Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik
erkrankte zu dieser Zeit so schwer, dass sich unter Freunden und Bekannten sogar die Nachricht von seinem Tod verbreitete.
Im November 1809 tauchte Kleist wieder in Frankfurt an der Oder auf. Aus unbekannten Gründen reiste er weiter nach Frankfurt am Main und nach Gotha. Anschließend war er erneut in Berlin und schöpfte ein wenig Hoffnung in diesem ruhelosen Vagabundenleben. Am 19. März 1809 teilte er der Stiefschwester Ulrike mit: »Ich habe der Königin an ihrem Geburtstag ein Gedicht überreicht, das sie vor den Augen des ganzen Hofes zu Tränen gerührt hat; ich kann ihrer Gnade und ihres guten Willens, etwas für mich zu tun, gewiss sein. Jetzt wird ein Stück von mir, das aus der brandenburgischen Geschichte genommen ist, auf dem Privattheater des Prinzen Radziwill gegeben und soll nachher auf die Nationalbühne kommen …« Doch Kleist wurde erneut enttäuscht. Das besagte Drama, »Der Prinz von Homburg«, erschien erst 1821 in den »Hinterlassenen Schriften«, und das, obwohl es eines seiner Meisterwerke ist. Wenigstens die Veröffentlichung seiner Novellen erlebte Kleist in den Jahren 1810 und 1811, in Form von zwei als »Erzählungen« betitelten Bänden. Der Plan, fünfmal wöchentlich eine Zeitschrift mit dem Titel die »Berliner Abendblätter« auf den Markt zu bringen, scheiterte nach wenigen Folgen an Scherereien mit den Behörden. Immerhin konnte er in diesem Blatt noch seine wichtige ästhetische Abhandlung »Über das Marionettentheater« unterbringen.
»MICHAEL KOHLHAAS«
Die Werke Heinrich von Kleists wurden von seinen Zeitgenossen wenig geschätzt, heute jedoch zählen einige von ihnen, etwa das Lustspiel »Der zerbrochene Krug« oder das Schauspiel »Das Käthchen von Heilbronn«, zu den klassischen, immer wieder gespielten Stücken des deutschen Theaters. Neben dem Dorfrichter Adam (aus »Der zerbrochene Krug«) ist wohl Michael Kohlhaas aus der gleichnamigen Novelle die bis heute bekannteste Figur Kleists.
Kohlhaas ist ein Rosshändler, dem von einem Junker zu Unrecht zwei seiner prächtigsten Rappen weggenommen werden. Als Kohlhaas die Tiere zurückfordert, sind sie derart abgemagert, dass er eine Klage gegen den Junker anstrengt, die jedoch ohne Erfolg bleibt, da der Junker über einflussreiche Beziehungen verfügt.
Der erboste Kohlhaas, dessen Rechtsempfinden zutiefst verletzt ist, sammelt eine Männerschar um sich und verwüstet mit dieser das Land des Junkers, dessen Burg er niederbrennt. Für diese Taten wird er zur Rechenschaft gezogen und zum Tode verurteilt – eine Strafe, die er als gerecht akzeptiert, da im Gegenzug auch der Junker dazu verurteilt wird, die Pferde zurückzugeben, und zwar in dem Zustand, in dem er sie erhalten hat. Somit ist dem Recht in jeder Beziehung Genüge getan.
DIE KATASTROPHE
Die letzten Briefe, die von Kleist überliefert sind, künden von einer überraschenden Euphorie. Das emotionale Hochgefühl ging einher mit einem letzten erotischen Rauschzustand. Bereits im Herbst 1810 war der Dichter Henriette Vogel begegnet, einer jungen, unheilbar – vermutlich an Krebs – erkrankten, verheirateten Frau, in die er sich Hals über Kopf verliebte. Der Briefwechsel zwischen beiden nahm immer ekstatischere Ausdrucksformen an. Als Henriette dem in psychischen Aufruhr geratenen Kleist das Versprechen abnahm, ihr alles zu gewähren, sagte er bedingungslos zu. Sie verlangte von ihm den Tod. Am 21. November 1811 erschoss Kleist erst Henriette Vogel, dann sich selbst am Kleinen Wannsee bei Potsdam.
Seine extremen Todesumstände zeigen in düsterer Wirklichkeit, was die wohl größte und wirkungsvollste literarische Leistung Kleists ausmacht: jene Mechanismen bis zu ihren letzten Folgerungen aufzudecken, die sich aus der Vereinigung von Aggression und Sexualität ergeben können. Es gibt keinen deutschen Autor des 19. Jahrhunderts, der diese Zusammenhänge schonungsloser und konsequenter, aber auch künstlerisch überzeugender analysiert hätte als Heinrich von Kleist.
ACHIM UND BETTINA VON ARNIM
FIXSTERNE AM HIMMEL DER ROMANTIK
Achim von Arnims Leben und Werk hat nicht nur die deutsche Literatur- und Geistesgeschichte seiner Zeit, sondern auch das der nachfolgenden Epochen nachhaltig geprägt, nicht zuletzt weil an seine Seite zwei Gestalten traten: seine Ehefrau Bettina und sein Schwager Clemens Brentano. Zusammen bilden sie ein dreifaches Fixgestirn, das schon zu Lebzeiten vom Himmel der europäischen Romantik nicht wieder wegzudenken war.
26. 1.
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