Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens
aufbrechen.
Ich eilte durch die Burg, um Vorkehrungen für die Reise zu treffen. Dilana begrüßte mich mit bekümmertem Blick, als ich mir bei ihr meine Kleidung für die Fahrt abholte. Die Dokumente für Rands Versetzung seien unterzeichnet, erzählte sie. Er würde mit uns kommen.
„Ich habe auch um eine Versetzung gebeten, aber ich bezweifle,dass sie bewilligt wird“, erzählte sie beim Durchwühlen ihrer Kleiderstapel. „Hätte mich dieser Dummkopf doch bloß geheiratet. Dann hätten wir dieses Problem jetzt nicht.“
„Du hast noch genügend Zeit, deinen Antrag einzureichen. Wenn er genehmigt wird, kannst du für die Hochzeit nach MD-5 fahren.“
„Er möchte nicht, dass irgendjemand weiß, wie sehr er mich mag. Er befürchtet, dass sie mein Leben als Druckmittel gegen ihn einsetzen könnten.“ Betrübt schüttelte sie den Kopf. Nicht einmal die Nachricht, dass der neue Handelsvertrag mit Sitia künftig den Import von Seide gestattete, vermochte sie aufzuheitern.
Der Vertrag mit dem Süden sah einen unkomplizierten Austausch von Waren vor, die genau festgelegt waren. Nur Kaufleute mit den entsprechenden Genehmigungen und Konzessionen durften die Güter zu einem festgesetzten Preis kaufen und verkaufen. Alle Trecks würden kontrolliert werden, wenn sie die Grenze nach Ixia an bestimmten Über gängen passierten. Schon in wenigen Monaten hätte Rand mir eine Tasse Kaffee brühen können, aber ich bezweifelte, dass er es getan hätte, da ich seit unserem Streit in der Küche nicht mehr mit ihm gesprochen hatte. Ich konnte ihm keine weiteren Bohnen besorgen, und den Grund dafür konnte ich ihm auch nicht nennen.
Der Morgen unserer Abfahrt war grau und wolkenverhangen. Es sah nach Schnee aus. Die kalte Jahreszeit begann. Eigentlich wurden ab diesem Zeitpunkt keine Reisen mehr unternommen. Schnee und Eis würden den Commander und sein Gefolge wahrscheinlich zwingen, bis zum Tauwetter bei Brazell auszuharren. Bei dem Gedanken schauderte ich.
Valek hielt mich zurück, als ich unsere Wohnung verlassenwollte. „Das ist eine sehr gefährliche Reise für dich. Bleib stets im Hintergrund und halte die Augen offen. Fragen, die du dir in Gedanken stellst, sind möglicherweise nicht deine eigenen.“ Er drückte mir eine silberne Flasche in die Hand. „Der Commander gibt dir deine tägliche Dosis Gegengift, aber wenn er es einmal vergessen sollte, ist das deine eiserne Reserve. Sag niemandem, dass du sie hast, und verstecke sie gut.“
Zum ersten Mal vertraute Valek mir. Die metallene Flasche lag warm in meinen Händen. „Vielen Dank.“
Ich hatte ein mulmiges Gefühl im Magen, als ich das Gefäß in meinem Rucksack verstaute. An diese Ge fahr hatte ich überhaupt nicht gedacht. Hatte ich sonst noch etwas übersehen?
„Warte, Yelena, da ist noch etwas.“ Valeks Benehmen war ungewöhnlich kühl und formell, und seine Stimme klang beiläufig. „Ich möchte dir das hier geben.“ Er streckte die Hand aus. Auf seiner Handfläche saß der wunderschöne Schmetterling, den er geschnitzt hatte. Er hing an einer silbernen Kette, für die Valek ein winziges Loch in den Körper gebohrt hatte, und die silbernen Flecken auf seinen Flügeln reflektierten das milchige Licht des Morgens.
Valek legte mir die Kette um den Hals. „Als ich diese Figur geschnitzt habe, dachte ich an dich. Ein zierlicher Körper, aber von einer ungeheuren Stärke, die man auf den ersten Blick gar nicht erkennt.“ Er sah mir in die Augen.
Meine Kehle war wie zugeschnürt. Valek benahm sich, als würde er mich nie wiedersehen. Seine Angst um meine Sicherheit schien aufrichtig zu sein. Doch machte er sich Sorgen um mich oder um seine wertvolle Vorkosterin?
28. KAPITEL
C ommander Ambroses Gefolge bestand aus fast fünfzig Soldaten seiner Elite-Einheit. Einige führten den Zug an, andere ritten hoch zu Pferd an der Seite des Commanders und seiner Berater. Ein paar Soldaten flankierten die kleine Gruppe der Diener, die vor den Pferden herliefen, und der Rest der Einheit bildete die Nachhut. Ari und Janco kundschafteten die geplante Route aus und waren unserem Treck um Stunden voraus.
In der frischen Morgenluft kamen wir schnell voran. Die Farben der heißen Jahreszeit waren längst aus den Wäldern gewichen und hatten einer langweiligen grauen Monotonie Platz gemacht. Ich hatte Valeks Schmetterling unter meinem Hemd verborgen. Immer wieder betastete ich das Schmuckstück auf meiner Brust. Sein Geschenk hatte meine Gefühle in Aufruhr
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