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Wuestenmond

Wuestenmond

Titel: Wuestenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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war.
    »Wohin fahren wir?« fragte ich.
    »Mein Freund, von dem ich dir erzählt habe, hat mir sein Haus überlassen. Für gewöhnlich vermietet er es an ausländische Techniker. Der augenblickliche Bewohner, ein französischer Geologe, ist für zwei Monate in Kapstadt.«
    Ich erkannte, daß wir in eines der Randgebiete fuhren, in der Nähe des Museums. Der Toyota bog in einen sandigen, von Tonziegelmauern gesäumten Weg ein und hielt vor einem Tor. Elias stellte den Motor ab; er ging um das Auto herum, reichte mir die Hand zum Aussteigen. Hinter dem Tor aus Lehmziegel mit dem durchbrochenen Bogen befand sich ein kleiner Vorhof, bewachsen mit einem jungen Feigenbaum und verschiedenen Sträuchern. An der Hausmauer rankte eine Laube aus Kletterpflanzen. Elias stieß eine Tür auf, die nur angelehnt war. Er streifte die Sandalen ab. Auch ich zog meine Turnschuhe aus und betrat das Haus.
    Der Boden des Vorraums war mit zerriebenem Gips bedeckt, der einen faden Geruch verströmte. Die runde Glaslampe mit ihrer 250
    Kupferverzierung stammte offenbar von der Küste. Der Strom war schwach in Tarn, und die Lampe spendete nur spärliches Licht. Dann hörten wir das Geräusch nackter Füße; ein dunkelhäutiger, überschlanker Mann trat aus der Dämmerung. Er hatte ein ernstes Gesicht, war in der Tracht der Sahara-Bewohner gekleidet und trug eine Brille. Die Gläser waren so groß, als sei die Brille nicht für ihn gemacht, was ihm einen weltfremden Ausdruck verlieh.
    »Das ist Ismain«, sagte Elias. »Er ist für das Haus verantwortlich.«
    Wir begrüßten uns. Ismain zeigte ein schönes, helles Lächeln. Seine große Hand berührte respektvoll die meine. Auf seinen Ruf hin erschien ein Zwölfjähriger, dünn und kahlgeschoren, der mit gesenkten Augen von einem Fuß auf den anderen trat.
    »Mein Sohn«, erklärte Ismain stolz in gutem Französisch. »Sein Name ist Fuad.«
    Fuad atmete aufgeregt und kratzte sich unter den Armen. Elias gab ihm den Auftrag, mein Gepäck zu holen, und er stürmte davon. Ich hörte seine nackten Füße auf dem Boden.
    »Komm!« sagte Elias zu mir.
    Das Wohnzimmer war weiß getüncht, mit grünblauen Keramikfliesen verziert. Die Einrichtung war einfach: ein mit Schaffellen bedecktes Sofa, einige Korbsessel, ein niedriger Tisch mit ziseliertem Kupfertablett. In einer Ecke befanden sich das übliche Kohlenbecken für den Tee, eine Kupferschüssel und ein Wasserkrug. Auf einfach gezimmerten Regalen häuften sich Bücher, Sandrosen und Nippsachen. Elias führte mich ins Schlafzimmer, wo zwei Sofabetten mit aufeinander gestapelten Matratzen und schwarzweiß gemusterten Decken standen. Ein überdimensionaler Spiegelschrank – offenbar aus Mahagoni – wirkte sonderbar fremd an diesem Ort. Die Gardinenstangen waren aus dunkel angelaufenem Messing, aber ohne Vorhänge. Die Fensterläden waren geschlossen, die Lamellen mit Sand gepudert. Elias zwinkerte mir zu und führte mich in die Küche, die auf einen Innenhof hinausging, wo ein Generator summte. Auf einem Butangaskocher dampften Töpfe. Es duftete stark und gut nach Gewürzen. Ein riesiger Eisschrank war vorhanden, von jener Sorte, die man in alten Hollywoodfilmen zu sehen bekam. An der Wand stand ein Tisch, auf dem sich geflochtene Körbe stapelten; daneben das Spülbecken, dessen Abfluß nach draußen ging; an der Wand waren sämtliche Rohre sichtbar. Auf der anderen Seite des Flurs befand sich das Badezimmer, fast doppelt so groß wie die Küche und grün getüncht.
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    An der Wand war ein gemauertes Waschbecken mit einem Spiegel, der schon einige Sprünge aufwies. Es gab ein WC ohne Deckel und
    – direkt in die Decke eingelassen – ein Duschrohr. Auch hier ging der Abfluß nach draußen. Der Duschvorhang fehlte.
    »Nun?« schmunzelte Elias.
    Ich nickte amüsiert.
    »Doch, hier kann man es aushalten.«
    Elias fuhr fort:
    »Ismain besorgt das Haus, die Küche, die Wäsche und alles andere.
    Er bewohnt mit Fuad ein Zimmer hinter der Küche. Er ist ein frommer Mann. Viermal am Tag höre ich ihn hinter der Wand beten.
    Seine Frau ist vor drei Jahren gestorben. Tuberkulose. Seine Mutter sucht jetzt eine andere für ihn.«
    Ich hob fragend die Brauen.
    »Kann er denn nicht selbst auf Brautschau gehen?«
    »Ismain stammt vom Land, aus einem Dorf in der Nähe. Da ist es noch Brauch, daß die Mutter die Wahl der Schwiegertochter trifft.«
    »Bei den Tuareg auch?«
    Ein Funken von Heiterkeit tanzte in seinem Blick.
    »Es kommt vor, daß sie es versucht.

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