Wyrm. Secret Evolution

haben.«
    Â»Ich sagte doch … wir wollten uns nur mal ein bisschen umsehen.«
    Die Frau gab Augenbraue mit einem Wink zu verstehen, dass sie jetzt das Verhör übernehmen wollte. »Ihr seid körperlich ganz schön fit, nicht?«, fragte sie dann. »Macht ihr Leistungssport?«
    Ihr Mund wirkte wie zugekniffen, während sie redete. So als sei sie gar nicht wirklich lebendig, dachte Maya schaudernd.
    Â»Ich warte auf eine Antwort, Kleines«, fuhr die Grauhaarige fort. »Seid ihr Sportler?«
    Maya schüttelte den Kopf. »Nicht wirklich.«
    Â»Also eher … unwirklich?« Die Alte nickte ihrem Kollegen zu. Es sah aus, als wolle eine dominante Mutter ihrem Sohn klarmachen, dass er jetzt Sendepause hatte. »Oder sollte man besser sagen: im Verborgenen?«
    Â»Ich … ich verstehe nicht …«
    Â»Doch, das tust du, Kleines.« Die Stimme der Grauhaarigen knarrte wie eine alte Schublade, die man langsam aufzog. »Ihr seid gesehen worden, weißt du?«
    Maya zuckte unbehaglich mit den Schultern. »Ich habe keine Ahnung, was Sie meinen.«
    Â»In der Mittagspause mal schnell ein Baugerüst vor einem Hochhaus zweckentfremden, um bis nach oben durchzusteigen und die dortige Leuchtreklame ein bisschen umzuspritzen«, die Frau lehnte sich ein Stück zurück und schloss halb die Augen. »Was für eine Verschwendung von Lebensenergie.«
    Eine Untote, dachte Maya hysterisch. Das war keine Polizistin, das war eine Tote, die man zurückgeholt hatte, um sie dorthin zu bringen, wo Mayas Seele immer noch war: in die Hölle des eingestürzten U-Bahnhofs unterhalb der Stadt. Dort, wo David aller Wahrscheinlichkeit nach unter Betontrümmern und nachrutschendem Erdreich begraben lag …
    Sie lachte auf, als sie begriff, dass sie nahe dran war, komplett durchzudrehen. Es war nicht lustig sich vorzustellen, was David alles passiert sein konnte. Aber es war absoluter Wahnsinn, jetzt ihrer Phantasie freien Lauf zu lassen, nur weil diese alte Schachtel einen an der Waffel hatte.
    Â»Was ist so lustig, Maya?«, fragte nun wieder Augenbraue.
    Â»Gar nichts. Oder besser gesagt: jede Menge.« Mayas linke Hand begann zu zittern. »Sie … Sie verhören mich hier wie eine Schwerverbrecherin. Und das nur deshalb, weil wir angeblich irgend so ein Versicherungs-Bonzen-Hochhaus angesprayt haben?«
    Â»Davon«, sagte Augenbraue fast sanft, »haben wir gar nichts gesagt.«
    Maya schluchzte auf. Nicht, weil sie so blöd gewesen war, mit ihrer unbedachten Bemerkung quasi zuzugeben, was sie verbrochen hatten. Sondern weil ihre Nerven dabei waren, endgültig zu zerreißen. Wenn sie nicht aufpasste, würde sie gleich einen hysterischen Heulkrampf bekommen – den ersten, seitdem ihre Cousine vor vielen Jahren bei einem Autounfall umgekommen war.
    Â»Also hätten wir das jetzt schon mal geklärt«, stellte die Frau fest. »Ihr seid diese Parcours-Bande. Die Typen, die mit ihren Sprayaktionen die ganze Stadt terrorisieren – und immer blitzschnell verschwunden sind, wenn unsereins auftaucht.«
    Â»Parcours-Bande?« Das klang so lächerlich, dass Maya beinahe erneut aufgelacht hätte. »Was soll das sein?«
    Â»Das«, antwortete Augenbraue, »ist die Bezeichnung, die euch die Sprayer-Soko gegeben hat.«
    Die Alte winkte ab. »Lass dich nicht verarschen, Kleines. Es gibt keine Sprayer-Soko. Aber es gibt eine Menge Straftaten, die man euch zur Last legen kann.«
    Â»Straftaten?«, fragte Maya verwirrt. »Ist das nicht … etwas übertrieben?«
    Â»Hausfriedensbruch, schadensersatzpflichtige Sachbeschädigung, Widerstand gegen die Staatsgewalt – und das, was dem kleinen Robbie infolge eures unverantwortlichen Verhaltens passiert ist, von den Toten und den anderen Vermissten ganz zu schweigen …« Die Grauhaarige nickte ernsthaft. »Die Liste ist sicherlich nicht komplett.« Sie beugte sich vor und fixierte Maya mit den kalten Augen einer Schlange, die nur auf die Gelegenheit zum tödlichen Biss wartet. »Wie wäre es zusätzlich mit der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung? Mindeststrafe drei Jahre …«
    Maya schnappte nach Luft. »Terroristische Vereinigung? Weil wir ein bisschen Parcours laufen – und ab und zu mal ein paar Tags auf Hauswänden hinterlassen?«
    Â»Nein.« Die Grauhaarige ließ Maya