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Wuestenmond

Wuestenmond

Titel: Wuestenmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Frontallicht, manchmal mit gebündeltem Licht, das einen Eindruck von Weite vermittelte. Lichtquellen von der Seite, mit Schatten vermischt, erzeugten ein warmes Orangerot, das manche Figuren wunderbar hervorhob. Ich holte sie mit dem Zoom langsam heran. Zum Schluß senkte ich die Kamera in Bodenhöhe. Die Beleuchtung wurde härter, dunkler; sie sollte ein Gefühl von Unbehagen vermitteln, und richtete sich endlich auf das Loch, das ziemlich rund war und sich nach einem hellen Abschnitt in tiefer Dunkelheit verlor. Und da war er wieder, dieser Schauder, der aus der Erde unter meinen Füßen in mich einflutete.
    Ich blinzelte verstört.
    »Ich glaube, wir machen eine Pause.«
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    Wir traten nach draußen, in die brennende Mittagshitze; und im Nu ging es mir besser: Mein Herz schlug gleichmäßig, mein Kopf wurde klar. Wir setzten uns in den Schatten, holten den Proviant hervor.
    Elias sammelte rasch ein paar Zweige, machte Feuer. Aus seiner mitgebrachten Tasche zog er den kleinen Teekessel, die Teedose und das Stück Stockzucker, das er mit einem winzigen Kupferhammer zerschlug. Thuy lachte kindlich.
    »Du denkst wirklich an alles! Und im richtigen Augenblick.«
    Er erwiderte ihr Lächeln.
    »Nicht immer.«
    Ich beobachtete ihn; es war so entspannend, ihm zuzusehen. Jede seiner ruhigen, elastischen Bewegungen war präzise; instinktiv vermied er unnötige Kraftverschwendung. Wie stets hatte er dabei seine ganz eigene Art, strahlend und etwas selbstvergessen; und gleichzeitig steckte viel Leben in ihm, ein unerhört starker Quell. Er war kein Mensch, den die Spannung zerreißen und vernichten konnte; er beugte sich den Umständen gerade so viel, als nötig war.
    Ich jedoch war eitler als er; und die Furcht war mir im Weg. Ich mochte das Gefühl bei mir nicht. Mein ganzes Leben lang hatte ich mich dazu geschult, eine Sache, die mir zuwider war, anzupacken, so daß sie ihren Schrecken verlor. Ich wollte immer wissen, woran ich war, suchte nach einem schnellen Ende der Unsicherheit. Sonst brach die größte Konfusion in mir aus, ein irrsinniger Tumult von Gefühlen, über die ich keine Kontrolle mehr hatte. Da sprang ich lieber hart mit mir um. Der Trick erleichterte es mir auch, mich zu drücken: Es kommt vor, daß man eine Sache viel zu wichtig nimmt, bloß weil man sie nicht kennt. Nachher wird sie klarer, und man kann sich davon befreien. Ich war nicht in die Sahara gekommen, um das zu lernen. Und so bewegte ich den Kopf wie ein nasser Hund, der sich das Wasser aus den Ohren schüttelt, und sagte ziemlich herausfordernd:
    »Ich möchte in den Schacht steigen und filmen. Mit der HI8-Kamera. Kommt jemand mit?«
    Elias hob die Augen und nickte langsam.
    »Von oben sieht es schwierig aus. Die Felswand ist fast senkrecht.
    Nachher geht’s leichter. Wird das Loch gut beleuchtet, kommen wir problemlos nach unten.«
    Ich holte tief Luft. Es konnte auf dieser Welt nichts Beruhigenderes geben, als mit Elias in den Schacht zu steigen.
    Ich fragte beiläufig:
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    »Hattet ihr damals kein Licht?«
    Er schmunzelte.
    »Nur ein paar Streichhölzer.«
    »Wir machen kein Probevideo«, entschied ich. »Ich will da nicht zweimal runter.«
    »Haben wir ein Seil?« fragte Elias.
    »Ja, im Lager«, sagte Serge.
    Elias nickte mir zu.
    »Ein Seil wäre gut.«
    Rocco saß mit geröteten Augen und Stoppelbart zusammengesunken am Feuer. Er hatte zuviel Whisky getrunken und seinen Rausch nicht ganz ausgeschlafen.
    »Die Molche filmen?« fragte er mich verdrossen. »Muß das sein?«
    »Es muß sein. Da unten ist der beste Ort, um über Gespenster nachzudenken.«
    »Du bist eine anstrengende Frau«, seufzte Rocco.
    Ich nickte ihm freundlich zu.
    »Du bist nicht der erste, der das sagt. Ich habe das immer ein bißchen dumm gefunden. Warum behauptet man das eigentlich?«
    »Weil du gute Filme drehst«, sagte Enrique heiter. »Alles nur Neid und Eifersucht.«
    Ich mußte plötzlich lachen. Ich kam mir wie ein Kind vor, das vor Panik laut singend in den Keller geht. Einen meiner ersten Filme hatte ich in den Bergen gedreht. »Strahler« hieß der Streifen. So hießen auch die Männer, die auf der Suche nach Kristallen die Quarzbänder bis hinauf zur Schneegrenze aufspürten. Dabei hatte ich ein wenig Gratkletterei geübt. Ich hatte mich mit dem Fels vertraut gemacht, hatte gelernt, auf seine Struktur zu achten. Aber besonders geschickt hatte ich mich nie dabei angestellt.
    Ich schickte Serge zu unserem Lagerplatz, um zusätzliches

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