Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens
Befehl, das Mädchen zum General zu bringen – und keine Botschaften“, sagte Wren und nahm sein Schwert vom Gürtel.
Metall klirrte, als auch der andere Mann seine Waffe zückte. Wren befahl Valek erneut, beiseite zu treten. Was konnte er, von zwei Schwertern bedroht, noch tun? Ich wäre um mein Leben gerannt. Vorsichtshalber verlagerte ich mein Körpergewicht auf die Fußballen und bereitete mich auf die Flucht vor.
Unvermittelt machte Valek zwei Bewegungen aus dem Hand gelenk, die so schnell waren, dass ich sie nur verschwommen wahrnahm. Es sah so aus, als salutierte er vor den Soldaten. Ehe sie reagieren konnten, stand er zwischen ihnen – zu nahe, als dass sie mit ihren Schwertern etwas ausrichten konnten. Er duckte sich, legte die Handflächen auf den Boden und wirbelte um die eigene Achse. Mit ausgestrecktem Bein fällte er die beiden Soldaten. Metall klirrte. Ich spürte einen Luftzug, als Wren stürzte, und hörte den anderen fluchen. Dann lagen beide regungslos zu meinen Füßen.
Verblüfft sah ich, wie Valek mit einer eleganten Bewegung von den außer Gefecht gesetzten Gegnern einen Schritt zurücktrat. Leise zählte er bis zehn. Dann beugte er sich über die Männer und zog zwei winzige Pfeile aus ihren Nacken.
„Es ist nicht gerade die feine Art, so zu kämpfen, aber ich bin schon spät dran zum Mittagessen.“
6. KAPITEL
V alek stieg über die auf dem Bauch liegenden Soldaten, nahm meinen verletzten Arm und untersuchte ihn. „Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht. Du wirst es überleben. Wir gehen erst zum Commander und dann zum Arzt.“
Valek eilte mit mir quer durch die Burg. Ein klopfender Schmerz machte sich in meinem Arm bemerkbar, und ich wurde immer langsamer. Die Vorstellung, dem Commander mit seinem undurchdringlichen Gesichtsausdruck gegenüberstehen zu müssen, ließ meine Füße schwer wie Blei werden. Ein Besuch beim Arzt und danach ein heißes Bad wären mir viel lieber gewesen.
Wir betraten einen weitläufigen runden Raum, den der Commander als Besprechungszimmer benutzte. Schmale Buntglasfenster, die vom Boden bis zur Decke reichten, nahmen drei Viertel der Wände ein. Die Farbenvielfalt gab mir das Gefühl, mitten in einem Kinderkreisel zu sitzen. Mir war ganz schwindlig, und ich wäre fast gestolpert, hätte ich nicht etwas entdeckt, an dem ich meinen Blick festmachen konnte.
Ein langer Holztisch beherrschte die Mitte des Raums. Am Kopf des Ti sches saß der Commander, die dünnen Augenbrauen missbilligend zusammengezogen. Hinter ihm standen zwei Wächter. Ein Tablett mit unberührten Speisen war vor ihm aufgebaut. Außerdem saßen drei Generäle des Commanders mit am Tisch. Zwei von ihnen waren damit beschäftigt, ihr Mittagessen einzunehmen, während die Gabel des Dritten unentschlossen über seinem Teller schwebte. Ich konzentrierte mich auf die Hand, die sie hielt. Dass ihr Besitzer wütend war, konnte man an den Fingerknöcheln erkennen, dieweiß hervortraten. Brazell ließ die Gabel sinken. Seine Miene war wie versteinert, und die zornigen Blitze in seinen Augen galten mir. Wie das Kaninchen vor der Schlange hütete ich mich, auch nur die geringste Bewegung zu machen.
„Valek, du bist …“ begann Commander Ambrose.
„ …spät“, beendete Valek den Satz für ihn. „Ich weiß. Es gab eine kleine Auseinandersetzung.“ Er zog mich näher zu sich.
Neugierig unterbrachen die anderen beiden Generäle ihr Mittagsmahl. Ich errötete. Am liebsten wäre ich Hals über Kopf aus dem Zimmer geflohen. Da ich noch nie zuvor mit hochrangigen Offizieren zu tun hatte, erkannte ich die Generäle nur an den Farben ihrer Uniformen. Auf meiner Reise in die Verliese des Commanders war ich zum ersten Mal aus MD-5 herausgekommen. Sogar während meiner ersten zehn Jahre im Waisenhaus hatte ich Brazell und seine Familie nur kurz zu sehen bekommen.
Nachdem ich sechzehn geworden war, wurde der Anblick von Brazell und seinem Sohn Reyad für mich jedoch zu einem allnächtlich wiederkehrenden Albtraum. Zunächst schmeichelte mir die Aufmerksamkeit meines Wohltäters; sein graues Haar und sein kurz geschorener Bart umrahmten ein geradliniges, angenehmes und Respekt heischendes Gesicht. Von mannhafter Entschlossenheit und Tapferkeit geprägt, war er für mich die Vaterfigur schlechthin. Brazell versicherte mir häufig, ich sei das klügste seiner „adoptierten“ Kinder. Deshalb benötige er meine Hilfe bei einigen seiner Experimente. Bereitwillig stimmte ich zu, daran
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