestellt werden, dass Momo Gumeratne sich nie zuvor etwas hat zuschulden kommen lassen. Stillschweigend wird man zur Kenntnis nehmen, dass Chris Bunce unser erfolgreichster Anleger ist, der der Firma im vergangenen Jahr 10 Millionen Pfund eingebracht hat. Ziemlich bald darauf wird man von dem Vergehen gegen Momo nur noch als «diese üble Geschichte» oder schlicht «diese Bunce-Geschichte» sprechen.
Nach drei Monaten zu Hause – Zeit genug für sie, unruhig zu werden und Depressionen zu bekommen – wird Momo dann aufgefordert werden, ins Büro zu kommen. Eine finanzielle Regelung der Angelegenheit wird angeboten. Das Privatschulmädchen in ihr wird aufbegehren und darauf bestehen, dass sie nicht käuflich sei, sondern Gerechtigkeit wolle. Der Untersuchungsausschuss wird schockiert sein: Selbstverständlich wollen auch sie Gerechtigkeit, nur sei das Beweismaterial, wie sollen wir es sagen, problematisch. Beiläufig und indirekt wird impliziert werden, dass Momos Karriere in der City mit einem Eklat zu Ende sein könnte. Sie sei eine Frau mit viel versprechenden Fähigkeiten, aber es liege nun mal in der Natur solcher Dinge, dass sie missverstanden werden. Kein Rauch ohne Feuer, ausgesprochen unglückliche Umstände. Wenn die Nachricht von pornographischen Computerbildern nach außen dringen würde, zu den Medien …
Zwei Tage später wird sich Momo Gumeratne außergerichtlich auf eine Abfindung in ungenannter Höhe einigen. Wenn sie die Stufen von Edwin Morgan Forster zum letzten Mal hinuntergeht, wird ihr eine Fernsehreporterin ein Mikrophon ins Gesicht halten und sie bitten, den Fall zu schildern. Ist es wahr, dass man sie ein scharfes asiatisches Babe genannt habe und Pornofotos von ihr gezeigt habe? Momo wird ihren hübschen Kopf senken und es ablehnen, dazu Stellung zu nehmen. Am nächsten Tag wird die Geschichte in vier Zeitungen auf Seite drei laufen. Eine der Schlagzeilen wird lauten: Scharfes asiatisches Babe macht Wirbel in der City. Dass Momo die Geschichte nicht bestätigt hat, wird im vorletzten Absatz erwähnt sein. Bald darauf wird sie einen Job im Ausland annehmen und beten, in Vergessenheit zu geraten. Bunce wird seinen Job behalten, und der Fleck auf seiner Weste wird von einer steten Flut von Profiten ausgewaschen werden. Und nichts wird sich ändern. So viel ist sicher.
Als ich die Hand nach dem Lichtschalter ausstrecke, entdecke ich ein neues Bild, das mit einem Tinky-Winky-Magneten am Kühlschrank haftet. Es ist eine Zeichnung von einer Frau mit
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