Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens
eine warme Welle durch meine Adern.
„Nein. Aber ich könnte lehren, mit Waffen zu kämpfen“, schlug Valek vor.
„Es ist eine perfekte Welt. Waffen sind nicht erlaubt.“ Ich fuhr mit den Händen seinen Rücken hinunter. „Wie wäre es mit einem Gelehrten? Ihr habt doch all diese Bücher gelesen, die bei Euch herumliegen, nicht wahr? Oder dienen sie nur als Stolperfalle, um Fremden das Eindringen zu erschweren?“
„Bücher sind mir auf vielerlei Arten von Nutzen. Aber ich bezweifle, dass deine perfekte Welt einen Gelehrten braucht, der sich mit Mord auskennt.“
Für ein paar Sekunden hielt ich mit dem Massieren inne. „Nein. Ganz bestimmt nicht.“
„Wie wäre es mit Bildhauer? Ich könnte außergewöhnliche Skulpturen schaffen. Wir könnten die ganze Burg umdekorieren und alles ein bisschen freundlicher gestalten. Und was ist mit dir?“, fragte er, als ich mit den Fingerspitzen sein Kreuz massierte. „Was würdest du sein wollen?“
„Akrobatin.“ Das Wort war heraus, ehe ich darüber nachdenken konnte. Ich glaubte, ich hätte die Akrobatik zusammen mit meinem Feueramulett hinter mir gelassen, aber offenbar hatte mein Ausflug in den Wald meinen Wunsch zu neuem Leben erweckt.
„Eine Akrobatin! Nun, das erklärt Einiges.“
Valeks wohlgeformten Körper zu berühren erregte mich, und ich schlang die Arme um seinen Bauch. In diesem Moment dachte ich nicht daran, was Reyad mir angetan hatte. Der Brandy hatte mich so entspannt, dass ich keinerlei Furcht verspürte. Ich begann, Valeks Hose zu öffnen.
Er ergriff meine Handgelenke und hielt sie fest. „Yelena, du bist betrunken.“ Seine Stimme klang heiser.
Valek ließ meine Hände los und erhob sich. Reglos blieb ich sitzen. Zu meiner Überraschung beugte er sich zu mir hinunter, nahm mich auf den Arm, trug mich wortlos in mein Zimmer und legte mich aufs Bett.
„Schlaf ein bisschen, Yelena“, sagte er leise, als er das Zimmer verließ.
Um mich herum drehte sich alles, während ich in die Dunkelheit starrte. Ich legte eine Hand an die kalte Steinwand neben meinem Bett. Es half mir beim Nachdenken. Jetzt wusste ich Bescheid. Valek sah in mir lediglich die Vorkosterin. Dilanas Klatsch und Marens Eifersucht hatten mich auf eine falsche Fährte geführt. Den Schmerz, der nach seiner Zurückweisung wie Messerstiche in mein Herz stach, hatte ich mir ganz alleine eingebrockt.
Hatte ich noch immer nicht aus meinen Fehlern gelernt? Menschen verwandelten sich in Schurken. Erst Brazell, dann Rand. Obwohl – Reyad war sich treu geblieben. Und was war mit Valek? Würde er sich auch in ein Monster verwandeln,oder war er bereits eins? Hatte Star nicht gesagt, dass ich keine Gedanken an ihn verschwenden sollte – weder als Gefährten noch als je man den, der den leeren Platz in meinem Herzen einnehmen konnte?
Als ob das so einfach wäre! Ich musste lachen. Es war ein betrunkenes Lachen, unsicher und rau – ein hässliches Echo meiner trüben Gedanken. Schau dich um, Yelena, schalt ich mich selbst. Die vergiftete Vorkosterin, die sich mit Geistern unterhält. Ich sollte dankbar sein, dass ich überhaupt noch atmete, dass ich noch lebte. Ich sollte mich nicht nach mehr als einem freien Leben in Sitia sehnen. Dann könnte ich die Leere füllen. Kurzentschlossen verdrängte ich alle sentimentalen und selbstmitleidigen Gedanken. Ich lebte. Das war die Hauptsache.
Meine Flucht nach Sitia würde meine Beziehung zu Valek nicht zerstören. Schließlich hatten wir gar keine. Wenn ich erst einmal das Gegengift zu Butterfly Dust hätte, konnte ich meine Pläne in die Tat umsetzen. Im Geiste stellte ich mir noch einmal vor, wie man ein Schloss knackte, bis ich in einen alkoholgeschwängerten Schlaf fiel.
Mit pochendem Schädel wachte ich eine Stunde vor Sonnenaufgang auf. Mein Mund war ausgetrocknet, und ich hatte das Gefühl, dass mit jedem Atemzug, den ich ausstieß, Staub von meinen Lippen wirbelte. Vorsichtig stieg ich aus dem Bett und wickelte mir die Decke um die Schultern. Ich hatte Durst. Valek liebte kaltes Wasser und hatte immer einen Krug auf dem Balkon stehen.
Die frische Nachtluft pustete mir die letzten Reste von alkoholumnebeltem Schlaf aus dem Kopf. Im fahlen Licht des Mondes, das von den Mauern reflektiert wurde, wirkte die Burg gespenstisch. Ich entdeckte den Krug. Eine dünne Eisschichthatte sich auf der Oberfläche des Wassers gebildet. Ich zerstieß das Eis mit einem Finger und trank gierig.
Als ich einen weiteren Schluck nehmen wollte,
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