Wortlos: Peter Nachtigalls fünfter Fall (German Edition)
ebenfalls
heiraten«, verkündete er glücklich.
»Na wunderbar!«, freute sich Jule. »Dann
werden wir das zusammen tun.«
»Nein!«, entschied Conny unnötig scharf.
»Werden wir nicht! Jedes Paar sucht sich einen eigenen Termin. Peter und ich können
uns bei den Vorbereitungen noch ein bisschen länger Zeit lassen. Wir wollen nichts
überstürzen.«
War das der letzte Versuch, das gegebene
Versprechen zu unterlaufen? Argwöhnisch schielte er zu ihr hinüber.
»Vater und Tochter heiraten mit dem zu erwartenden
Enkelchen am selben Tag«, wand sich Conny. »Da kommt sich doch der jeweilige Partner
wie das fünfte Rad am Wagen vor.« Fast wütend peitschte sie die Vinaigrette, die
für den Salat vorgesehen war. Die Soße warf schon trübe Blasen.
»Warten wir doch mal ab, ob Emile das genauso
sieht«, versuchte Jule einzulenken, die spürte, wie enttäuscht ihr Vater war.
Aha, dachte Nachtigall missmutig, Emile
würde also an diesem Essen auch teilnehmen. Na großartig! Die innere Stimme, die
ihm einflüstern wollte, es würde nun bald öfter so ein, Emile gehöre nämlich in
wenigen Wochen fest zur Familie, überhörte er absichtlich.
Laut sagte er: »Ich gehe mich waschen und
ziehe was Bequemeres an. Bin gleich wieder zurück.« Verschwörerisch blinzelte er
den Katzen zu, die ihm ohne weiteres Maunzen folgten.
»Versteh einer die Frauen!«, raunte er Casanova
ins Ohr, als die beiden Pelzträger sich über das Diebesgut hermachten.
Casanova hätte sicher einige Tipps geben
können, aber er wusste, manchmal war es geschickter, die Menschen ihre Probleme
selbst lösen zu lassen.
44
»Gute’ Morge’!«, Michael Wiener wirkte angespannt. »Wir
habe’ die nächste Tote!«
»Nein!«, Peter Nachtigall schüttelte fassungslos
den Kopf.
»Comeniusstraße. Ich hab mir das gleich
gedacht. Sie wollt’ ja nicht begreife’, dass sie in Gefahr war!«
Die Tür zum Büro öffnete sich.
»Guten Morgen, Albrecht! Lass die Jacke
gleich an, wir fahren los.«
»Nein! Das kann doch nicht sein! Alle waren
gewarnt!«
»Wir fahren in die Comeniusstraße.«
»Zu Beate Michaelis?«
» Ja. Gestern Abend habe ich ihr noch polizeilichen
Schutz angeboten. Mir war einfach nicht wohl dabei, sie sich selbst zu überlassen.
Sie schien mir am ehesten in Gefahr zu sein. Aber sie lehnte ab«, berichtete Nachtigall
und fragte dann: »Wann kam die Meldung?«
»Vor etwa zehn Minute’. Grad bevor du zur
Tür rein bist, hat der Kollege ang’rufe’.«
»Da hilft jetzt kein Zetern. Michael, du
informierst die anderen Freunde. Am besten sollten sie zu Hause bleiben. Wer will,
bekommt einen Beamten zur Sicherheit.«
Der Hauptkommissar lief los, und Skorubski
beeilte sich, mit ihm Schritt zu halten.
Die Comeniusstraße hätte, ohne die Streifenwagen, das Absperrband
und die hektischen Aktivitäten der Polizei, einen friedlichen Eindruck machen können.
So jedoch war schon von Weitem zu sehen, dass hier ein Verbrechen geschehen sein
musste.
An den Fenstern der umliegenden Häuser standen
die Menschen neugierig hinter den Scheiben und sahen hinunter auf die Einfahrt des
villenähnlichen Gebäudes. Diese Art Tod war öffentlich – und jeder wollte seinen
Anteil am Spektakel bekommen.
»Voyeure!«, knirschte Nachtigall und schüttelte
sich angewidert.
Peddersen erkannte die beiden Kripobeamten
sofort und lief ihnen entgegen.
»Der Name der Toten ist …«
»Beate Michaelis«, setzte Nachtigall den
Satz fort.
»Na, wenn schon alles bekannt ist, dann
brauche ich ja nichts mehr zu sagen«, grunzte Peddersen verärgert.
»Sie war die Freundin eines anderen Mordopfers.
Wir hielten sie für ebenfalls gefährdet – sie schätzte die Situation aber anders
ein«, erläuterte Nachtigall, und Peddersen nickte versöhnt.
»Sie liegt auf den Stufen vor dem Hauseingang.
Sieht schrecklich aus. Dr. Manz ist bei ihr. Er meint, sie sei von hinten erschlagen
worden – vor ungefähr sechs bis neun Stunden.«
»Danke. Hat schon jemand einen Blick in
die Wohnung geworfen?«
»Ja. Alles durchwühlt.«
»Hm.«
Peter Nachtigall glaubte zu wissen, was
ihn am Tatort erwartete.
Beate Michaelis würde genauso entstellt
sein wie Claudine Caro und Meinert Hagen. Und das konnte bedeuten, dass auch sie
nicht den Schlusspunkt dieser Serie markierte.
Entschlossen trat er durch das Tor und ging
auf das Eingangsportal zu.
Als er nahe genug herangekommen war, um
Genaueres zu sehen, wurden seine Knie weich. Er spürte, wie alles Blut aus seinem
Kopf
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