Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens
versuchte ich zu fliehen, aber sie erwischten mich kurz vor der Grenze nach Süden.“ Er rieb sich das rechte Knie. „Sie zertrümmerten meine Kniescheibe und legten mir Fußfesseln an wie einem verdammten Pferd. Sie drohten, mir auch das andere Knie zu zertrümmern, wenn ich noch einmal weglaufen sollte. Und so bin ich hierher gekommen.“ Mit einem wütenden Schnauben fegte er die Löffel vom Tisch. Klirrend landeten sie auf dem Fußboden. „Da siehst du mal, wie sehr ich mich geändert habe. Der Commander ist nett zu mir, und ich bin glücklich. Ich hab mal davon geträumt, den Mistkerl zu vergiften und als Sieger aus unserem Kampf hervorzugehen. Aber ich habe nun mal eine Schwäche für die Vorkoster. Als Oscove starb, habe ich mir fest vorgenommen, dass sie mir von jetzt an vollkommen egal sein sollen.“ Rand holte eine Flasche Wein. „Leider hat es nicht geklappt. Wieder nicht.“
Bedrückt saß ich am Tisch und ließ den Kopf hängen. Mir tat es Leid, dass meine Bemerkung ihm Kummer verursacht hatte. Die Bohnen beul ten meine Hosentaschen aus und machten das Sitzen unbequem. Unbehaglich rutschte ich auf dem Stuhl hin und her. Liza hatte allen Grund, mich für Rands Stimmungsschwankungen verantwortlich zu machen. Was Valek mit Rands Mutter gemacht hatte, war aus seiner Sicht gewiss grausam, aber aus Valeks Perspektive betrachtet richtig. Er hatte schließlich die wichtige Aufgabe, den Commander zu schützen.
In den folgenden beiden Tagen bewegte ich mich wiedurcheinen Nebelschleier. Die Ereignisseverschwammenineinander. Vorkosten, trainieren, vorkosten, trainieren. Aris und Jancos Flüche und Versuche, mich anzufeuern, blieben erfolglos. Selbst die Nachricht, dass ich mit dem Messerkampf anfangen konnte, erweckte in mir keine Begeisterung. Mein Körper war so gefühllos wie der Streitkolben in meiner Hand.
Nach einer meiner Übungsstunden tauchte Margg wie aus dem Nichts auf, um mir mitzuteilen, dass für den folgenden Abend ein Treffen mit ihrer Kontaktperson vorgesehen sei. Die Nachricht brachte mich so aus der Fassung, dass es mir dieses Mal schwer fiel, mich von dem kräftezehrenden Training zu erholen.
In Gedanken spielte ich sämtliche vorstellbaren Möglichkeiten durch, doch alle führten zu demselben Schluss: Wer würde mir glauben, wenn ich von dem Treffen erzählte? Niemand. Ich brauchte einen Zeugen, der auch als Beschützer fungieren konnte. Ari fiel mir ein. Aber ich wollte nicht, dass ein Verdacht auf ihn fiel, falls etwas schief ging. Möglicherweise hatte Marggs Kontaktperson einen Vorgesetzten oder ein ganzes Netzwerk von Informanten, und mir würde die Sache über den Kopf wachsen. Wie man es auch drehte und wendete, es gab nur eine Lösung – und die hieß Valek.
Ich fürchtete mich vor dem Treffen. Mein Verhältnis zu ihm beschränkte sich mittlerweile auf die Übergabe der täglichen Dosis Gegengift – eine ausgesprochen unangenehme Situation, denn wir wechselten kein Wort dabei. Trotzdem machte ich mich, nachdem ich das Abendessen des Commanders überprüft hatte, auf die Suche nach Valek, wobei der Kloß in meinem Magen mit jedem Schritt größer wurde. Sein Arbeitszimmer war verschlossen, also versuchte ich es in seiner Wohnung. Im Wohnzimmer war er nicht, doch ich hörteleise Geräusche aus der oberen Etage. Durch den Spalt der Tür, die zu seiner Schnitzerwerkstatt führte, fiel ein schmaler Lichtstreifen auf den Gang. Ein schleifendes, metallisches Geräusch verursachte mir eine Gänsehaut.
An der Tür zögerte ich. Dies war vermutlich der ungünstigste Zeit punkt, um ihn zu stören, aber ich sollte Marggs Kontakt per sonamnächs ten Tag treffen. Ich durfte keine Zeit verlieren. Deshalb nahm ich meinen ganzen Mut zusammen, klopfte und öffnete die Tür, ohne auf eine Antwort zu warten.
Die Lampe flackerte, und Valek hielt mit dem Schleifen inne. Das Schleifrad blitzte im Schein der Lampe, und während es lautlos weiterlief, ließ es kleine Lichtpunkte über die Wände und die Decke tanzen.
„Was gibt’s?“, fragte er unwirsch.
„Man hat mir ein Angebot gemacht. Jemand will mir Geld für Informationen über den Commander geben.“
Er fuhr he rum. Sein Ge sicht lag halb im Schatten. Sein Ausdruck war genauso hart wie der Stein in seiner Hand. „Warum erzählst du mir das?“
„Ich dachte, dass Ihr uns viel leicht folgt. Es könnte die Person sein, die Informationen über mich weitergegeben hat.“
Wortlos starrte er mich an.
In diesem Moment wünschte ich mir,
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