Worte bewegen die Welt
Ravenna und 1362/63 auf Wunsch von Acciaiuoli nach Neapel. Bis 1365 stellte er Teile seines lateinischen Werkes fertig, betrieb weitere Studien zu Homer und kommentierte Werke des römischen Dichters Terenz.
In diesen Jahren bis zur Mitte des Jahrzehnts hatte sich jedoch auch die politische Situation in Florenz wieder weitgehend beruhigt. So griff man im Laufe des Jahres 1365 erneut auf Boccaccios politische und diplomatische Erfahrungen zurück, betraute ihn mit innerstädtischen Aufgaben, sandte ihn zu Verhandlungen mit den Genuesen und vor allem mit Papst Urban V. in Avignon. Aber auch in anderer Weise nutzte die Stadt den Kunst- und Sachverstand ihres berühmten Mitbürgers: so bei den Planungen zum Umbau von Or San Michele, die 1367 begannen.
In den Jahren 1367/68 reiste Boccaccio viel – nach Venedig zu Freunden, zu der Tochter Petrarcas und zu Arbeiten in dessen Bibliothek, nach Padua zu langen Gesprächen mit Petrarca und noch einmal, im Herbst 1368, nach Venedig, um Donato degli Albanzani über den Tod seines Sohnes zu trösten. Bei diesem Anlass begegneten sich Boccaccio und Petrarca ein letztes Mal. Erst 1370 haben wir wieder Nachricht von Boccaccio, denn im Herbst dieses Jahres brach er noch einmal zu einer Reise nach Neapel auf und blieb dort bis zum Frühjahr 1371.
Schon ein Jahr später erkrankte er schwer, er glaubte gar in der Nacht des 12. August 1372 sterben zu müssen. Doch noch einmal gesundete Boccaccio und genau ein Jahr später erhielt er den ehrenvollen Auftrag des Rates der Stadt Florenz, für hundert Gulden ein Jahr lang öffentlich Dante zu lesen und ihn zu kommentieren. Nach sorgfältigen Vorbereitungen hielt er am 23. Oktober 1373 in der Kirche Santo Stefano di Badia die erste Dante-Vorlesung der Geschichte. 1374 brach er den Vorlesungszyklus wohl aus Gesundheitsgründen ab, in dem Jahr, in dem er den Tod Francesco Petrarcas verwinden musste. Doch auch seine Zeit neigte sich ihrem Ende zu. Am 21. Dezember 1375 starb Boccaccio, den man in Italien als »den Vater unserer Prosa und unserer Erzählkunst«, »den Helden der neuen Kultur« verehrt.
VERBREITUNG DES DEKAMERON
Dass ein so vielschichtiges Buch wie »Das Dekameron« gern gelesen wurde, kann nicht verwundern, wenn auch nicht gleich von den Humanisten und Literaten unter den Zeitgenossen, sondern eher von den Bürgern. Erst mit der sprach- und stiltheoretischen Abhandlung über die Volkssprache (1525) des italienischen Dichters und Humanisten Pietro Bembo wurde Boccaccio zum Vorbild für die italienische Prosa erhoben. Auch Petrarca trug durch seine Übersetzung der Griselda-Novelle (10. Tag, 10. Novelle) ins Lateinische Wesentliches zur Verbreitung des Werkes bei. Übersetzungen und Adaptationen in England, Frankreich, Spanien, Portugal und Deutschland, frühe illustrierte Handschriften, Franz von Suppés Operette Boccaccio oder Verfilmungen in unserer Zeit bezeugen die ungeheure Wirkung des Dekameron.
OSWALD VON WOLKENSTEIN
LIEDERMACHER UND POLITIKER
Der Landadelige Oswald von Wolkenstein hat in seinem für damalige Verhältnisse langen Leben vieles gesehen, erlebt und erlitten. Doch nicht deshalb ragt er aus der Vielzahl seiner Standesgenossen heraus, sondern als einer der großen »Liedermacher« des deutschsprachigen Raums. Er hat in seinem Werk, das eines der wichtigsten literarischen und musikalischen zwischen Mittelalter und Renaissance darstellt, auf eindrucksvolle Weise viele persönliche Erlebnisse verarbeitet
.
um 1377
Geburt in Südtirol
um 1387
verlässt das Elternhaus und führt ein Wanderleben
um 1400
Rückkehr nach Tirol
1415
tritt in den Dienst König Siegmunds
1421–1422
Gefangener auf Schloss Forst (Meran)
2. 8. 1445
Tod in Meran
Oswald von Wolkenstein stammte aus dem Tiroler Landadelsgeschlecht der Herren von Villanders, und seine Vorfahren hatten sich zu Ansehen, Einfluss und Besitz emporgearbeitet. Nachdem sein Urgroßvater Randolf von Villanders 1293 Burg und Gericht Wolkenstein im Grödner Tal gekauft hatte, nannten sich dessen Nachfahren zunehmend nach diesem Besitz.
Oswald wurde um 1377 geboren, möglicherweise auf Schloss Schöneck im Pustertal. Er hatte zwei Brüder und vier Schwestern, war aber aufgrund der Erbrechte wie sein Bruder Leonhard gegenüber dem Erstgeborenen Michael stark benachteiligt. Mit großer Zähigkeit und starkem Durchsetzungswillen und trotz verschiedener Rückschläge gelang ihm der Aufstieg zu einem hoch angesehenen und einflussreichen Mitglied des Tiroler
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