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. . . Wurde Sie Zuletzt Gesehen

. . . Wurde Sie Zuletzt Gesehen

Titel: . . . Wurde Sie Zuletzt Gesehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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zum erstenmal seit mehr als fünf Stunden, und seine Stimme kam ihm unnatürlich laut vor.
    Morse räkelte sich und blinzelte in die Runde. »Ich muß ganz kurz eingenickt sein, Lewis. Sieht mir gar nicht ähnlich, was?«
    »Hätten Sie Lust, bei mir noch kurz eine Tasse Kaffee zu trinken und eine Kleinigkeit zu essen?«
    »Nein, aber danke trotzdem.« Er quälte sich wie ein rheumatischer Greis aus dem Auto, gähnte gewaltig und streckte die Arme. »Morgen machen wir blau, Lewis, einverstanden? Ich finde, das haben wir verdient.«
    Lewis fand das auch. Er parkte das Polizeiauto ein, stieg um in sein eigenes und winkte müde zum Abschied.
    Morse betrat das Präsidium und ging den langen, schwach erleuchteten Korridor zu seinem Büro, wo er den Aktenschrank öffnete und die Unterlagen zum Fall Valerie Taylor durchblätterte. Er fand sofort, was er suchte, und als er den inzwischen so vertrauten Brief in der Hand hielt, nahmen seine Gedanken wieder genau dieselbe Richtung wie beim letztenmal. – und es mußte doch stimmen! Es mußte!
    Er fragte sich, ob Lewis ihm das je verzeihen konnte.
     
     

Kapitel Achtunddreißig
     
    Da waren ’ s nur noch zwei
    Zehn kleine Negerlein
     
    » … noch keineswegs bekannt. Wir gehen alle normale r weise davon aus, daß der Geschlechtstrieb derartig vorher r schend und seit Urzeiten dominant ist, daß … « Morse, der gerade aufgewacht war und sich erstaunlich frisch fühlte, schaltete hinüber zum dritten Programm und von da zum Regionalsender Oxford. Aber offenbar wollte ihm keiner sagen, wie spät es war, und er drehte wieder zurück auf Kanal vier. »… allen voran natürlich Sigmund Freud. Lassen Sie uns einmal annehmen, wir seien auf einer verlassenen Insel gestrandet, hätten seit drei Tagen nichts gegessen und fragten uns, we l cher unserer leiblichen Triebe am stärksten auf unmittelbare Befriedigung drängt. « Morse’ Interesse erwachte; er stellte die Lautstärke höher. Die Stimme des Psychologen klang sehr kultiviert, akademisch und etwas parfümiert. » Stellen wir uns einmal vor, eine blonde Schö n heit erschiene, auf der flachen Hand einen Teller mit einem saftigen Steak und Pommes frites …« Morse beugte sich vor, um noch lauter zu drehen, berührte dabei versehentlich den Knopf für die Senderwahl, und in den fünf Sekunden, bis er Kanal vier wieder deutlich hören konnte, war die Entscheidung gegen die Blonde schon gefallen. »… stürzen wir uns also auf das Steak …« Morse schaltete das Radio aus. »Halt doch die Klappe, blöde Schwuchtel!« sagte er laut, erhob sich aus dem Bett, zog sich an und wählte unten am Telefon die Zeitansage. »Beim nächsten Gongschlag ist es 11 Uhr – 8 Minuten – und 40 Sekunden.« Eine nette Stimme. Morse hätte gern gewußt, ob sie blond war. Er hatte seit mehr als 24 Stunden nichts gegessen, aber Steak und Pommes frites rangierten auf der Skala seiner Triebwünsche ganz weit unten.
    Ohne sich erst zu rasieren, ging er zum Fletcher ’ s Arms , wo er die ›frisch geschnittenen‹ Schinkensandwiches unter der Plastikabdeckung mißtrauisch beäugte, und bestellte sich ein Glas Bitter. Bis Viertel vor eins hatte er vier Halbe intus und spürte eine angenehme Mattigkeit in den Gliedern. Er ging langsam nach Hause und ließ sich voll angekleidet aufs Bett fallen. So ließ es sich leben!
    Als er nachmittags um 5.20 Uhr wach wurde, fühlte er sich lausig. War dies nun das Ende der Jugend oder der Anfang des Alters?
    Um sechs saß er in seinem Büro und räumte erst einmal den Schreibtisch auf. Es lagen einige Nachrichten für ihn da, und eine nach der anderen wanderte in den Posteingangskorb, der noch nie ganz leer gewesen war und es auch nie sein würde. Auf dem Telefonblock stand »01-787/24392 bitte zurückrufen«. Morse sah in der Liste nach und las, daß 787 die Vorwahl für Stoke Newington war. Er wählte die Nummer.
    »Hallo?« Die Stimme war ausgesprochen sexy.
    »Ah. Hier Morse. Ich fand hier Ihre Nummer vor. Äh … kann ich Ihnen helfen?«
    »Oh, Inspector«, die Stimme klang wirklich aufregend, »das war gestern , als ich versuchte, Sie zu erreichen, aber egal – ich bin froh, daß Sie anrufen.« Sie sprach langsam und etwas gedehnt. »Ich wollte nur mal nachfragen, ob Sie mich vielleicht noch einmal sehen wollen – um eine Aussage aufzunehmen oder so etwas? Ich dachte, Sie kommen vielleicht noch einmal vorbei …«
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen, Miss … äh, Yvonne. Aber was jetzt noch zu tun ist,

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