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Wut

Wut

Titel: Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Salman Rushdie
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meine Gedanken lesen, aber du liegst oft weit daneben. Wenn etwas gesagt werden muß, werde ich es sagen. Fordere dein Glück nicht heraus.« Bei Neela hatte das echt geklungen, aus seinem Mund wirkte es jedoch nur wie hohles Gerede. Eleanor zeigte sich verachtungsvoll belustigt. »Was zum Teufel?« wollte sie wissen. »Seit wann benutzt du Ronald Reagans Redewendungen?« Ihr Verhalten wurde auf einmal schärfer, gereizter, unversöhnlich. Morgen und Lin, dachte Solanka. Morgen, der sich die Mühe gemacht hatte, ihn anzurufen und zu beschimpfen, weil er seine Frau verlassen hatte, die ihm wiederum bestätigt hatte, daß sein Verhalten sie und ihren Ehemann enger zusammengeschweißt hatte denn jemals zuvor. Hm-hm. Morgen, Eleanor und Lin in Florenz. Deswegen hat sie geweint. Asmaans Worte ließen keinen Zweifel. Sie hat geweint. Warum hat sie geweint, Morgen? Eleanor? Würdet ihr mir das bitte erklären? Würdest du mir bitte erklären, Eleanor, warum dein neuer Liebhaber und seine Frau sich in Gegenwart meines Sohns gestritten haben?
     
    Die Wut verließ ihn, aber alle anderen schienen extrem schlechter Laune zu sein. Mila zog um. Eddie hatte bei einer Firma namens Van-Go einen Möbelwagen gemietet und schleppte klaglos all ihre Siebensachen aus dem dritten Stock herunter, während sie auf der Straße stand, eine Zigarette rauchte, Irish Whiskey aus der Flasche trank und meckerte. Ihre Haare waren jetzt rot und stachelähnlicher denn je: sogar ihr Kopf wirkte zornig. »Was glotzt du so?« rief sie zu Solanka hinauf, als sie merkte, daß er sie aus dem Fenster seines Arbeitszimmers im ersten Stock heraus beobachtete. »Was immer du von mir willst, Professor, es ist nicht zu haben. Kapiert? Ich bin verlobt und werde heiraten, und glaube mir, du willst bestimmt nicht, daß mein Verlobter wütend wird.« Wider besseres Wissen - denn sie hatte schon fast die ganze Flasche Jameson’s gekippt - ging er auf die Straße hinunter, um mit ihr zu sprechen. Sie zog nach Brooklyn, zog mit Eddie zusammen in eine kleine Wohnung in Park Slope, wo die Webspyders ein Büro aufgemacht hatten. Die Site der Marionettenkönige stand kurz vor dem Start, und alles lief gut. »Keine Sorge, Professor«, versicherte Mila ganz leicht lallend. »Die Geschäfte florieren. Nur dich kann ich ganz einfach nicht ausstehen.«
    Eddie Ford kam mit einem Computermonitor die Vortreppe herunter. Als er Solanka sah, zog er eine dramatisch finstere Miene. Das war die Szene, die er seit so langer Zeit spielen wollte. »Sie will nicht mit Ihnen reden, Mann«, sagte er und setzte den Monitor ab. »Hab ich mich klar genug ausgedrückt? Miss Milo hat verdammt keine Lust auf Gespräche. Kapiert? Wenn Sie sie sehen wollen, rufen Sie im Büro an und bitten Sie um einen Geschäftstermin. Schicken Sie uns ’ne E-Mail. Sollten Sie’s wagen und in ihrer Privatwohnung aufkreuzen, kriegen Sie’s mit mir zu tun. Sie und die Lady haben nichts mehr miteinander zu tun. Sie sind, verdammt noch mal, endgültig getrennt. Wenn Sie mich fragen, ist sie ’n Engel, daß sie überhaupt noch geschäftlich mit Ihnen verkehrt. Ich dagegen, ich bin nicht so sanftmütig. Ich wünsche mir nichts als fünf Minuten. Dreihundert Sekunden allein mit Ihnen würden mir, verdammt noch mal, reichen. Jawoll, Sir. Können Sie mir folgen, Professor? Bin ich auf Ihrer Frequenz? Klingelt’s bei Ihnen?« Solanka neigte still den Kopf und wandte sich zum Gehen. »Sie sind ein beschissen trauriger und kranker alter Mann.« Und was hat sie dir erzählt, Eddie, über das, was sie mir anzutun versucht hat? Ach, laß nur. »Ach, Professor.« Im Korridor vor seiner Wohnungstür stieß er auf Schlink, den Klempner; oder vielmehr, Schlink wartete auf ihn, schwenkte ein Dokument und sprudelte seine Worte nur so heraus. »Alles in Ordnung in der Wohnung? Keine Toilettenprobleme? So, so. Was Schlink repariert, bleibt repariert.« Er nickte und grinste wie verrückt. »Vielleicht erinnern Sie sich nicht mehr«, fuhr er dann fort. »Ich war offen zu Ihnen, eh? Meine Lebensgeschichte hab ich Ihnen erzählt, umsonst. Und Sie haben einen grausamen Witz daraus gemacht. Vielleicht ein Film, haben Sie gesagt, könnte aus meiner kleinen Erzählung werden. Das haben Sie nicht ernst gemeint. Sie haben nur einen Spaß gemacht, da bin ich sicher. So von oben herab, Professor, so herablassend, Sie Stück Scheiße.« Solanka erschrak. »Jawohl«, sagte Schlink nachdrücklich. »Ich nehme mir die Freiheit, das zu sagen. Ich

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