YANKO - Die Geschichte eines Roma
Nancy, ach du liebe Zeit! Da muss ich etwas unternehmen, das wäre ja ein Skandal! So geht das nicht weiter!“
Nancy nickte wie hypnotisiert und schaute dann aber plötzlich nachdenklich aus dem Fenster und rang mit sich. Hugh legte fürsorglich seinen Arm um sie. „Ist noch etwas, Schatz?“, fragte er liebevoll und gleichzeitig besorgt. Doch Nancy mochte erst nicht so recht damit herausrücken, dann begann sie aber vorsichtig: „Hugh... ich weiß, das hört sich jetzt vielleicht blöd an... Und ich will das damit auch auf keinen Fall rechtfertigen, aber... es... es... sah schön aus... Die beiden... Sie waren so... zärtlich zueinander...“
Hugh sprang erneut auf und schlug plötzlich vehement mit der Hand auf den Tisch und sprach mit finsterer Miene: „Schluss damit! Das kann es ja wohl nicht sein! Die vergiften noch unsere schöne Gemeinde, wenn das so weitergeht! Diese Kindsköpfe! Verdammt, ich mag sie ja beide sehr, das weißt du, aber jetzt gehen sie deutlich zu weit!... Mann Yanko, du verdammter Idiot!“
Am nächsten Tag stieg Yanko in Sheddy gerade aus dem Auto, als Hugh an ihm vorbeiging. Hugh schnappte sich Yanko sofort mit den Worten: „Gut, dass ich dich treffe! Ich muss unbedingt mit dir reden! Hast du kurz Zeit?“ Yanko war etwas verwundert ob der Heftigkeit mit der Hugh auf ihn zugekommen war. „Äh... ja... kurz... Ich muss zu einem Rennen.“ „Dauert nicht lange... Gehen wir in mein Büro!“
Yanko ging Ungutes ahnend mit Hugh in dessen Büro ins gegenüberliegende Rathaus. Hugh wies auf einen der Sessel, und Yanko setzte sich. Der Bürgermeister lief zum Fenster und dann auf Yanko zu. Yanko war plötzlich genervt, weil Hugh so geheimnisvoll tat. „Was gibt’s denn?“, fragte er deshalb ungeduldig. Aber Hugh antwortete nicht sofort, denn er war auf einmal doch etwas verunsichert und hatte Schwierigkeiten zu sagen, was er sagen wollte.
Er kannte Yanko schon lange, und Yanko hatte sich jahrelang für Sheddy und die ganze Gegend wirklich sehr engagiert. Eigentlich stand er ja voll hinter ihm. Ohne Yanko wäre er auch bestimmt nicht zum Bürgermeister gewählt worden. Er hatte zu jener Zeit viel von diesem aufgeschlossenen und mutigen, jungen Mann gelernt, der hier vor ungefähr zwanzig Jahren mit seiner hübschen Verlobten angekommen war. Yanko war zwar Zigeuner, aber er war für ihn auch Amerikaner, denn damals herrschte in Sheddy beinahe ein bürgerkriegsähnlicher Zustand aufgrund der Situation zwischen den Wilsons und den Cheyenne. Er hatte ihn für sein Engagement sehr bewundert, jedoch sein fast aufopferungsmäßiges Verhalten bei der ganzen Sache zunächst nicht wirklich verstanden. Erst als er nach einiger Zeit erfahren hatte, dass alle Melborns Roma waren, hatte er begonnen ihn besser zu verstehen. Und als er ihn näher kennengelernt hatte, erkannte er immer mehr, dass es zwischen dem Rassismus gegenüber Zigeunern und Indianern keinen großen Unterschied gab. Da war es aber schon zu spät gewesen ihn für seine Herkunft pauschal zu missachten, obwohl er zunächst schon etwas geschockt darüber gewesen war, aber zu diesem Zeitpunkt waren sie bereits befreundet gewesen. Es hatte Hugh bald nichts mehr ausgemacht, welcher Rasse Yanko angehörte, jedenfalls wollte er es so sehen. Yanko hatte etwas an sich, was Hugh bei sich selbst vermisste,denn er hatte sich ein Stück Wildheit und Natürlichkeit bewahrt.
Nur das was jetzt gerade passierte, konnte er nun beim besten Willen überhaupt nicht verstehen und schon gar nicht akzeptieren, und vor allem konnte er Ron dabei nicht verstehen, und er durfte so etwas auf keinen Fall hier dulden.
Langsam kamen die Worte dann doch über seine Lippen: „Yanko... Es tut mir leid, ich will dir bestimmt nicht zu nahe treten... aber mir sind da Dinge zu Ohren gekommen über dich, die ich wirklich nicht gut heißen kann, hier als Bürgermeister. Kannst du mir erklären, was das soll?“ „Von was redest du?“, fragte Yanko, obwohl er genau wusste, was Hugh meinte, aber er war fest entschlossen ihm nichts davon zu sagen. „Von dir und Ron! Was läuft da?“ Yanko schluckte unbemerkt. „Seit wann interessierst du dich für meine Freundschaft mit Ron? Du kennst uns doch!“ Hugh wurde wieder ruhiger, und er fuhr mit sanfterer Stimme fort: „Ja genau, das dachte ich jedenfalls, aber sooo eine Freundschaft geht nicht!“
Yanko hasste solche Gespräche, bei denen jeder ganz genau wusste worüber man sprach, doch keiner gab es zu und redete
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