Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wortstoffhof

Wortstoffhof

Titel: Wortstoffhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel Hacke
Vom Netzwerk:
Pflanzensaft mit Speichel untermischt läuft beständig über die wulstigen Lippen«, halb Zerkautes werde herausgerülpst und neu verschlungen. Es ist auch wahr, dass dem Hippo-Po unübersehbare Kotmengen entquellen, immer pfff, immer pfff, sodass im Zoo Wasserpferde behaglich in stuhlganggetrübtem Wasser lagern.
    Und doch sehen wir Heutigen alles anders. Wir staunen über die Beweglichkeit der Kolosse. Wir wissen, dass man einst aus ihren Zähnen künstliche Menschengebisse machte, weil Pflussferd-Elfenbein im Gegensatz zu dem des, äh, Elepfanten nie gelb wird. Wir lesen, dass Hippo-Babys bei der Geburt aus dem Mutterleib regelrecht herausschießen. Wir freuen uns, wenn Nilpferdhaut glänzt wie ein frisch geputzter Kanonenofen. Wir hören eine Anekdote aus dem Zoo von Halle, wo eine Boxerhündin und ein Pflussferd sich so befreundeten, dass Erstere der Zweiten ins Maul steigen durfte, um das Innere freundlich zu belecken. Ist es ihre Langlebigkeit, die Plussferde so beliebt macht? Oder die unzeitgemäße Inbrunst, mit der sie Pfettleibigkeit zu genießen scheinen?
    Wir wissen jedenfalls alles über den Hippopotamus. Aber es nützt keinem mehr. Hippo steht auf der Roten Liste ganz oben, gleich neben dem Orang-Utan, das ist auch so ein Fall, Orang-Utan, kein Mensch sagt Orang-Utan, alle sagen: Orang-Utang – und warum auch nicht?
    Wir Deutschen sterben im Übrigen auch aus, und so sind wir, dicker Freund, am Ende in diesem Aussterben vereint, und es wird irgendwann niemand mehr geben, der Pflussferd heißt, aber auch niemand, der noch Pflussferd sagt – und wenn das nicht traurig ist, dann weiß ich auch nicht.
PHRASEALATOR
    Lange her, dass alle Menschen eine Sprache sprachen. Bevor sie in Babylon einen viel zu hohen Turm bauten, war das. Der HERR besah sich diesen Turm, aber er gefiel ihm ü-ber-haup-t nicht. Er wurde wütend und rief: »Wohlan, lasst uns hinabfahren und daselbst ihre Sprache verwirren, dass keiner mehr des anderen Sprache verstehe.« So geschah es, 120 Kilometer südlich des heutigen Bagdad.
    Seitdem sprechen die Menschen dies und jenes, Arabisch und Hebräisch, Chinesisch und Deutsch sowie verschiedene Sorten Englisch. Mancher spricht zwei, drei Sprachen, Peter Ustinov sprach sogar noch mehr. Andere können nur Englisch, viele amerikanische Soldaten zum Beispiel (→ ZEE-SIK-KAI-TEN ), oder nur Arabisch, die irakischen Bauern etwa. Der Lauf der Geschichte will es aber, dass sich US-Soldaten und irakische Bauern immer wieder begegnen, in Babylon und um Babylon herum.
    Die Soldaten haben für diesen Fall ein schwarzes Gerät, dass sie Phrasealator nennen, einen Kleincomputer. Man kann darin einen englischen Satz anklicken, worauf der Apparat diesen Satz auf Arabisch »kreischt«, wie vor Jahren der Guardian berichtete. Von einer Möglichkeit, arabische Sätze in englisches Kreischen zu übertragen, ist nichts bekannt, so weit ist die Technik nicht. Wird sie je so weit sein?
    In Douglas Adams’ Per Anhalter durch die Galaxis liest man von einem seltsamen Tier, einem Babelfisch, »klein, gelb und blutegelartig«. Der Babelfisch lebt in den Gehörgängen anderer Wesen, ernährt sich von Gehirnströmen undübersetzt dabei, en passant, alle Sprachen des Weltalls. Das kann der Phrasealator nicht. Ohnehin, schrieb der Guardian , besitze er keinerlei soziale Fähigkeiten, er könne nur Befehle bellen und nicht zuhören, ein maschinengewordener Rumsfeld.
    Ist nicht überhaupt der Apparat ein Symbol für das Verhältnis Amerikas zur Welt in den Bush-Jahren?
    Man fragt sich, ob seine Arbeit von einer Qualität ist wie jene der Übersetzungsmaschinen im Internet. Dort gibt es den Translationsautomaten Babelfish bei Altavista. Gibt man den Satz ein: »Hello, my name is Bill, can you tell me the way to the next Burger King«, übersetzt der Computer: »Hello, bin ich Rechnung, kann Sie mir die Weise zum folgenden Burger-König erklären?«
    Das könnte Adams’ Babelfisch besser – aber was wäre gewonnen, verstünden wir uns genau? Dadurch, dass dies Tier alle Verständigungsbarrieren niederriss, schrieb Adams, »habe es mehr und blutigere Kriege auf dem Gewissen als sonst jemand in der ganzen Geschichte der Schöpfung«.
    Wie heißt es im Buch Mose: »Da reute es den Herrn, dass er den Menschen geschaffen hatte auf Erden, und es bekümmerte ihn tief.« Altavista übersetzt: »There did it reute the gentleman that it had created humans on ground connection, and it bekuemmerte it

Weitere Kostenlose Bücher