Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens
Versen?“, wollte ich von Janco wissen.
„Das hilft mir, meinen Rhythmus zu finden.“
„Machen sich die anderen Soldaten nicht darüber lustig?“
„Nicht, wenn ich sie schlage.“
Wir begannen einen neuen Kampf. Obwohl ich mich diesmal zu konzentrieren versuchte, unterlag ich erneut.
„Jetzt bist du zu verkrampft. Ich sehe förmlich, wie du jeden Schritt im Voraus planst“, kritisierte Janco. „Damit verrätst du dich, und ich kann deine Schläge parieren, ehe du sie überhaupt ausführst.“
„Wir haben doch ein Ziel vor Augen“, fügte Ari hinzu. „Angriff und Verteidigung müssen instinktiv sein. Bleib ganz entspannt, aber sei auf der Hut. Lass dich von nichts ablenken. Behalte deinen Gegner im Auge, doch sei nicht starr auf ihn fixiert.“
„Das ist doch ein Widerspruch!“, rief ich frustriert.
„Aber es klappt“, sagte Ari nur.
Ich holte ein paar Mal tief Luft und verdrängte den beunruhigenden Gedanken an meine bevorstehende Fahrt in Brazells Distrikt. Mit der Handfläche rieb ich über den Schaft des Streitkolbens, wobei ich mich auf die glatte Oberflächedes Holzes konzentrierte. Anschließend umklammerte ich die Waffe mit festem Griff und versuchte, eine mentale Verbindung herzustellen, durch die sich meine Gedanken und Absichten auf den Streitkolben übertragen sollten.
Ich spürte ein leises Vibrieren in den Fingerspitzen, als ich über die Maserung fuhr. Mein Bewusstsein floss durch den gesamten Kolben und zurück in meinen Arm. In diesem Moment beherrschte ich meinen Körper ebenso wie meine Waffe.
Mit erhöhter Wachsamkeit ging ich in die dritte Runde. Instinktiv wusste ich, was Janco vorhatte. Sekundenbruchteile bevor er einen Schritt machte, konterte ich bereits mit meiner Verteidigung. Weil ich nicht länger nur darauf achtete, seine Schläge zu parieren, gewann ich mehr Zeit für Angriffe und Gegenwehr. Ich drängte Janco zurück, einem Rhythmus folgend, den ich in meinem Körper spürte und von dem ich mich leiten ließ.
Diesmal gewann ich den Kampf.
„Erstaunlich“, rief Janco. „Hast du Aris Rat befolgt?“ „Wort für Wort.“
„Kannst du es noch mal tun?“
„Keine Ahnung.“
„Versuch’s mit mir.“ Ari nahm seinen Streitkolben und stellte sich im Kampfpositur.
Wieder fuhr ich mit meiner Hand über den hölzernen Schaft und versuchte, die Verbindung zwischen mir und der Waffe herzustellen. Beim zweiten Mal fiel es mir leichter.
Ari war ein stärkerer Gegner als Janco. Was ihm an Tempo fehlte, machte er durch Stärke wett. Ich musste meine Verteidigungstaktik ändern, indem ich seinen Attacken blitzschnell auswich, um nicht getroffen zu werden. Da ich kleiner warals er, duckte ich mich unter seinen Schlägen, schwang meinen Kolben hinter ihn und versetzte ihm einen Hieb gegen die Fußknöchel. Er fiel um wie ein Sack Mehl. Wieder hatte ich gewonnen.
„Unglaublich“, staunte Janco.
„Jetzt bin ich dran“, forderte Maren mich heraus.
Zum dritten Mal stimmte ich mich auf die geistige Verbindung ein. Marens Angriffe kamen so schnell wie die eines Panthers. Sie täuschte oft Attacken in Augenhöhe vor, was mich dazu verleitete, meinen Körper ungeschützt zu lassen, womit ich eine große Angriffsfläche bot. Doch dieses Mal war ich ihr immer einen Schritt voraus, ignorierte ihre Täuschungsmanöver und wehrte alle ihre Hiebe ab.
Als kluge Gegnerin verließ sie sich auf Taktik anstatt Geschwindigkeit und Stärke. Sie griff mich frontal an, doch ich wusste, dass sie seitwärts ausweichen würde, wenn ich jetzt auf sie zuging. Stattdessen wirbelte ich um meine eigene Achse und brachte sie mit meinem Streitkolben zum Stolpern. Als sie ausgestreckt auf dem Boden lag, stürzte ich mich auf sie und drückte ihr meine Waffe in den Nacken, bis sie sich geschlagen gab.
„Verdammt“, fluchte sie. „Wenn eine Schülerin anfängt, ihre Lehrerin zu besiegen, heißt das, dass sie sie nicht länger braucht. Ich verschwinde.“ Damit stürmte sie aus dem Raum.
Ari, Janco und ich sahen uns an.
„Sie meint es doch nicht ernst, oder?“, fragte ich.
„Das nagt an ihrem Selbstbewusstsein. Aber sie wird’s überleben“, meinte Ari. „Es sei denn, du besiegst sie jetzt jedes Mal.“
„Unwahrscheinlich“, erwiderte ich.
„Sehr“, brummelte Janco, der offensichtlich auch noch seine Wunden leckte.
„Genug gekämpft“, beschloss Ari. „Yelena, warum machst du nicht ein paar Katas, um dich zu entspannen, und wir lassen’s für heute gut sein?“
Ein Kata
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