Worten richtig kann. Sie ist jetzt eine Forschungsstudentin, die neue Formen der computerunterstützten Kommunikation untersucht, wobei sie mit einer bekannten Gruppe in Europa zusammenarbeitet:
»Vielleicht kann ich es so am einfachsten erläutern: Wir haben Ohren zum Hören, das sind passive Instrumente. Sie können nur Geräusche aufnehmen aber nicht produzieren. Aus der Sicht eines Computerfachmanns sind sie also ‚Eingabegeräte‘. Aber wir haben auch einen Mund, mit dem wir sprechen, also Geräusche für die Ohren machen. Der Mund ist also das entsprechende ‚Ausgabegerät‘. Mit anderen Worten, im Audiobereich hat der Mensch sowohl ein Eingabe- als auch ein Ausgabegerät. Im visuellen Bereich ist es aber anders. Die Augen, als passive Instrumente, sind wieder sozusagen ein ‚Eingabegerät‘, aber wir haben kein entsprechendes visuelles ‚Ausgabegerät‘, wir haben sozusagen keinen ‚Mund für die Augen‘.«
»So explizit ist mir das nie vorher aufgefallen«, staunt Kevin.
»Das heißt, du versuchst den Computer als eine Art ‚Augen-Mund‘ als visuelles Ausgabegerät einzusetzen?«, sagt Aroha.
»Ja, so könnte man es ungefähr sagen«, lächelt Jeannie. »Nur ist die Situation natürlich viel komplexer. Die Herausforderung ist, herauszufinden, wie weit wir visuell und nicht in Worten denken. Was wir in unserem Kopf ‚sehen‘ das sind ja nicht irgendwelche Bilder oder Filme, sondern das sind gewisse Abstraktionen, die wir verstehen lernen müssen. Versucht nur einen Augenblick, euch eine Rose vorzustellen! Was empfindet ihr (sie macht eine Pause und alle denken an eine Rose)? Es ist doch bemerkenswert. Wir sehen dabei nicht ein richtiges Bild, aber irgendwas mit durchaus vielen Details wird uns dabei bewusst.«
»Willst du sagen, dass wir uns nur abstrakte Bilder - was immer das ist - merken?«
»Ich habe ja gesagt, dass es mir nicht leicht fallen wird, zu erklären, was wir machen«, lacht Jeannie, »aber, als Beispiel, versuch dir einmal die Tätowierung auf Popey‘s Arm vorzustellen. Welche Gestalt hat sie?«
»Es ist ein Anker«, sagt Aroha.
»Wieso kannst du das sagen?«
»Weil ich den Anker sozusagen in mir sehe.«
»Gut, kannst du ihn jetzt um 90 Grad drehen?«
»Ja«, antwortet Aroha.
»Nein«, sagen Mike und Kevin fast gleichzeitig.
»Verschiedene Antworten also. Ist doch interessant. Aber, Aroha, als du den Anker gedreht hast, war das, als sähst du einen Film?«
Aroha denkt nach und schüttelt dann den Kopf. »Nein, es war anders.« Alle denken, ohne zu reden, eine Weile nach.
Jeannie setzt fort: »Fast alle Tiere haben Ohren und Augen und haben damit ein Gedächtnis für Geräusche und visuelle Eindrücke. Fast alle Tiere können auch Geräusche machen; aber wie wir Menschen könne sie keine visuellen Eindrücke (von ganz einfachen abgesehen) erzeugen. Was uns daher sozusagen fehlt, und an dem arbeiten wir, ist eine visuelle Sprache.«
[31] Jeder Leser, der das Rätsel nicht kennt, soll versuchen, es zu lösen! Es geht wirklich und ist kein Trick. Bevor irgendwer ganz verzweifelt: Der Herausgeber der Xperten-Reihe steht notfalls per email unter
[email protected] oder Fax (0316) 873 5699 für Hilfe zur Verfügung!
Das führt zu einer langen Diskussion was man sich darunter vorstellen und wie sich so etwas entwickeln könnte.
»Wahrscheinlich wäre die beste visuelle Sprache irgendwie an die Mathematik angelehnt?«, sagt Mike.
»Wäre so eine Sprache so eine Art Ersatz für ein fotografisches Gedächtnis?«, fragt Aroha.
»Nein, unser visuelles Gedächtnis scheint nicht wie ein Fotoapparat zu funktionieren«, kommentiert Jeannie, »bisherige Forschungsergebnisse scheinen zu belegen, dass wir visuelle Eindrücke in kleinen Bruchstücken, durch Verallgemeinerungen und durch Abstraktionen speichern. Technisch nennt man das oft ‚Hinweise und vages Aufblitzen‘.«
Aroha ist erstaunt. Sie ist längere Zeit still, bevor sie es schließlich wagt, über ihre Erfahrungen mit den visuellen Eindrücken zu berichten, die das Kapakapa liefert: »Ich erinnere mich, als ich das Kapakapa das erste Mal benutzte. Da ‚sah‘ ich ganz kurz das Lächeln meiner Großmutter, das ‚vage Aufblitzen‘ beschreibt das recht gut. Dann, in der Höhle, erlebte ich mehrmals ein solches ‚Aufblitzen‘, darunter war auch das Bild der Göttin des Todes, das mich sehr erschreckte.«
»Ja, ich erinnere mich, dass du damals zusammenzucktest«, sagt Jeannie.
»Aber was mich beunruhigt«, sagt