Yelena und die Magierin des Südens - Snyder, M: Yelena und die Magierin des Südens
hätte ich ihm entgegengeschleudert: „Was zum Teufel ist los mit Euch?“ Aber ich hielt es für klüger, auf die sanfte Tour zu beginnen.
Er drehte sich um und sah mir ins Gesicht. Seine Wut war verraucht und hatte einer eisigen Kälte Platz gemacht. „Wirklich?“ Er klang nicht überzeugt. Das Feuer in seinen Augen war erloschen.
Ich trat einen Schritt zurück. Seine Gleichgültigkeit war beängstigender als sein Zorn. Mein Mund war trocken, und ich schluckte. „Ich … ich habe neulich mit Rand gesprochen, und er hat gesagt, dass er Kaffee vermisst. Erinnert Ihr Euch an Kaffee? Ein Getränk aus dem Süden.“
„Nein.“
„Vielleicht handelt es sich bei unseren Bohnen um Kaffee. Wenn Ihr nicht wisst, was Kaffee ist, würde ich sie Rand gerne zeigen. Habt Ihr etwas dagegen einzuwenden?“ Meine Stimme erstarb. Ich hatte geklungen wie ein Kind, dass um eine Süßigkeit bettelte.
„Mach doch. Steckt nur eure Köpfe zusammen. Rand, dein Kumpel, dein bester Freund. Du bist genau wie er.“ SeineStimme troff vor Sarkasmus.
Ich war verdattert. „Was?“
„Mach, was du willst. Mir ist es egal.“ Valek wandte mir wieder den Rücken zu.
Ich schlich mich zurück in mein Zimmer und verschloss die Tür mit zitternden Fingern. Während ich an der Wand lehnte, ließ ich noch einmal die Ereignisse der vergangenen Woche an mir vorbeiziehen. Warum verhielt Valek sich bloß so abweisend? Die Gründe dafür waren mir vollkommen schleierhaft. Wir hatten kaum ein Wort miteinander gewechselt, und ich hatte geglaubt, sein Ärger richtete sich gegen den Commander – bis gerade eben.
Vielleicht hatte er mein Zauberbuch entdeckt. Vielleicht verdächtigte er mich, über magische Kräfte zu verfügen. Meine Verwirrung wich einem Gefühl der Angst. Als ich in der Nacht im Bett lag, ließ ich die Tür nicht aus dem Auge. Jeden Moment rechnete ich mit einer Attacke von Valek. Ich wusste, dass ich übertrieben reagierte, aber ich konnte nichts dagegen tun. Sein Blick, mit dem er mich gemustert hatte, ging mir nicht mehr aus dem Sinn. Er hatte mich angesehen, als sei ich bereits tot.
Der Morgen graute, und ich bewegte mich wie in Trance durch den Tag. Valek würdigte mich keines Blickes. Selbst Jancos ewige gute Laune und seine Witze vermochten meine Stimmung nicht zu heben.
Ich wartete noch ein paar Tage, ehe ich Rand die Bohnen zeigte. Er strahlte übers ganze Gesicht und bot mir sofort einen Zimtstrudel an.
„Ich bin nicht hungrig“, sagte ich.
„Du hast seit Tagen nichts gegessen. Was ist los mit dir?“, wollte er wissen.
Ich wich seiner Frage aus. Stattdessen erkundigte ich mich nach seinem Criollo.
„Dein Plan war erfolgreich. Ich habe dem Commander gesagt, dass Vings Rezept falsch war. Er sagte, er wolle sich darum kümmern. Dann fragte er mich nach dem Küchenpersonal aus – ob sie alle gut arbeiten oder ob ich mehr Hilfe brauche. Ich muss ihn ziemlich verblüfft angesehen haben, weil ich meinen Ohren nicht traute. Normalerweise begrüßt er mich immer sehr misstrauisch und entlässt mich mit einer Drohung.“
„Das klingt nicht gerade nach einem guten Verhältnis.“
Rand stapelte einige Schüsseln aufeinander und richtete eine Reihe von Löffeln ordentlich aus. Sein Lächeln erstarb. „Mein Verhältnis zum Commander und zu Valek kann man bestenfalls als eisig bezeichnen. Bei der Machtübernahme war ich noch ziemlich jung und rebellisch und habe ständig alle und alles sabotiert. Ich habe dem Commander saure Milch serviert, altbackenes Brot aufgetischt, verfaultes Gemüse und sogar rohes Fleisch. Damals wollte ich einfach nur aufsässig sein.“ Er nahm einen Löffel und klopfte damit gegen sein Knie. „Es war ein regelrechter Machtkampf. Der Commander wollte unbedingt, dass ich für ihn kochte, und ich war entschlossen, mich entweder einsperren oder degradieren zu lassen.“
Poch, poch, poch, machte der Löffel, und Rand fuhr mit belegter Stimme in seiner Erzählung fort. „Dann machte Valek meine Mutter zur Vorkosterin – das war, bevor dieses blöde Neue Gesetzbuch in Kraft trat –, und ich konnte es nicht mit ansehen, dass sie den Mist probieren musste, den ich dem Commander vorsetzte.“ Der Kummer aus längst vergangenen Zeiten spiegelte sich in seinem Gesicht. Er ließ den Löffel zwischenseinen Fingern tanzen.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Beim Gedanken an das Schicksal von Rands Mutter lief mir ein Schauer über den Rücken.
„Nachdem das Unvermeidliche geschehen war,
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