YANKO - Die Geschichte eines Roma
Bruder der Welt! Du hast mich nie im Stich gelassen! Nie!”
Keith lächelte Yanko liebevoll an und war gerührt. „Da würde ich auch im Traum nicht dran denken! Komm lass uns wieder reingehen!” Sie standen auf und gingen Arm in Arm wieder ins Zelt zurück.
D ie Idee kam ihm in San Francisco in den Sinn, als er mit Janina in der Stadt war.
Sie saßen in einem Straßencafé und tranken Kaffee. Und nachdem er dann Janina von dem letzten Gespräch mit seinem Bruder erzählt hatte, und von allem was er in der letzten Zeit von ihm mitbekommen hatte, und dass sein Bruder ihn darum beneiden würde angeblich all das getan zu haben, was sein Herz wolle, wurde ihm klar, dass er etwas unternehmen musste.
Yanko rieb sich über das Gesicht, und Janina fragte ihn einfach: „Und hast du?“ Und meinte damit, ob er immer seinem Herzen gefolgt war. Er schaute ihr nachdenklich in die Augen. „Hmm... Ich weiß nicht... Vielleicht ein bisschen, ja... Und du?“ „Im Moment, ja!“ Sie strahlte ihn an, und Yanko musste grinsen, ihr Lächeln war einfach zu unwiderstehlich.
„Wie kann ich ihm bloß helfen?“, fragte er sie nach der zweiten Tasse. „Rede nochmal mit ihm!“, schlug Janina vor. „Ich weiß nicht, ob ihm das wirklich hilft. Vielleicht braucht er mal richtigen Abstand zu all dem, was hier ist.“ „Ja, das ist gut! Schenk ihm doch eine Woche Karibik, oder so!“ Yanko überlegte kurz, dann fiel ihm plötzlich der Aushang wieder ein, den er vorhin im Vorbeigehen im Fenster eines Reisebüros gesehen hatte. „Nein, ich hab’s! Ich schenke ihm ein Ticket nach Europa, zurück zu unseren Wurzeln. Vielleicht hilft ihm das ja!” „Wow, das klingt gut! Ja, mach’ das!”, rief Janina begeistert.
Yanko beugte sich über den Tisch und gab ihr einen stürmischen Kuss. „Danke Süße!“, flüsterte er ihr ins Ohr. Sein Körpergeruch wehte ihr in die Nase, und der Blick auf seine nackte Brust unter seinem Hemd ließ ihr Herz schneller schlagen, und sie hätte am liebsten auf der Stelle mit ihm geschlafen.
I m Oktober war es dann so weit, und sie flogen nach Barcelona. Als sie dort ankamen, war es etwas bewölkt, und ein leichter Wind wehte, aber es war dennoch angenehm warm.
Als erstes fuhren sie ans Meer. Dort setzten sie sich an den Strand direkt in den Sand und schauten auf das Wasser hinaus und genossen schweigend die frische Meeresluft.
Keith brach das Schweigen schließlich. „Das tut gut!”, seufzte er und ließ sich in den Sand fallen. Er war schon jahrelang nicht mehr am Meer gewesen. Keith war zwar in Granada auf die Welt gekommen, hatte aber seine Kindheit dann auch in Griechenland am Meer verbracht und fragte sich jetzt, wie er das nur solange ohne Meer ausgehalten hatte.
„Allerdings! Danke, dass du mich überredet hast mitzukommen!”, sagte Yanko und schubste seinen Bruder leicht in die Seite. „Ohne dich wäre das alles nur die Hälfte! Du gehörst ja schließlich dazu!“ Yanko ließ den Sand durch seine Hände rieseln, und Keith sah, dass er traurig war. Keith setzte sich wieder auf und legte einen Arm um ihn. „Ich glaube, ich bin nicht der einzige, der hier was zu heilen hat!“, sagte er und drückte Yanko an sich.
Am nächsten Tag besuchten sie das Grab ihres Vaters.
Sie setzten sich nebeneinander auf eine Bank gegenüber des Grabes und schwiegen. Es gab nichts zu sagen. Jeder war mit seiner eigenen Trauer beschäftigt.
Erst am zweiten Tag konnten sie genug Mut fassen und zu dem sandigen Platz hinausfahren auf dem sie einst viele Winter verbracht hatten.
Es sah dort immer noch so aus, wie sie es in Erinnerung hatten, nur ringsherum gab es ein paar Fabriken und großeHäuser mehr. Früher waren hier noch Wiesen gewesen auf denen ihre Pferde grasen konnten.
Langsam lief jeder für sich über den Platz. Irgendwann blieb Yanko stehen und rief seinem Bruder zu: „Hier waren die Pferde!“ „Und hier stand unser Wohnwagen!”, hörte er Keith zurückrufen. Yanko ging ein Stückchen weiter und blieb woanders stehen. „Und hier war das Zelt...” Keith kam zu ihm rüber. „Ja, hier stand es! Kannst du es noch sehen?“ „Jedes einzelne Stück!“ Und beiden wurde es schwer ums Herz. Yanko holte ein Päckchen Zigaretten aus seiner Jacke und zündete gleich zwei an und gab Keith eine davon. Er nahm sie und zog daran. Sie setzten sich auf einen umgefallenen Baumstumpf und rauchten.
„Hast du jemals darüber nachgedacht SAN DANA wieder ins Leben zu rufen?“, fragte Keith seinen Bruder
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