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Xeelee 3: Ring

Xeelee 3: Ring

Titel: Xeelee 3: Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Finger auf die Lippen und verschloß sie. »Komm schon, Mark. Wir haben tausend Jahre, um alle Probleme zu überdenken. Zeit genug. Heute ist das Schiff neu und erstrahlt in vollem Glanz; heute genügt mir der Glaube, daß die Mission ein Vergnügen wird.«
    Mit einem plötzlichen Energieschub drückte sie den Steuerknüppel ihres Scooters nach vorn und stob den anderen hinterher.

    Lieserl. Nimm es nicht so schwer. Du leistest gute Arbeit.
    Sie legte den Kopf in den Nacken und schaute nach oben. Sie verließ bereits die komplexe, aufregende Welt der Konvektionsregion, mit ihren riesigen turbulenten Zellen, verwobenen Flußröhren und wuchtigen p-Wellen. Sie sah nach oben und erlaubte sich den Luxus nostalgischer Betrachtungen. Sie realisierte, daß sie sich in der Kammer der Konvektionszone fast schon heimisch fühlte.
    Heimisch… zumindest im Vergleich zu den Regionen, die sie jetzt aufsuchen würde.
    Wir erhalten noch immer gute telemetrische Daten, Lieserl.
    »Gut. Da bin ich aber froh.«
    Lieserl, wie fühlst du dich?
    Sie lachte. »Ich werde mich besser fühlen, wenn du deine ›gute Telemetrie‹ verlierst, Kevan«, erwiderte sie mit einer Mischung aus Empörung und Sympathie, »und ich mir nicht mehr deine saublöden Fragen anhören muß.«
    Du wirst mich vermissen, wenn ich nicht mehr da bin.
    »Das kann sogar stimmen«, räumte Lieserl ein. »Aber ich würde das nie zugeben.«
    Scholes lachte, wobei seine synthetische Stimme überraschend künstlich klang. Du hast meine Frage noch nicht beantwortet.
    Mit ausgestreckten Armen schaute sie auf ihre nackten Füße hinab. »Eigentlich fühle ich mich ein bißchen wie Christus. Dalis Christus vielleicht, der über einer trostlosen Landschaft in den Lüften schwebt.«
    Genau, bestätigte Scholes beiläufig. Genau das habe ich mir gedacht.
    Nun stürzte sie durch die letzten geisterhaften Formen der Konvektionszellen. Es war, als ob sie durch eine Wolkenbank gestoßen wäre. Die milchigweiße Oberfläche des Plasmameeres erstreckte sich unter ihr; große g-Modus-Wellen rollten über seine Oberfläche, wie Gedanken, die sich in einem riesigen Bewußtsein ausbreiteten.
    Ihre Fallgeschwindigkeit erhöhte sich plötzlich. Sie hatte das Gefühl, daß sich ihr der Magen umstülpte.
    »Verdammt«, sagte sie.
    Lieserl?
    Sie spürte, wie etwas ihre Brust einschnürte – und das war natürlich absurd, denn sie hatte ja gar keine Brust. Sie bemühte sich zu sprechen. »Ich bin okay, Kevan. Mir ist nur etwas schwindlig.«
    Schwindlig?
    »Virtueller Schwindel. Ich habe das Gefühl zu fallen. Die Illusion ist leider zu gut.«
    Nun, dann fällst du eben, Lieserl. Deine Geschwindigkeit hat sich erhöht, und du bist jetzt außerhalb der Konvektionszone.
    »Ich habe Angst, Kevan.«
    Keine Sorge. Die Telemetrie ist…
    »Zum Teufel mit der Telemetrie. Sprich einfach mit mir.«
    Er zögerte. Du befindest dich hundertsechzigtausend Kilometer unterhalb der Photosphäre. Du stehst dicht an der Grenze der Strahlungszone; der Mittelpunkt der Sonne ist noch einmal einskommaeinszwei Millionen Kilometer unter dir.
    »Schau nicht nach unten«, keuchte sie.
    Tut mir leid. Wir betrachten jetzt die neue Materie, die durch das andere Ende deines gekühlten Wurmlochs gepreßt wird. Ich kann das Interface kaum sehen, so dicht ist es von Forschungsplattformen umgeben. Es ist ein großartiger Anblick, Lieserl; die Universitäten stehen schon Schlange, um vor Ort beobachten zu können. Die Dichte des dich umgebenden Gases beträgt nur etwa ein Prozent der Dichte von Wasser. Aber dafür liegt die Temperatur bei einer halben Million Grad.
    »Echt stark.«
    Engelstränen, Lieserl.
    Das Plasmameer raste auf sie zu, ruhig und gefräßig. Plötzlich war sie davon überzeugt, daß sie, und ihr fragiles Wurmloch, fast spurlos in diesem Feuerofen verglühen würden. »Oh, verdammt!« Sie zog die Knie an die Brust und schlang die Arme um die Waden, so daß sie ihren Sturz in embryonaler Haltung fortsetzte.
    Lieserl, du mußt das nicht tun. Wenn du abbrechen willst…?
    »Nein.« Sie schloß die Augen und legte die Stirn auf die Knie. »Nein, es ist alles in Ordnung. Ich bin eben manchmal nur nicht so robust, wie ich immer glaube.«
    Das Wurmloch ist stabil. Wir sind der Ansicht, daß du nach den von uns durchgeführten Änderungen zumindest die ersten paar tausend Kilometer in die Strahlungszone eindringen kannst, ohne die Integrität des Wurmlochs zu gefährden. Vielleicht auch noch tiefer; die Temperatur-

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